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Ungewohnt. Der Verkäufer hält dem Kunden ein Tablet zur Unterschrift hin, damit dieser sein Ein-Euro-Würstchen bezahlen kann. Zuvor hat er seine Kreditkarte durch einen kleinen Plastikaufsatz an dem mobilen Computer gezogen.

© Payleven

Neues mobiles Bezahlsystem: Karte statt Kleingeld

Die Berliner Start-ups Payleven und Sumup wollen Kreditsysteme für Kleinunternehmer attraktiv machen.

„Das war megacool“, sagt Christian Csermak. „Und es ging super schnell“, ergänzt Thilo Hertwig. Vor ein paar Monaten haben die beiden zusammen mit Maria Kevorkova Mercy Would gegründet, einen Brillenladen in Berlin Schöneberg plus Onlineshop. Hier verkaufen sie ihre selbst entworfenen, handgefertigten Brillen. Mercy Would steht noch am Anfang, ein teures Kassensystem mit Kreditkartenleser können sich die Gründer nicht leisten. Dennoch: Eine Brille kostet 98 Euro und vor ein paar Tagen war ein Kunde da, der gern mit Karte zahlen wollte. „Ich holte mein Smartphone, steckte das kleine Lesegerät in den Audioausgang, schob die Karte hinein, der Kunde unterschrieb, das war alles“, sagt Hertwig. „Der Kunde war so begeistert, dass er das in seinem Weinladen auch gleich einführen will.“ Vom Runterladen der Anwendung von Sumup bis zur ersten Zahlung habe es fünf Tage gedauert, sagt Hertwig. „Die Einrichtung der Kreditkartenzahlung im Onlineshop hat dagegen sechs Wochen gedauert.“

Kreditkartenzahlung über ein Tablet oder das Smartphone – das ist natürlich eine Erfindung aus Amerika. Der dortige Anbieter, 2009 gegründet, heißt Square und hat das kleine Plastiklesegerät erfunden. Damit kann plötzlich jedermann in den USA Kreditkartenzahlung annehmen: Taxifahrer, Pizzalieferdienste, Babysitter, Klavierlehrer, aber eben auch kleine Händler und Handwerker. Das Lesegerät ist kostenlos, Square behält von jeder Transaktion 2,75 Prozent ein.

Natürlich kann man das Modell nicht so einfach auf Deutschland übertragen, hier gelten andere Regeln für Finanzdienstleistungen. Das Geldwäschegesetz etwa verlangt, dass Zahlungen nicht anonym sein dürfen. Daher muss ein Dienstleister seine Kunden überprüfen. Doch seit kurzem gibt es die mobile Kreditkartenzahlung auch in Deutschland. Die Anbieter heißen Payleven und Sumup aus Berlin sowie Streetpay aus München.

„Die herkömmlichen Systeme erfüllen oft nicht die Anforderungen kleiner Gewerbetreibender: Sie sind zu klobig, zu teuer und nicht wirklich mobil“, sagt Alexander Zumdieck, einer der Payleven-Gründer. Um zu beweisen, dass das Payleven-System all das nicht ist, hat das Team zum Beispiel vor der Technikmesse Ifa oder auf dem Alexanderplatz Bratwürstchen für einen Euro verkauft, die man mit Kreditkarte bezahlen konnte. „Das ist natürlich vor allem bei jungen Leuten gut angekommen“, sagt Zumdieck. „Bezahlen ist nicht sexy – mit dieser Lösung ändert sich das vielleicht.“ Payleven hat starke Partner hinter sich: New Enterprise Associates, Holtzbrinck Ventures und Runet sowie Rocket Internet investierten einen zweistelligen Millionenbetrag in das Unternehmen, das inzwischen 70 Mitarbeiter hat und in Deutschland, den Niederlanden, Großbritannien und Brasilien aktiv ist. Payleven ist in Deutschland zunächst für EC und Mastercard verfügbar. Mit der Einführung eines Chip- und Pin-Lesegeräts will Payleven bald auch Kreditkarten von Visa und American Express akzeptieren. Payleven verlangt von den Händlern 2,95 Prozent des Transaktionsvolumens plus neun Cent je Vorgang.

Zum Aufstecken: Das Plastikteil wird in den Audioausgang des Smartphones gesteckt, dann wird die Kreditkarte eingeschoben und der Chip gelesen.
Zum Aufstecken: Das Plastikteil wird in den Audioausgang des Smartphones gesteckt, dann wird die Kreditkarte eingeschoben und der Chip gelesen.

© Sumup

Sumup ging mit mehr als 100 Mitarbeitern nach mehrmonatiger Probephase vor zehn Tagen an den Start. „Wir bieten unseren Dienst in Deutschland, Irland, Großbritannien und Österreich an“, sagt Jan Deepen, einer der fünf Gründer. Auch Sumup kann mit namhaften Investoren aufwarten: Shortcut Ventures, b-to-v Partners aus der Schweiz, Tengelmann Ventures und Klaus Hommels, einer der frühen Investoren in Facebook und Xing. Sumup zielt mit seinem Modell ebenfalls auf Kleinunternehmer, für die sich die herkömmlichen Kartensysteme nicht lohnen, die neben Transaktionsgebühren noch eine Miete für die Lesegeräte verlangen. „Wir gehen davon aus, dass mehr als eine Million kleinere Händler in Deutschland, die bisher keine Kreditkarten akzeptieren, das gern würden, wenn die Kosten sinken“, sagt Deepen. „Wir aggregieren Kunden, die für die etablierten Banken zu klein sind, um einen Vertrag mit ihnen zu schließen.“ Sumup akzeptiert derzeit Visa, Mastercard und EC-Karten und bald auch American Express. Dabei bietet das Unternehmen sowohl ein Lesegerät für Magnetstreifen als auch für Chips an. Pro Transaktion falle eine Gebühr von 2,75 Prozent des Umsatzes an, mehr nicht, versichert Deepen.

Im Gegensatz zu kontaktlosen Bezahllösungen von Deutscher Telekom oder Google, für die Kunden moderne Handys oder Karten mit neuen Chips benötigen, ändert sich in diesem Fall nichts. Sie können ihre normale Kreditkarte nutzen. Nur für Kleinunternehmer wird die Zahlmethode attraktiver. Damit punkten Payleven und Sumup: „Visa begrüßt es, dass neue Anbieter für mobile Zahlungen den Markt beleben“, teilt der Kreditkartenkonzern auf Anfrage mit. „Wir sind sicher, dass der Markt für mobile Zahlungen ein großes Potenzial hat.“ Man erwarte, dass bis 2020 bereits 50 Prozent aller Visa-Transaktionen über mobile Endgeräte erfolgten.

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