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Der Anteil an Strom aus erneuerbaren Energiequellen nimmt zu.

© Patrick Pleul dpa

Prognose zur Energiewende bis 2050: Erneuerbare könnten 86 Prozent des Weltstrombedarfs decken

Wenn die Welt konsequent auf Ökostrom setzt, kann sie ihre CO2-Emissionen drastisch senken – und das Wirtschaftswachstum steigern.

Von Jakob Schlandt

Elektrischer Strom aus erneuerbaren Energien hat das Zeug, bis 2050 zum wichtigsten Energieträger der Welt zu werden. Jeder in die Energiewende investierte US-Dollar kann dabei einen Gegenwert von drei bis sieben Dollar erzeugen. Zu dieser optimistischen Einschätzung kommt die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (Irena) in einem Bericht, den sie am gestrigen Montag im Vorfeld des Berlin Energy Transition Dialogue vorgelegt hat.

Der Stromanteil am globalen Endenergieverbrauch steigt im optimistischen Szenario der Agentur von 20 auf fast 50 Prozent, wobei Erneuerbare 86 Prozent des Stroms liefern. Die wichtigsten Treiber der Elektrifizierung werden die Ausbreitung der Elektromobilität sein, eine steigende Stromnachfrage aus dem Wärmesektor und die Erzeugung grünen Wasserstoffs per Elektrolyse.

Erneuerbare könnten Mitte des Jahrhunderts zwei Drittel der gesamten Endenergie liefern, schreibt die Irena in der neuesten Ausgabe ihres Berichts „Global Energy Transformation: A Roadmap to 2050“. Die Transformation der Energiebranche werde insgesamt weniger Subventionen erfordern als bisher angenommen – vorausgesetzt, die Gelder flössen weniger in fossile Brennstoffe und auch weniger in die Stromerzeugung. Stattdessen müsse man die Subventionen verstärkt in die Energieeffizienz und die Dekarbonisierung insbesondere der Industrie und des Verkehrs stecken.

Mehr Job-Zuwachs als Job-Verluste

Im Vergleich zu bisher verfolgten energiepolitischen Strategien, in deren Rahmen weltweit 95 Billionen US-Dollar an Investitionen vorgesehen sind, braucht ein solcher Kurs rund 15 Billionen US-Dollar mehr. Irena, die Deutschland und die Europäische Union zu ihren Mitgliedern zählt, setzt dieses Plus um 40 Prozent niedriger an als noch vor einem Jahr. Den Rückgang führt sie auf die gesunkenen Kosten der Erneuerbaren und auf die wachsenden Möglichkeiten zur Elektrifizierung des Verkehrs und anderer Energieverbräuche zurück.

Für den Fall, dass die Welt diesen Pfad tatsächlich einschlägt, sagt die Agentur ihr für das Jahr 2050 einen CO2-Ausstoß voraus, der 70 Prozent unter dem heutigen Niveau liegt. Neue Arbeitsplätze in den Erneuerbaren, in der Energieeffizienz und -flexibilisierung würden den Wegfall von Jobs in der konventionellen Energieerzeugung mehr als ausgleichen, prognostiziert die internationale Organisation mit Sitz in Masdar City in den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Damit dieses Szenario Wirklichkeit wird, ist nach Einschätzung von Irena-Generaldirektor Francesco La Camera  schnelles Umsteuern erforderlich. Denn der Ausstoß von Treibhausgas nimmt nach wie nach wie vor zu. In den vergangenen fünf Jahren stiegen allein die energiebedingten CO2-Emissionen der Welt um 1,3 Prozent pro Jahr. „Der Wettlauf um eine klimafreundliche Zukunft ist in eine entscheidende Phase getreten“, sagte La Camera. Die Energiewende gewinne zwar an Fahrt, müsse aber schneller werden. Die bisherigen Maßnahmen reichten nicht aus.

CO2-Steuer birgt politische Risiken 

Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung bis 2050 werde wesentlich vom Ausmaß der schädlichen Folgen der Klimaerwärmung abhängen, merkt die Irena an. Der Umbau der Energiesysteme biete aber die Chance auf mehr Wirtschaftswachstum, mehr Arbeitsplätze und mehr Wohlstand. In einem günstigen Szenario, das die Agentur errechnet hat, nimmt das weltweite Bruttoinlandsprodukt energiewendebedingt um 2,5 Prozent zu und die Zahl der Arbeitsplätze um 0,2 Prozent. Dabei wären Regionen mit starker Abhängigkeit vom Export fossiler Brennstoffe im Nachteil und würden unter hohen Anpassungsdruck geraten.

Die Autoren des Berichts messen CO2-Steuern eine besondere Bedeutung zu. Je nach Höhe könnten sie „signifikante sozioökonomische Auswirkungen“ haben. Ob diese positiv oder negativ ausfielen, hänge stark vom jeweiligen politischen Rahmen ab. Bei CO2-Steuern sei deshalb „besondere Umsicht“ geboten, auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene. Das sei ein wichtiger Faktor für das Gelingen der Energiewende.

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