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Über dem Grünen-Politiker Volker Beck muss sich nach dem Drogenfund möglichst geschickt rechtfertigen.

© Jörg Carstensen/dpa

Politiker-Affären: Das Peinliche am Fall Volker Beck

Der falsche Respekt eines Twitterkönigs und Ermittler, die ermitteln, ob sie ermitteln - die Drogenaffäre löst Fremdscham aus. Ein Kommentar.

Häme schickt sich nicht als Begleitgefühl zum Problem des Politikers Volker Beck; Mitleid, das trifft es auch nicht. Schadenfreude? Verbietet sich. Versuchen wir es also mit einem Modewort der vergangenen Jahre, dem Nachempfinden unterstellter Scham, dem Fremdschämen – für die kleinen Peinlichkeiten, die sich im Anschluss an den mutmaßlichen Fund der Synthetikdroge Crystal Meth summierten.

Da wäre zunächst Beck selbst. Nicht die ihm vorgeworfene Tat, die wäre ungesund und eines Moralapostels unwürdig, aber nicht schlimmer als die eines Abgeordneten, der vergisst, Diäten zu versteuern. Es ist vielmehr seine Erklärung, er habe „immer eine liberale Drogenpolitik vertreten“, die ihn ein Wochenende lang zum Partywitz von Strafverteidigern machte. Für kundige Empfänger, darunter die Staatsanwaltschaft, dürfte es sich dabei um eine Art Geständnis handeln. Sein Anwalt wird darüber nicht glücklich gewesen sein, seine Partei erst recht nicht, die den Besitz von Methamphetamin vorläufig nicht entkriminalisieren möchte.

Politiker-Krisen-PR wie aus dem Lehrbuch

Unangenehm auch, als Beck „Respekt“ gezollt wurde, voran von Twitterkönig Peter Altmaier, und zwar Respekt „für die schnelle und klare Reaktion“. Gemeint war, wie Beck seine Fraktionsämter niederlegte. Er hätte sie natürlich auch behalten können, woraufhin man ihm vorgehalten hätte, alles aussitzen zu wollen. So hat er öffentlich verzichtet und zugleich sein Mandat behalten. Die Umsetzung eines Kapitels aus dem Lehrbuch der Politiker-Krisen-PR, für die Gesten der Wertschätzung und Ehrerbietung zu hoch gegriffen sind.

Die aktuell letzte Peinlichkeit: der Bundestag. Er bekam am Mittwoch ein Schreiben der Ermittler, wonach diese im Fall Beck gemäß Nummer 192a der „Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren“ vorzugehen beabsichtigten. Eine Vorschrift, die den Juristen des Parlaments bestens vertraut ist, regelt sie doch die „Genehmigung zur Durchführung von Ermittlungsverfahren“ gegen Abgeordnete durch eben dieses selbst. Die Immunität aller Mandatsträger wird zu Beginn jeder Legislaturperiode pauschal aufgehoben. Die Einleitung von Ermittlungsverfahren muss dennoch beim Bundestagspräsidenten angemeldet werden. Dann heißt es 48 Stunden warten, und die Staatsanwälte dürfen loslegen.
Doch der Bundestag meint ernstlich, die Absichten der Strafverfolger gingen aus dem Schreiben nicht klar genug hervor. Natürlich verlangt es der – hier trifft das Wort – Respekt vor dem hohen Haus, ein neues Schreiben zu schicken. Aber welche Frist gilt dann? 48 Stunden ab Zugang des alten? Oder des neuen? Zu den vermutlich nur vorläufig letzten Peinlichkeiten des gesamten Geschehens zählt, dass an diesem Wochenende wahrscheinlich nicht einmal die Ermittler wissen, ob sie schon ermitteln.

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