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Handwerksarbeiten werde gerne privat vergeben. Oder Betriebe beschäftigen günstigere Mitarbeiter schwarz.

© Jens Kalaene/dpa

Schwarzarbeit: Still und heimlich

Schwarzarbeit kostet den deutschen Staat jedes Jahr Milliarden. Warum drei Menschen in Berlin trotzdem illegal ihr Geld verdienen.

Von Muhamad Abdi

Unternehmen müssen in Deutschland mit mehr Kontrollen wegen Schwarzarbeit rechnen. Die bundesweit agierende Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls soll bis 2024 schrittweise von 6800 auf 8500 Stellen aufgestockt werden. Insgesamt will Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) bis zu 3000 neue Mitarbeiter einstellen. Denn: Viel zu wenig Betriebe werden aus Personalmangel überhaupt besucht – und allein bei denen, die im vergangenen Jahr besucht wurden, deckte der Zoll einen wirtschaftlichen Schaden von etwa einer Milliarde Euro auf. Vor allem wegen nicht gezahlter Sozialabgaben.

Drei Schwarzarbeiter aus Berlin erzählen an dieser Stelle anonym, warum sie trotzdem illegal arbeiten und wieso sie bislang niemand geschnappt hat.

"Von 1800 Euro bekomme ich 150 Euro"

Es ist sieben Uhr morgens. Kyrylo (Name geändert) hat einen Farbroller in der Hand und beginnt mit der Arbeit. Zwei Schlafzimmer, ein Wohnzimmer, zwei Toiletten, eine Küche: Eine Wohnung von 109 Quadratmetern soll Kyrylo in zwei Tagen zweimal streichen. Das ist sein Auftrag.

Am ersten Tag ist er alleine in dieser Wohnung, am zweiten Tag schickt sein Chef noch einen Maler vorbei, damit alles pünktlich fertig ist. Bis 18 Uhr arbeitet der 35-jährige Mann aus der Ukraine. Alle zwei Stunden macht er eine fünfminütige Pause, in der er ein paar Schlücke Wasser trinkt. Das war’s. Danach geht die Arbeit weiter. "Das Mittagessen lasse ich ausfallen, weil ich keine Zeit verlieren möchte und möglichst schnell meine Arbeit fertig machen muss. Und ich habe noch eine Menge zu tun", sagt er.

Während der Arbeit erzählt Kyrylo von der Natur in seinem Land und davon, dass das Leben dort einfacher ist als in Deutschland. Er hat 2017 Asyl beantragt, will aber bald wieder zurück in die Ukraine gehen. "Für diese Wohnung wird mein Chef 1800 Euro bekommen; die Materialien hat der Mieter gestellt. 1800 Euro für zwei Tage Arbeit", lacht er. "Von diesem Geld bekomme ich 150 Euro. Klar ist es wenig für meine vielen Stunden Arbeit und der Chef verdient viel mehr als ich, aber er hat den Betrieb", sagt er. Sein Ziel ist es nicht, für immer schwarzzuarbeiten. "Was ich hier jetzt verdiene, ist viel in der Ukraine. Vielleicht noch ein paar Monate Arbeit hier und dann gehe ich zurück zu meiner Familie". Der Mann hat keine Angst vor Zollkontrollen, weil er meistens in Privatwohnungen arbeitet. Die Gefahr, dort ertappt zu werden, ist gering.

"Die Angst bei der Arbeit bleibt"

Für Schwarzarbeiter in der Gastronomie ist die Gefahr größer, erwischt zu werden. In einem Restaurant im Wedding bedienen vier Angestellte die Kunden. Als zufällig ein Polizeiauto in der Nähe des Restaurants parkt, verschwinden drei der vier innerhalb weniger Sekunden. Fünf Minuten später fährt das Auto weg, die Mitarbeiter kommen zurück zur Arbeit. Einer von ihnen sagt, dass das nicht allzu oft vorkommt. "Wir kennen zwar den Unterschied zwischen Zollpolizisten und gewöhnlicher Polizei, aber die Angst bleibt, wenn ich während der Arbeit Polizisten sehe".

Mazen (Name geändert) ist vor zwei Jahren aus dem Irak geflohen und lebt seitdem in Berlin. Er durfte ein Jahr lang nicht arbeiten, weil er noch keine Aufenthaltsgenehmigung hatte. Danach hatte er die Erlaubnis, einen Sprachkurs zu besuchen und zu arbeiten. "Erst durfte ich nichts machen, doch meine Familie im Irak braucht meine Unterstützung", sagt er. "Ich hatte also keine andere Wahl, als schwarzzuarbeiten. "Der 27-jährige Mann lernt noch Deutsch auf dem Niveau B2 und bekommt Unterhalt vom Jobcenter. Er will aber eine Ausbildung zum Koch machen, wenn er die Sprachprüfung besteht. Er sagt: "Ich will nicht das ganze Leben lang Angst haben".

"Ich will heiraten und das kostet viel"

Ahmad (Name geändert) ist ein Kollege von Mazen und arbeitet in einem anderen Restaurant. Er verdient drei Euro pro Stunde. Der junge Mann kommt aus Syrien und wohnt seit 2016 in Deutschland. Er hat das Recht, legal zu arbeiten. "Mit Schwarzarbeit kann ich aber mehr Geld sparen". Der 24-jährige Mann will heiraten und das kostet viel, erklärt er sich. "Solange ich noch die Sprache lerne und nicht unter Druck vom Jobcenter bin, werde ich versuchen, Geld zu sparen und zu heiraten", sagt Ahmad. Er teilte dem Jobcenter mit, dass er zurzeit zwei Stunden pro Tag arbeite.

Falls die Zollkontrolle kommt, hat er eine Arbeitserlaubnis von der Behörde. Der Mann ist der Meinung, wenn er sofort eine Ausbildung anfinge, würde er weniger Geld verdienen und es niemals schaffen, eine Familie zu gründen. "Wenn ich eine Arbeit ohne Zertifikat anfange, werde ich maximal 1300 Euro verdienen. Das reicht nicht, um zu leben und etwas für die Zukunft aufzubauen". Auf der einen Seite möchte er heiraten und arbeitet zehn Stunden täglich. Auf anderen Seite möchte er aufhören, sobald er ein paar Tausend Euro gespart hat. Sagt er zumindest. "Ich weiß, es ist illegal, was ich tue, aber ich will das auch nicht für immer machen".

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