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Uber-Chef Dara Khosrowshai tritt in die Pedale. Er will den Fahrdienstvermittler zur Mobilitätsplattform ausbauen - unter anderem mit E-Bikes.

© Thomas Koehler/photothek.net

Pedelec-Verleih in Berlin: Uber ist jetzt mit dem E-Bike da

Der Fahrdienstvermittler Uber will zum „Amazon der Mobilität“ werden - und verleiht künftig E-Bikes in Berlin. Doch der Streit mit der Taxibranche geht weiter.

Berlin - Eine lange Taxischlange steht an diesem Mittwochmorgen an der Möckernstraße, doch Fahrgäste will gerade keiner der Fahrer befördern. Sie sind zum Tempodrom gekommen, um zu protestieren – gegen denjenigen, der ihre Branche aus ihrer Sicht zerstören will: gegen den US-Fahrdienst Uber und seinen neuen Chef Dara Khosrowshahi.

Die Trillerpfeifen der Taxifahrer sind nicht zu überhören, als Khosrowshahi auf die Bühne tritt im Tempodrom. Der 49-Jährige ist zur Digitalkonferenz Noah nach Berlin gekommen, um für das Unternehmen zu werben. Der frühere Expedia-Chef soll nicht nur in Deutschland, sondern weltweit das Image des angeschlagenen Unternehmens verbessern, deren Gründer und Chef Travis Kalanick vergangenen Sommer gehen musste – und dafür bringt Khosrowshahi ausgerechnet ein E-Bike mit nach Berlin.

Ab Ende des Sommers soll es das orange Uber-Rad in der Hauptstadt geben und damit erstmals außerhalb der USA. Das US-Unternehmen wird zum neunten Anbieter für Bikesharing in Berlin und dem zweiten für E-Bikes, die bisher nur Lime in seiner Flotte hat.

Für Khosrowshahi ist der Einstieg ins Geschäft mit dem E-Bike nur eine logische Ergänzung zur Fahrdienstvermittlung. Fast 40 Prozent der Uber-Fahrten in den USA seien kürzer als vier Kilometer, eine Strecke, für die oft auch ein E-Bike genutzt werden könnte. Dadurch reduziere sich der Verkehr, die Luft werde besser, betont Khosrowshahi.

Jump heißt das E-Bike passenderweise – auch Uber selbst setzt derzeit zum Sprung an, um sich vom Fahrdienstanbieter hin zur Mobilitätsplattform zu entwickeln. Über die App sollen Nutzer künftig das beste Mittel für ihre jeweilige Strecke vorgeschlagen bekommen: sei es zu Fuß, per E-Bike, mit der U-Bahn, dem autonomen Auto oder womöglich dem selbstfliegenden Lufttaxi. „Wir wollen das Amazon für Mobilität werden“, erklärt Khosrowshahi seine Vision, für die er mit verschiedenen Partnern zusammenarbeiten will. Erst kürzlich soll er dazu auch Gespräche mit dem Roboterautohersteller Waymo geführt haben.

In Deutschland hat Uber bis dahin allerdings noch einen weiten Weg vor sich. Denn die Regeln des Personenbeförderungsgesetzes verbieten es dem Unternehmen, seinen Ursprungsservice hierzulande anzubieten: nämlich über eine App Fahrer zu vermitteln, die Leute in ihrem Privatwagen mitnehmen. 2013 war Uber hierzulande mit diesem Dienst ohne Rücksicht auf die Regeln auf den Markt gedrängt und 2015 verboten worden. Seither ist Uber nur in Berlin und München mit Angeboten vertreten. Die Fahrer haben einen Personenbeförderungsschein. Dennoch wehrt sich die Taxi-Lobby vehement gegen den neuen Wettbewerber. „Uber = Sklavenarbeit“, steht auf den Plakaten, die die rund 80 Fahrer vor dem Tempodrom dabeihaben, „Uber raus“, rufen sie lauthals, gerne würden sie Khosrowshahi persönlich die Meinung sagen, doch der bleibt lieber drinnen im klimatisierten Zelt.

Unterstützung bekommt der Uber-Chef ausgerechnet von Kartellamtspräsident Andreas Mundt. Es sei „nicht mehr zeitgemäß“, dass man als Taxifahrer erst das Straßennetz einer Stadt auswendig lernen oder jedes Jahr zum Gesundheitscheck gehen müsse. Dennoch brauche es „einheitliche Bedingungen für Fahrdienste“. Doch ob und inwieweit Uber-Fahrer diese derzeit überhaupt einhalten, wollen Berliner Taxiunternehmen nun überprüfen lassen. Sie haben vorm Berliner Landgericht Klage eingereicht gegen Mietwagenunternehmen, die für den Dienst UberX tätig sind. Aus Sicht der Kläger verstoßen die Fahrer gegen Paragraf 49 des Personenbeförderungsgesetzes, wonach die Mietwagen nach jeder Fahrt „unverzüglich“ zurück zur Betriebsstätte kehren müssen. Für die Taxifahrer ist das bisher einer der entscheidenden Vorteile, da sie jederzeit in der Stadt Fahrgäste aufnehmen dürfen.

Für Khosrowshahi macht diese Regelung dagegen „gar keinen Sinn“. Vielmehr würde dadurch unnötig Verkehr und Umweltverschmutzung produziert. Dass die Gesetze schnell zu Ubers Gunsten geändert werden, darf er zwar nicht hoffen. Dennoch betonte er, „nach dem sehr schlechten Start in Deutschland“, Gespräche mit Politik, Städten und Gemeinden führen zu wollen.

Ein großes und schnell wachsendes Geschäft sieht Khosrowshahi allerdings nicht allein darin, Menschen von A nach B zu befördern. Sondern auch Essen – mit dem Dienst „UberEats“, der noch 2018 zum „größten Essenslieferunternehmen der Welt“ werden soll.

Dass auch dafür künftig keine Fahrer mehr hinterm Steuern sitzen müssen, steht für Khosrowshahi außer Frage. Schon in weniger als fünf Jahren könne in Städten wie San Francisco autonomes Fahren genutzt werden, schätzt er.

Die Taxi-Fahrer trillern.

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