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Der Alte und der Neue: Porsche-Chef Matthias Müller soll Nachfolger von Martin Winterkorn an der Spitze von Volkswagen werden. REUTERS/Fabian Bimmer/Files

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Newsblog zu Abgas-Skandal bei Volkswagen: Porsche-Chef Matthias Müller wird offenbar Winterkorn-Nachfolger

VW-Chef Winterkorn ist weg - ein neuer Vorstandsvorsitzender soll schon bereit stehen. Am Freitag soll Matthias Müller ernannt werden. Die Entwicklungen im Newsblog.

Weitet sich der Skandal auf weiter Hersteller aus? Die Manipulation von Abgaswerten bei Volkswagen stellt nach Ansicht der Deutschen Umwelthilfe nur die Spitze des Eisbergs dar. Die Umwelthilfe habe detaillierte Hinweise auf illegale Abgasmanipulationen auch bei den Herstellern Opel, BMW, Daimler und Audi, erklärte der Verband am Donnerstag in Berlin. Er berief sich dabei auf Messprotokolle sowie Ergebnisse eigener Abgasmessungen. Diese hätten „unglaubliche Abweichungen“ der Emissionen von den Grenzwerten ergeben.

Porsche-Chef Müller wird einem Insider zufolge neuer Vorstandschef von VW: Porsche-Chef Matthias Müller wird einem Insider zufolge neuer Vorstandschef von Volkswagen. Der Aufsichtsrat werde den 62-jährigen Manager am Freitag zum Nachfolger von Martin Winterkorn bestellen, sagte eine mit den Beratungen vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters.

BMW-Aktien geraten unter Druck: BMW hat angeblich mit seinem Geländewagen X3 bei Straßentests des International Council on Clean Transportation (ICCT) die europäischen Abgas-Grenzwerte um das Elffache überschritten. Das berichtet die "Auto-Bild". Der Münchner Konzern bezeichnete diese Ergebnisse als "weder nachvollziehbar noch erklärbar". Die Steuersoftware der Motoren verfüge über keine Funktion, um Abgas-Tests auf einem Prüfstand zu erkennen. Daimler äußerte sich ähnlich. BMW-Aktien brachen daraufhin zeitweise um knapp zehn Prozent ein, erholten sich dann aber wieder etwas. Auch Daimler-Papiere verbilligten sich deutlich.

Drei führende Manager sollen gehen: Im Abgasskandal bei VW müssen offenbar drei weitere Manager in führenden Positionen aufgeben. Wie Spiegel Online berichtet, sollen VW-Entwicklungsvorstand Heinz-Jakob Neußer, Porsche-Vorstand Wolfgang Hatz und Audi-Vorstand Ulrich Hackenberg ihre Posten räumen. Hackenberg gilt als Winterkorn-Vertrauter und sollte eigentlich den Chefposten bei Audi übernehmen. Spiegel Online beruft sich auf Personen aus dem Volkswagen-Aufsichtsrat. Das Kontrollgremium soll morgen über konkrete weitere Schritte beraten.

Verdeckter Rückruf im Frühjahr: VW hat bereits im April in den USA versucht, die Abgas-Manipulationen durch einen verdeckten Rückruf von Dieselautos zu beheben. Der Konzern forderte Halter von VW- und Audi-Fahrzeugen in einem Brief auf, ihre Autos in die Werkstätten zu bringen, um eine neue Software aufzuspielen. Diese sollte die Abgas-Emissionen optimieren und die Effizienz des Motors steigern. Ein Sprecher der kalifornischen Emissionsschutzbehörde sagte, das Schreiben sei Teil einer landesweiten Rückrufaktion von VW gewesen.

Der Abgas-Skandal bei VW weitet sich offenbar auch auf Autos in Europa aus.
Der Abgas-Skandal bei VW weitet sich offenbar auch auf Autos in Europa aus.

© REUTERS/Neil Hall

Skandal betrifft auch Autos in Europa: Von den Manipulationen bei Abgasmessungen an Dieselfahrzeugen bei Volkswagen sind auch Autos in Europa betroffen. Das sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) am Donnerstag in Berlin.

Umwelthilfe-Chef greift Bundesbehörden an: „Das Kraftfahrtbundesamt ist ein Bettvorleger der Automobil-Industrie.“ Für deutliche Worte ist Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, bekannt. Die Bundesbehörde sei zum verlängerten Arm der Autohersteller verkommen, sagte Resch nun der Oldenburger „Nordwest-Zeitung“. „Was für ein Abstieg für eine einstmals stolze Überwachungsbehörde.“ Sie sei gleichzeitig „Dienstleister, der gegen Bezahlung bestimmte Dinge für die Autoindustrie erledigt“, betonte der Umwelthilfe-Chef.

Darüber hinaus nehme die Autoindustrie massiv Einfluss auf die Bundesregierung. Der Präsident des Verbandes der Automobil-Industrie, der frühere Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU), sei „eigentlich der regierende Verkehrsminister“, kritisierte Resch. „Und die Autoindustrie führt der deutschen Bundesregierung regelrecht die Hand bei neuen Gesetzen und Verordnungen, die sie kontrollierten sollten.“ Er gehe deshalb davon aus, dass auch BMW, Opel und andere Hersteller seit Jahren bei den Zulassungstest manipulierten.

Volksagen drohen in den USA teure Klagen wegen der Manipulation von Abgaswerten.
Volksagen drohen in den USA teure Klagen wegen der Manipulation von Abgaswerten.

