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Aus dem 3D-Drucker: Ein Android-Maskottchen von Google.

© Dado Ruvic/Reuters

Rekordstrafe der EU-Kommission: Googles Dominanz wird nicht ewig währen

Auch wenn Google nun eine Milliardenstrafe zahlen muss – über den Erfolg des Konzerns wird entscheiden, wie zukunftsträchtig seine Innovationen sind. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Oliver Voß

Manch einer wird sich noch an die diversen Verfahren erinnern, die die EU seit den 2000er Jahren gegen Microsoft führte. Sie verhängte hohe Strafen, weil der US-Konzern bei Windows seinen Internet Explorer vorinstalliert hatte und so andere Internetbrowser benachteiligte.

Inzwischen haben sich die Machtverhältnisse geändert: Bei der Internetsuche sieht Microsofts Bing gegen Google keinen Stich, noch deutlicher lief es beim Betriebssystem für Smartphones: Da hat Microsoft sein Windows Mobile inzwischen ganz aufgegeben. Die Konkurrenz durch Apple und Google war letztlich zu stark. Googles Handybetriebssystem Android läuft heute weltweit auf 2,2 Milliarden Geräten, das entspricht einem Marktanteil von mehr als 80 Prozent.

Die Regeln des fairen Wettbewerbs wurden missachtet

Diese Dominanz hat nun wieder die EU auf den Plan gerufen. Mit 4,3 Milliarden Euro verhängte sie eine Rekordstrafe. Der Vorwurf: Google habe seine Macht missbraucht und durch unzulässige Vorgaben gefestigt. So verlangte das Unternehmen von Handyherstellern die Google-Suche und den eigenen Chrome- Browser vorzuinstallieren. Nun muss Google mehr Wettbewerb ermöglichen. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager zeigt dem US-Konzern damit zum zweiten Mal seine Grenzen auf und stellt klar, dass er sich an die Regeln des fairen Wettbewerbs halten muss.

Die Entscheidung ist gut und richtig. Sie dürfte allen gefallen, denen die zunehmende Macht von Google (aber auch den anderen Internetplattformen) ohnehin unheimlich ist. Auch die Forderung nach einer Zerschlagung der Technologieriesen ertönt daher immer öfter. Vestager äußerte sich zu diesem Szenario allerdings skeptisch. Tatsächlich zeigt gerade das Android-Beispiel, warum eine Zerschlagung zu weit ginge. Denn Google hat zwar mit seinen Praktiken die eigene Position abgesichert und ihren Ausbau forciert, doch im Kern ist der Erfolg Ergebnis einer cleveren Geschäftsstrategie. Der Konzern hat früher als andere erkannt, dass mobile Geräte den Schreibtischcomputern und Laptops bei der Internetnutzung den Rang ablaufen werden und mit der Entwicklung von Android darauf reagiert.

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Nokia hätte womöglich gerettet werden können

Microsoft hat diese Revolution dagegen verschlafen und konnte so seine Dominanz bei herkömmlichen Betriebssystemen nicht ins Zeitalter der Mobilgeräte retten. Da half auch der spätere Kauf von Nokia nichts mehr, denn der einstige Handymarktführer hatte da längst seinen Vorsprung verspielt.

Eine große Rolle beim Niedergang von Nokia spielten übrigens auch das lange Festhalten am eigenen Handybetriebssystem und die anschließende Kooperation mit Microsoft. Für beide gab es schlicht zu wenig Apps. Vor allem deswegen kamen die Geräte bei den Kunden nicht an. Ein früher Umstieg auf Android hätte Nokia dagegen womöglich noch retten können.

App-Entwickler wollen einen großen Marktanteil bedienen

Die Verfügbarkeit von populären Apps sind aber eines der entscheidenden Erfolgskriterien von Smartphones. Sie war für den Aufstieg von Android auch viel relevanter als die jetzt von der EU beanstandeten Praktiken. Für App-Entwickler ist es schlicht zu aufwendig, die Programme an diverse Betriebssysteme anzupassen. Die Konkurrenten wie Microsoft scheiterten daher weniger an Googles Ellenbogenpolitik, sondern viel mehr am klassischen Henne-Ei-Problem: Da ihr Marktanteil zu klein war, lohnte es sich nicht, dafür Apps zu entwickeln, sodass sie unattraktiv und klein blieben.

Doch diese jüngere Technologiegeschichte zeigt auch, dass Googles Dominanz nicht ewig währen wird. Dazu dürften EU-Strafen sogar weniger beitragen als der Markt. Das zeigte sich auch schon am Beispiel der sozialen Netzwerke, wo mit Facebook ein neuer Rivale entstand. Google versuchte mit einem eigenen Netzwerk zu kontern und spielte all seine Macht aus, um Google Plus in den Markt zu drücken. Google-Nutzern wurde ein Profil quasi aufgezwungen, genutzt hat dieser Machtmissbrauch aber nichts, Google Plus spielt heute keine Rolle.

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