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„Aktive Mittagspause“ taufte Verdi diese einstündige Protestaktion an der Air-Berlin-Zentrale am Montag.

© Mike Wolff

Protest der Air-Berlin-Mitarbeiter: „Mit uns redet ja keiner“

Die Beschäftigten der insolventen Air Berlin machen sich Luft. Sie fühlen sich übervorteilt und fürchten sich vor Arbeitslosigkeit.

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Als sie das Mikrofon vor sich hat, wollen die Worte plötzlich nicht mehr so wie sie. „Hallo, ich spreche für das Kabinenpersonal“, beginnt sie wacker. Dann überschlägt sich die Stimme, lediglich vereinzelte Schlagworte erreichen die Umstehenden: Verantwortung, Vertrauen, Angst – da bricht die junge Frau, blonder Pferdeschwanz, ganz ab. Sie schluchzt, macht eine Handbewegung, die sagt: Weg mit dem Mikro. Ich kann nicht mehr. Laute Pfiffe aus der Menge hinter ihr, die in diesem Fall Anerkennung signalisieren, Applaus sein sollen, Solidaritätsbekundungen aus roten Trillerpfeifen, die die Gewerkschaft Verdi verteilt hat.

"Aktive Mittagspause" bei Air Berlin

Die hat für Montagmittag zu einer „aktiven Mittagspause“ auf dem Betriebsgelände der Fluggesellschaft Air Berlin aufgerufen. Etwa 150 Beschäftigte haben sich versammelt. Auf ihren Transparenten sind mit dicken schwarzen und roten Filzstiften Sätze geschrieben wie „Hier stehen die Arbeitslosen von morgen“ oder „4,5 Mio für Winkelmann, für uns Hartz IV.“ Sie fühlen sich hängen gelassen: „Mit uns redet ja keiner“, erklärt eine Stewardess, die der weinenden Kollegin tröstend den Arm um die Schulter gelegt hat. Eine Kündigung habe von ihnen bisher keiner erhalten.

Weniger Jobs, schlechtere Konditionen

Also gehen sie weiter jeden Morgen zur Arbeit, genau wie die Flugplaner, die Ingenieure, die Webseitenprogrammierer, auch, wenn es kaum noch etwas zu planen, zu entwickeln, zu programmieren gibt. Sie bangen um ihren Arbeitsplatz, warten auf Nachrichten und glauben doch nicht daran, dass es gute sein werden: „Nach allem, was wir gehört haben, sind da nur wenige Stellen bei Lufthansa und Easyjet zu verteilen, zu viel schlechteren Konditionen, und auf die soll man sich bewerben, aber wir bewerben uns doch nicht auf einen Niedriglohnjob, solange uns keiner gesagt hat, dass wir den alten nicht behalten können.“ Der Arbeitgeber, der Insolvenzverwalter, die Investoren, die Politik: Von all jenen erhoffen sich die insgesamt 8000 Mitarbeiter der Airline Unterstützung und zunächst: Antworten. Wie geht es weiter?

Jobmesse am Donnerstag

Am Donnerstag veranstaltet das Land Berlin eine Job-Messe in der Air-Berlin-Zentrale. Vor allem Mitarbeiter mit Kompetenzen in IT-Technologien und Buchhaltung sind gefragt als künftige Angestellte der Behörden. Auch Quereinsteiger mit anderen Profilen hätten Chancen, heißt es. Einige Airberliner finden derweil kreative Ausdrucksformen für ihren Frust. So haben mutmaßliche Angestellte ein Duett eingesungen, es ist zu sehen und hören auf Youtube: „Dear Mr CEO – airberlin 2017“ ist eine Interpretation eines Protestsongs der Pop-Sängerin Pink aus dem Jahr 2006 gegen die Politik des damaligen US-Präsidenten Bush.

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