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Ring frei. Boxen ist neben sozialem Engagement eine von Hücks Leidenschaften.

© picture alliance / dpa

Porsche-Gesamtbetriebsratschef Uwe Hück im Interview: „Einige wenige Menschen haben etwas Schlimmes getan“

Porsche-Gesamtbetriebsratschef Uwe Hück spricht mit dem Tagesspiegel über den Abgas-Skandal bei Volkswagen, die Solidarität im Gesamtkonzern – und seine Liebe zum Boxen.

Herr Hück, wie geht es Porsche?
Sehr gut, wir werden auch in diesem Jahr wieder eine Steigerung haben.

Liegt das am Erfolg des neuen Geländewagens Macan?
Nicht nur. Es ist intergalaktisch, was Matthias Müller zusammen mit uns mit dem 911er gemacht hat. Die neuen Turbomotoren sind klasse, das Auto verkauft sich super. Aber es stimmt natürlich auch: Der Macan ist eingeschlagen wie ein Stern, der vom Himmel fällt.

Ist das ein Müller-Auto?
Es ist ein Porsche-Auto. Ich gebe zu, dass ich ursprünglich die Sorge hatte, der Macan könnte nicht als Porsche wahrgenommen werden. Ich hab grandios danebengelegen, es ist ein Super-Auto geworden.

Und wie groß war der Anteil des damaligen Porsche-Chefs Müller?
Es ist schon beachtlich, mit welcher Ruhe und Gelassenheit Matthias Müller die Modellentwicklung gesteuert hat. Das ist eine seiner Stärken: unauffällig Siege erreichen.

Unterscheidet ihn das von seinem Vorgänger Wendelin Wiedeking?
Jeder war in seiner Zeit der richtige Mann für Porsche. Aber für beide gilt auch: Ohne den Betriebsrat läuft das nicht. Ich habe ja inzwischen ein halbes Dutzend Vorstandschefs erlebt und bin sozusagen die Konstante bei Porsche.

Ist Müller der richtige Mann für VW?
Absolut. Er ist bei allen Erfolgen immer auf dem Boden geblieben. Das ist genau das, was Volkswagen jetzt braucht.

Als Gesamtbetriebsratschef von Porsche kämpft Uwe Hück für die Belange der Mitarbeiter.
Als Gesamtbetriebsratschef von Porsche kämpft Uwe Hück für die Belange der Mitarbeiter.

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Welche Dimension hat der Abgasbetrug? Strahlt das auf Porsche aus?
Wir haben kein Problem. VW ist und bleibt eine superstarke Marke und im Konzern wird zusammen mit den anderen Marken auch nach wie vor Geld verdient. Es gilt aber auch: Wir wollen alle gemeinsam den Konzern stabilisieren. Die Solidarität ist bei der ganzen Belegschaft da.

Wie soll die Solidarität aussehen?
Das müssen wir uns anschauen. Wir kennen den Konzern sehr gut, wir gehören dazu und wir werden helfen, wenn es notwendig werden sollte. Es gibt zwar keine Mitbestimmung bei der Entwicklung von Motoren, aber immer dann, wenn es um Menschen geht. Unsere Mitbestimmung ist ein Schutzschild für unsere Kolleginnen und Kollegen.

Und der Porsche-Diesel ist sauber?
Die festgestellten Verstöße bei Abgastests in den USA an Fahrzeugen des Volkswagen-Konzerns beziehen sich rein auf Vierzylinder-Dieselmotoren. Porsche hat derartige Aggregate nicht im Angebot – weder in den USA noch auf anderen Märkten weltweit. Dementsprechend ist Porsche von den Vorwürfen nicht betroffen.

Wie konnte es zu dem Betrug kommen?
Ich will es nicht verstehen, sonst würde ich noch wütender. Man muss Strukturen, Systeme und eine Kultur schaffen, in der solche Betrügereien von vornherein unterbunden werden. Eine Kultur, in der die Menschen ohne Angst ihre Meinung sagen oder Vorgesetzten widersprechen können und in der auch Fehler zugegeben werden. Und: Die Fähigkeit, zuzuhören, steht jeder Führungskraft gut zu Gesicht.

Was aus dem Diesel wird

Als Gesamtbetriebsratschef von Porsche kämpft Uwe Hück für die Belange der Mitarbeiter.
Als Gesamtbetriebsratschef von Porsche kämpft Uwe Hück für die Belange der Mitarbeiter.

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Ist der Diesel noch zu retten?

Unbedingt. Wir Deutschen sind weltweit führend beim Diesel. Der Diesel ist gut, verbraucht weniger als der Benziner und stößt entsprechend weniger CO2 aus. Einige wenige Menschen haben etwas Schlimmes getan, deshalb ist doch nicht der Diesel schlecht. Wenn ein Busfahrer angetrunken fährt, hole ich den raus aus dem Bus, aber ich ziehe doch nicht alle Fahrer ab und stelle den Verkehr ein.

