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Im Kampf gegen Geldwäsche soll eine Bargeldobergrenze einführt und eine neue Überwachungsbehörde aufgebaut werden.

© Silas Stein/dpa

Update

Organisierte Kriminalität, Korruption, Schwarzarbeit: EU-Kommission will Bargeld-Limit von 10.000 Euro einführen

Zusätzlich soll eine neue Überwachungsbehörde geschaffen werden. Der Bargeld-Limit ist umstritten - vor allem in Deutschland.

Von Corinna Cerruti

Der Kampf gegen Geldwäsche wird nach Ansicht von Experten in vielen EU-Staaten nur halbherzig geführt. Ein ganzes Bündel aus Maßnahmen soll künftig schlagkräftiger verhindern, dass Milliardenbeträge aus kriminellen Geschäften in die reguläre Wirtschaft eingespeist werden.

Die EU-Kommission will eine Obergrenze von 10.000 Euro für Zahlungen mit Bargeld einführen und eine neue Überwachungsbehörde installieren. Auch Kryptowährungen wie der Bitcoin sollen stärker reglementiert werden, wie Brüssel am Dienstag mitteilte.

Mit den Änderungen werden Übertragungen von Krypto-Assets wie Bitcoin vollständig rückverfolgbar sein und so ermöglicht, Verwendung für Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung zu verhindern und aufzudecken.

Darüber hinaus wird die Bereitstellung anonymer Krypto-Asset-Wallets verboten, so wie anonyme Bankkonten bereits verboten sind. Endgültig entschieden ist nichts, doch es gibt bereits reichlich Diskussionen - vor allem in Deutschland.

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Warum schlägt die EU-Kommission eine Bargeldobergrenze vor?

Befürworter argumentieren, Kriminelle hätten es dann schwerer, die illegale Herkunft von Geldern zu verschleiern, das gelte für Terrorismusfinanzierung ebenso wie für Schwarzarbeit. Denn anders als elektronische Einzahlungen oder Überweisungen hinterlassen Bargeldgeschäfte kaum Spuren.

Somit könnte eine Obergrenze für Zahlungen mit Schein und Münze kriminelle Machenschaften eindämmen. Es gehe nicht darum, Bürgern die Möglichkeit von Bargeldzahlungen zu nehmen, sondern darum, Schlupflöcher für Kriminelle zu schließen, betonte EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness.

Tut Europa nicht schon genug gegen Geldwäsche?

Der Europäische Rechnungshof kam jüngst nach einer Prüfung zu dem Schluss, dass es deutliche Schwächen gibt. So wurde unter anderem bei den Maßnahmen zur Verhinderung von Geldwäsche sowie beim Eingreifen nach Feststellung eines Risikos eine unzureichende Koordinierung auf EU-Ebene festgestellt.

„Die Schwächen der EU bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung müssen ausgeräumt werden, und die Aufsicht durch die EU muss deutlich verstärkt werden“, forderte Chefprüfer Mihails Kozlovs danach.

Dass Deutschland das Etikett eines „Eldorados für Geldwäsche“ anheftet, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), Andreas Krautscheid, damit, dass hierzulande vergleichsweise häufig mit Bargeld bezahlt werde.

Dazu komme die internationale Vernetzung der Exportnation Deutschland: „Mit jedem Land dieser Welt gibt es Austausch und damit auch Zahlungen.“

Wäre eine Bargeldobergrenze etwas völlig Neues?

In den meisten Ländern Europas gibt es bereits Höchstgrenzen für Bargeldzahlungen - in Griechenland ist beispielsweise bei 500 Euro Schluss, in Kroatien bei 15 000 Euro. Keine Limits setzen bislang Staaten wie Deutschland, Österreich, Luxemburg und Zypern.

Die EU-Kommission will nun, dass alle Mitgliedstaaten ein Verbot von Barzahlungen über 10 000 Euro durchsetzen. Staaten, die ein niedrigeres Limit eingeführt haben, können dieses beibehalten.

Wie kommen die Brüsseler Pläne in Deutschland an?

Bundesbank-Vorstand Johannes Beermann sieht eine Beschränkung von Barzahlungen auf 10 000 Euro kritisch. „Bislang gibt es keinen wissenschaftlich fundierten Beleg, dass mit Barzahlungsobergrenzen das Ziel erreicht wird, Geldwäsche zu bekämpfen“, sagte Beermann kürzlich der Deutschen Presse-Agentur. Beermann sieht die Gefahr, dass ein solches Limit „vor allem auch den ehrlichen Bürger trifft“.