© Reuters/Mike Blake

Aufsichtsrat kündigt "personelle Konsequenzen" an: Nach dem Rückzug von Martin Winterkorn müssen bei Volkswagen wohl weitere Manager gehen. "Es wird in den nächsten Tagen weitere personelle Konsequenzen geben, wir verlangen auch die Konsequenzen", kündigte der niedersächsische Wirtschaftsminister und VW-Aufsichtsrat Olaf Lies (SPD) im Bayerischen Rundfunk an. Der Aufsichtsrat wolle sich am Freitag mit der "gesamten Struktur bei Volkswagen" beschäftigen.

Am Freitag werde ein Sonderausschuss gegründet, der auch mit externer Beratung die Aufklärung des Skandals vorantreiben solle. Derzeit gebe es "deutlich mehr Fragen als Antworten". Besonders die Frage, wer die Manipulationen zu verantworten hat und warum, beschäftige die VW-Kontrolleure.

Weil hält Winterkorn für glaubwürdig: Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) glaubt den Beteuerungen des zurückgetretenen VW-Chefs Martin Winterkorn, nicht von den Manipulationen bei Abgastests gewusst zu haben. "Für mich ist es glaubwürdig, für die anderen Mitglieder des Präsidiums war es das auch", sagt Weil, der Mitglied im Präsidium des VW-Aufsichtsrats ist, im ARD-Morgenmagazin. In einem großen Unternehmen gebe es Bereiche, die nicht transparent seien. "Das macht es nicht besser", sagte Weil. "Wir werden rückhaltlos aufklären."

Flut von 40 Sammelklagen gegen VW: Nach Recherchen des NDR und der "Süddeutschen Zeitung" sind seit vergangenen Freitag 37 Sammelklagen gegen VW bei US-Gerichten eingereicht worden, weitere zwei in Kanada. Zahlreiche Anwaltskanzleien haben zudem Aufrufe an VW-Käufer gestartet, sich den Klagen anzuschließen.

Die Kläger sind demnach zumeist private Autokäufer, in einem Fall auch ein Autohändler. Die Kunden sehen sich durch die Manipulation bei Abgaswerten in Sachen Umweltfreundlichkeit getäuscht. In den Klageschriften werden dem Konzern Betrug, Vertragsbruch und weitere Gesetzesverstöße vorgeworfen.

Der Anwalt Steve Berman aus Seattle hatte vergangenen Freitag für einen VW-Fahrer aus Kalifornien die erste Klage dieser Art eingereicht. "Der Grund, warum sie das gemacht haben ist: Die Leistung des Autos verringert sich, wenn die Abgasreinigung arbeitet. Aber die wollten das nicht, weil niemand Autos mit einer geringeren Leistung kaufen würde", so Berman in einem Video, mit dem er um weitere Mandanten wirbt.

Wie geht es weiter bei VW? Wer kämpfte gegen wen? Fragen und Antworten zum Thema gibt es hier in einem Überblick unserer Redakteure.

Klagen vor US-Bundesgericht: Ein US-Bundesgericht in Kalifornien soll sich mit den Sammelklagen gegen Volkswagen wegen des Abgas-Skandals befassen. Ein Klägeranwalt beantragte am Mittwoch, mindestens zwei Dutzend Klagen zusammenzufassen und an das Gericht von Bezirksrichter Fernando Olguin zu verweisen. Das Gericht hat Erfahrung mit Klagen gegen Autobauer: Toyota erklärte sich 2012 in einem Vergleich zur Zahlung von 1,1 Milliarden Dollar bereit, um eine Sammelklage wegen Problemen mit Fußmatten und klemmenden Gaspedalen beizulegen. Hyundai und Kia erklärten sich bereit, 255 Millionen Dollar zu zahlen, weil sie einen zu niedrigen Benzinverbrauch angegeben hatten.

Die US-Umweltschutzbehörde EPA hat VW nachgewiesen, bei zahlreichen Diesel-Fahrzeugen die Abgasvorschriften vorsätzlich umgangen zu haben. Dort geht es um fast eine halbe Million Autos. Volkswagen droht deshalb eine Strafe von bis zu 18 Milliarden Dollar. Hinzu kommen unter anderem Kosten für Sammelklagen und Rückrufe. Inzwischen hat der Fall weltweite Ausmaße angenommen. Bis zu elf Millionen Fahrzeuge könnten weltweit von Manipulationen betroffen sein.

Seit Bekanntwerden des Skandals am vergangenen Freitag sind mindestens 25 Klagen in sieben US-Bundesstaaten gegen Volkswagen eingereicht worden. Der Autobauer habe die Kunden getäuscht, die mehr gezahlt hätten, um vermeintlich umweltfreundliche Autos zu fahren. Angesichts der breiten Berichterstattung in den Medien könnten hunderte weitere Klagen auf Volkswagen zukommen, sagte Klägeranwalt David Vendler von der Anwaltskanzlei Morris Polich & Purdy in Los Angeles, der den Antrag am Mittwoch stellte. Es sei sinnvoll, dass sich ein einzelnes Gericht so schnell wie möglich mit all den Klagen befasst. "Ansonsten ist es wie Flöhe hüten."

Es ist üblich, dass mehrere ähnliche Schadenersatzklagen zusammengefasst werden. Doch streiten sich Kläger und Beklagte oft um einen für sie günstigen Gerichtsstand. Auch in Deutschland drohen VW Klagen. (mit dpa, Reuters, AFP)

Unsere Themenseite zu Volkswagen finden Sie hier.

Die Ereignisse vom Mittwoch können Sie hier nachlesen.

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