Offenbar haben die VW-Ingenieure den Aufwand für eine saubere Diesellösung gescheut.
Der Geiz ist immer der Feind von guten Lösungen. Ich weiß, wovon ich rede, denn Porsche hat auch schwere Jahre durchlitten. Diese Krise wird VW guttun, davon bin ich überzeugt. Jetzt kommt eine Selbstreinigung, die sich in erster Linie auf das Management beziehen muss. Die Beschäftigten können froh sein, dass es bei VW eine derart starke Mitbestimmung gibt und dass jemand wie mein Freund Bernd Osterloh an der Spitze des Betriebsrats steht. Unsere Mitbestimmung schützt die Beschäftigten davor, den Mist ausbaden zu müssen, den das Management angerichtet hat. Und wie bei einem gedopten Körper, der sich umstellt und für Olympia fit macht, wird auch VW stärker zurückkommen. Wir schaffen einen Olympiasieg auch ohne Doping.

Wir groß ist der Schaden für die deutsche Industrie insgesamt?
Ich sehe keinen Schaden für alle, weil wir gute Produkte Made in Germany machen. Bescheidenheit und Fleiß sind die Stärken der Industrie. Der Herrgott hat uns Beine gegeben und keine Flügel, wir heben nicht ab, sondern werden weiter mit Weltklasseprodukten Arbeitsplätze und gute Löhne sichern.

Wie lange braucht VW, um sich zu erholen?
Ich will es mal mit meinem Training vergleichen: Für einen Boxkampf bereite ich mich zwei bis zweieinhalb Jahre vor, danach bin ich so fit, dass keine Hilfsmittel nötig sind.

Sie haben vor zwei Jahren gegen Luan Krasniqi geboxt und bereiten sich gerade auf einen weiteren Kampf am 7. November in Ludwigsburg vor, diesmal gegen den Südafrikaner Francois Botha.
Ja. Für mich ist das nicht einfach, denn ich war ja Thaiboxer, und die Umstellung ist hart. Vor allem in der Vorbereitung. Mein Trainer Ulli Wegner duldet keinen Widerspruch und keine Diskussion. Da heißt es Liegestütze, Liegestütze und Liegestütze. Aber das muss sein, denn bei dem bevorstehenden Kampf erwarten die Leute mehr von mir als beim letzten Mal.

Die ganze Quälerei ist für einen guten Zweck. Dabei haben Sie doch bislang auch ohne Boxkämpfe viel Gutes getan.
In meiner Lernstiftung und dem Sportcenter in Pforzheim betreuen wir 200 Jugendliche, darunter 70 Flüchtlinge. Man muss wissen, dass rund die Hälfte der Bevölkerung in Pforzheim aus Migranten besteht. Der Feuerwehrmann muss dahin gehen, wo es brennt, und das Feuerwehrhaus ist die Lernstiftung. Bildung ist die beste Integration, und unser Ziel ist es, die jungen Leute fit zu machen für eine Ausbildung. Dazu braucht man auch Geld, Sportcenter und Lernstiftung kosten rund 120 000 Euro im Jahr. Dafür wird gekämpft.

Wie viel hat Ihr Kampf vor zwei Jahren gebracht?
50 000 Euro gingen nach dem Boxkampf in meine Lernstiftung, und 50 000 Euro hat Luan Krasniqi für die SOS-Kinderdörfer weltweit bekommen. Ich bin ja ein moderner Robin Hood: Ich gehe zu den Reichen, und wenn ich wieder verschwinde, dann sind die erleichtert. Es ist also nicht so, dass ich nur Boxkämpfe veranstalte, ich laufe ständig mit der Spendendose durch die Gegend.

Aber was bringt der 7. November?
Diesmal gibt es mehrere Kämpfe, die ganze Veranstaltung ist professioneller als vor zwei Jahren, und deshalb hoffe ich auf höhere Einnahmen. Luan Krasniqi verteidigt seinen Titel als „Charity Weltmeister“ gegen Danny Williams aus England. Und Firat Aslan wird um eine Interconti-WM Boxen. Die Tickets kosten zwischen 44,90 und 500 Euro, und daneben gibt es noch ein paar Aktionen, die auch Geld bringen. Unter anderem werden wir eine Harley versteigern, die uns gestiftet wurde.

Wer veranstaltet das Spektakel, und welche Promis werden Sie am Ring anfeuern?
Das macht Uli Ferber, der Mann von Andrea Berg. Arnold Schwarzenegger ist wieder per Video dabei, Wendelin Wiedeking ist da und selbstverständlich auch Udo Lindenberg, zu dessen Song „Ich mach mein Ding“ der Herausforderer Uwe Hück in die Halle einläuft.

Haben Sie keine Angst vor dem 130-Kilo-Mann Botha, der schon gegen Tyson, Klitschko und Holyfield geboxt hat und „Weißer Büffel“ genannt wird?
Nein. Ich werde fit sein und acht Runden kämpfen. Natürlich ist Botha Favorit, aber die Halle wird toben, wenn ich ihn mal erwische. Er ist ein cooler Typ, der gut zu mir passt. Und dass ein Businessman zu ihm in den Ring steigt, hat er noch nicht erlebt.

Warum steigt Botha zu Ihnen in den Ring?
Er nimmt nichts, falls Sie an eine Gage dachten. Wir haben eine Verabredung getroffen: Es gibt einen Rückkampf in einem Township in Südafrika, in dem sich Botha für Jugendliche engagiert. Und wir werden zehn Jugendliche aus dem Township in einer unserer Konzernfabriken in Südafrika ausbilden. Unser Motto gilt also auf verschiedenen Kontinenten: Blaue Flecke für soziale Zwecke.

Das Interview führte Alfons Frese.

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