Deutschlands oberster Verbraucherschützer, Klaus Müller, hatte zudem schon vor Jahren gewarnt, ein Bargeldlimit öffne „das Tor für eine absolute Kontrolle der Verbraucherinnen und Verbraucher“. Das Recht auf anonymes Einkaufen müsse berücksichtigt werden.

Johannes Beermann, Bundesbank-Vorstand.
Johannes Beermann, Bundesbank-Vorstand.

© promo

Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber sagt: „Eine europaweit einheitliche Bargeldobergrenze braucht es nicht.“ Die Kommission täte gut daran, die nationalen Befindlichkeiten zu berücksichtigen und es den Mitgliedstaaten zu überlassen, ob und in welcher Höhe es Bargeldobergrenzen gebe.

Fabio De Masi, finanzpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, hält eine Obergrenze hingegen für sinnvoll. Es sei „absurd, dass sich in Deutschland noch ganze Immobilien bar aus dem Koffer statt über Notaranderkonten bezahlen lassen“, kritisiert er.

Die Kritik aus Deutschland ist nicht überraschend. Bargeld ist hier beliebt, wird häufiger genutzt als in anderen EU-Staaten. Das machen sich auch kriminelle Banden zu nutze. Einer NDR-Recherche zufolge soll ein Kronzeuge in der sogenannten Aktion Pollino, einem der größten europäischen Mafia-Prozesse, vor Gericht ausgesagt haben, dass er Italien wegen der Rückverfolgbarkeit des Geldes gemieden habe und stattdessen Deutschland für seine Bargeldgeschäfte wählte.

Wen würde die 10 000-Euro-Grenze in Deutschland treffen?

Barzahlungen in fünfstelliger Höhe dürften für die meisten Verbraucher Seltenheitswert haben. In bestimmten Bereichen allerdings könnten Obergrenzen Probleme bereiten, etwa beim Gebrauchtwagenkauf. Viele Verkäufer dürften sich dabei ungern auf die Zusage verlassen, das Geld werde überwiesen.

Auch hohe Mietkautionen werden mitunter bar gezahlt. Solche Geschäfte könnten jedoch auch unter den verschärften Bedingungen möglich sein: „Diese Obergrenze gilt nicht für private Transaktionen zwischen Privatpersonen“, heißt es in einem Entwurf für die Verordnung. Schon jetzt gibt es in Ländern mit Obergrenzen für Barzahlungen teils Ausnahmen für Geschäfte zwischen Privatleuten.

Wie konkret sind die Planungen für die neue Überwachungsbehörde?

Herzstück des Gesetzespakets ist die neue Anti-Geldwäsche-Behörde ALMA (Anti-Money Laundering Authority), die bis Anfang 2023 geschaffen werden soll. Sie soll die Aufsicht über bestimmte Finanzunternehmen übernehmen können, wenn ein erhöhtes Risiko für Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung besteht.

In Deutschland trommeln Politiker und Verbände für die Bankenmetropole Frankfurt als Standort. „Wir sind nicht nur logistisch mit dem Flughafen, sondern auch technologisch über den größten Internetknotenpunkt Europas hervorragend mit der Welt verbunden“, wirbt Hessens Europaministerin Lucia Puttrich (CDU).

Die neue EU-Behörde sehen die Hessen in Frankfurt am Main.
Die neue EU-Behörde sehen die Hessen in Frankfurt am Main.

© Boris Rössler/dpa

Der deutsche Fondsverbands BVI argumentiert, im Falle eines Zuschlags für Paris „könnte sich die Tektonik zwischen den kontinentaleuropäischen Finanzplätzen zugunsten von Paris verschieben“.

In Paris haben bereits die europäische Bankenaufsicht EBA und die europäische Finanzaufsicht ESMA ihren Sitz, Frankfurt wartet mit der Europäischen Zentralbank (EZB) und der unter deren Dach angesiedelten Aufsicht über die großen Euro-Banken auf.

Wie geht es jetzt weiter?

Nach der Vorstellung der Pläne sind jetzt der Rat der Mitgliedstaaten und das Europaparlament am Zug. Wenn dort ausreichend große Mehrheiten zustande kommen, können die Vorschläge der EU-Kommission umgesetzt werden.

Vor dem kommenden Jahr werden allerdings keine endgültigen Entscheidungen erwartet. Die deutsche Position für die Verhandlungen wird vermutlich erst die nächste Bundesregierung nach der Bundestagswahl am 26. September festlegen. (mit dpa)

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