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Die Fahrt in den Urlaub wird in diesem Jahr besonders teuer wegen der hohen Spritpreise. Ein ordentliches Urlaubsgeld ist da sehr hilfreich.

© dpa-tmn

Ohne Tarif keine Sonderzahlung: Urlaubsgeld für jeden zweiten Beschäftigten

Frauen in ostdeutschen Niedriglohnbereichen bekommen selten Urlaubsgeld. Je größer der Betrieb, desto besser.

Ein Mann in einem westdeutschen Konzern bekommt in der Regel Urlaubsgeld. Eine Frau im ostdeutschen Hotel- und Gaststättengewerbe kann dagegen kaum mit der Sonderzahlung zu Beginn der Ferienzeit rechnen. Alles in allem erhalten hierzulande etwas weniger als die Hälfte (46 Prozent) der Beschäftigten in der Privatwirtschaft Urlaubsgeld.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Online-Befragung des Portals Lohnspiegel.de der gewerkschaftlichen Böckler- Stiftung, die auf den Angaben von 66 000 Beschäftigten beruht. „Angesichts der hohen Inflationsraten ist das Urlaubsgeld für viele Beschäftigte in diesem Jahr ein Segen“, kommentierte der Leiter des Tarifarchivs der Böckler-Stiftung, Thorsten Schulten die aktuelle Zahlen. Doch gerade im Niedriglohnsektor, wo das Geld am nötigsten gebraucht wird, gibt es die Sonderzahlung am seltensten.

Tarifbindung im Osten unter 50 Prozent

Ob Beschäftigte Urlaubsgeld erhalten und wie viel, hängt von mehreren Faktoren ab. Am wichtigsten ist die Tarifbindung des Arbeitgebers: 74 Prozent der Beschäftigten in tarifgebunden Unternehmen beziehen ein Urlaubsgeld. In Firmen ohne Tarif beträgt die Quote nur 36 Prozent. Nicht berücksichtigt wurde in der Böckler-Analyse der öffentlichen Dienst, da dort Urlaubs- und Weihnachtsgeld in einer einzigen Jahressonderzahlung zusammengefasst sind.

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Neben der Tarifbindung sind die Region, die Betriebsgröße und das Geschlecht wichtige Einflussfaktoren: In Ostdeutschland wird deutlich seltener Urlaubsgeld gezahlt als im Westen. Während im Osten 32 Prozent der Beschäftigten das Geld erhalten, sind es im Westen 48 Prozent. „Dieser Unterschied ist in erster Linie auf die deutlich geringere Tarifbindung im Osten Deutschlands zurückzuführen“, schreibt die Böckler-Stiftung. Derzeit arbeiten 54 Prozent der westdeutschen und 45 Prozent der ostdeutschen Beschäftigten in Betrieben mit Tarif.

Je höher das Einkommen, desto wahrscheinlicher Urlaubsgeld

Da große Unternehmen eher einen Tarifvertrag anwenden als kleine, gibt es dort auch mehr Urlaubsgeld. Schließlich arbeiten 49 Prozent der Männer in Betrieben, die ein Urlaubsgeld zahlen, und nur 41 Prozent der Frauen.

Je höher das Monatseinkommen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, Urlaubsgeld zu bekommen. Auch das erklären die Wissenschaftler mit der Tarifbindung, die in den Niedriglohnbereichen der Dienstleistungsbranchen, wo überdurchschnittlich viele Frauen arbeiten, geringer ist als in gut zahlenden Industriebetrieben mit hohem Männeranteil. Nur 36 Prozent der Geringverdiener mit einem Bruttomonatslohn von unter 2300 Euro erhalten Urlaubsgeld, in den darüberliegenden Entgeltgruppen sind es dagegen knapp 49 Prozent.

Am wenigsten Geld in der Landwirtschaft

Am wenigsten Urlaubsgeld bekommen Beschäftigte in der Landwirtschaft und im Hotel- und Gaststättengewerbe. Die höchsten Zahlungen erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Holz- und Kunststoffverarbeitung, in der Papier verarbeitenden Industrie sowie in der Metall- und der Druckindustrie. Eine Ost-West-Angleichung hat es inzwischen im Versicherungsgewerbe, in der chemischen Industrie und im Gebäudereinigungshandwerk gegeben, in diesen Branchen ist das Urlaubsgeld identisch.

Hoher Zuwachs auf dem Bau

Gegenüber 2021 hat sich das tarifliche Urlaubsgeld in der Hälfte der von der Böckler-Stiftung untersuchten Branchen erhöht. Dies gilt insbesondere dort, wo das Urlaubsgeld als ein bestimmter Prozentsatz der Tarifentgelte festgelegt wird, wie zum Beispiel im Kfz-Gewerbe, in der Holz- und Kunststoff verarbeitenden Industrie, im Einzelhandel oder im Bauhauptgewerbe. Die Erhöhungen des Urlaubsgeldes folgen dann den allgemeinen Tariferhöhungen und lagen überwiegend zwischen 1,5 und 3,0 Prozent. Den höchsten Zuwachs gab es mit 5,8 Prozent im ostdeutschen Bauhauptgewerbe und 5,2 Prozent im brandenburgischen Einzelhandel. In beiden Branchen konnte damit der Unterschied zum Niveau des Urlaubsgeldes im Westen deutlich verkleinert werden.

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