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Eine Regionalbahn der Deutschen Bahn fährt in den Hamburger Hauptbahnhof ein.

© Daniel Bockwoldt/dpa

Regierungskonzept von Andreas Scheuer: Schulden der Bahn sollen auf 30 Milliarden Euro steigen

Die Deutsche Bahn will Kosten einsparen und höhere Schulden aufnehmen, um die Coronakrise zu überstehen. Neueinstellungen soll es aber weiterhin geben.

Die finanziell klamme Deutsche Bahn AG soll rund acht Milliarden Euro neue Kredite am Kapitalmarkt aufnehmen dürfen. Die Schulden des größten Staatskonzerns könnten damit auf 30 Milliarden Euro wachsen. Das geht aus einem vertraulichen Bericht der Bundesregierung an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags hervor, der unserer Redaktion vorliegt.

Darin beschreibt das Bundesverkehrsministerium die Maßnahmen genauer, mit denen die Folgen der Corona-Pandemie für die DB ausgeglichen werden sollen. Demnach soll Konzernchef Richard Lutz erlaubt werden, die Schuldengrenze von bisher 25,4 Milliarden Euro um weitere knapp fünf Milliarden Euro zu überschreiten.

Zudem sollen geplante drei Milliarden Euro Hybridanleihen, die als Eigenkapital gewertet werden können, aber teurer verzinst werden müssten, nun ebenfalls als Fremdkapital aufgenommen werden.

Drei Maßnahmen zum Ausgleich der Ausfälle

Die DB hat die Umsatzausfälle und Belastungen durch die Corona-Krise auf 11 bis 13,5 Milliarden Euro hochgerechnet. Das Regierungskonzept von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sieht drei Maßnahmen zum Ausgleich vor. Erstens soll der Konzern je nach Szenario 4,1 bis 5,1 Milliarden Euro selbst beim Personal- und Sachaufwand einsparen. Zweitens sollen die Schulden erhöht werden und drittens der Konzern eine Eigenkapitalspritze von bis zu 6,7 Milliarden Euro aus der Steuerkasse erhalten.

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Die erste Zahlung von 4,5 Milliarden Euro soll bereits „in den nächsten Wochen“ vom Bund an die DB AG fließen, die restlichen Mittel sollen „zum Jahreswechsel 2020/21 bereitgestellt werden“, heißt es im Regierungsbericht. Allerdings muss neben dem Bundestag, der die Etathoheit hat, auch die EU-Kommission zustimmen, da die massiven Beihilfen den Wettbewerb verzerren könnten.

Das Paket stößt auf Skepsis bei den Arbeitnehmern

In Brüssel wird seit Monaten bereits die weitere Kapitalspitze von zunächst 5,5 Milliarden Euro geprüft, die im Rahmen des Klimapakets vom vorigen Herbst an den Konzern fließen soll. Aus diesem Paket soll die DB bis 2030 insgesamt 11 Milliarden Euro Zuschüsse erhalten. Weitere 86 Milliarden Euro sollen aus der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung für den Erhalt des bundeseigenen Schienennetzes fließen, das der Konzern verwaltet.

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Das Corona-Hilfspaket stößt wegen der verlangten Eigenbeiträge des Unternehmens auf Skepsis bei den Arbeitnehmervertretern. Die Bahngewerkschaft EVG befürchtete die Streichung von bis zu 10 000 der mehr als 200 000 Stellen im Inland. Ein „Bündnis für unsere Bahn“ soll nun dafür sorgen, dass der Protest nicht hochkocht und beim Personal und Investitionen nicht zu sehr gespart wird.

Scheuer: „Extreme Zeiten“ für Verkehrsunternehmen

Das Bündnis wurde am Dienstag im Verkehrsministerium in einer sehr kurzfristig einberufenen Pressekonferenz verkündet, an der neben Scheuer und Lutz auch EVG-Vize Klaus-Dieter Hommel, Konzern-Betriebsratschef Jens Schwarz und Florian Weh vom Arbeitgeberverband AGV MOVE teilnahmen. Das Quintett präsentierte eine dreiseitige Vereinbarung, wonach Bund, Unternehmen und Tarifpartner einen Beitrag zur Bewältigung der Corona-Krise leisten werden.

Andreas Scheuer CSU, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur.
Andreas Scheuer CSU, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur.

© imago images/Jürgen Heinrich

Es seien „extreme Zeiten“ besonders für Verkehrsunternehmen, erklärte Scheuer in seiner Ansprache. Die Bahn sei systemrelevant und wichtig für Mobilität und Daseinsvorsorge: „Deutschland kann nur mit einer starken Schiene erfolgreich sein.“ Mit dem Bündnis würden Jobs, Innovationen und Investitionen gesichert: „Wir dürfen die Bahn nicht runterfahren, sonst verpassen wir den Anschluss.“

Neueinstellungen sollen trotzdem kommen

Konzernchef Lutz betonte, man erlebe „große Solidarität in Krise“. Die DB sei „eines der am stärksten betroffenen Unternehmen“. Die Bahn werde weiter ihren Beitrag für Umwelt- und Klimaschutz, für Verkehrsverlagerung auf die Schiene und für Wachstum und Beschäftigung leisten. Die nötigen Einsparungen würden bis 2024 gestreckt, um Abstriche bei Investitionen und einen Einstellungsstopp zu vermeiden.

EVG-Vize Hommel sagte, er erwarte, dass besonders auf die nötigen Neueinstellungen nicht verzichtet werden. Konzern-Betriebsratschef Jens Schwarz betonte, es seien weiterhin bis zu 25 000 Neueinstellungen pro Jahr nötig, schon wegen der Altersstruktur des Staatskonzerns.

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