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Plastik in den Weltmeeren hängt nicht zusammen mit dem weltweiten Müllgeschäft, sagt Verbandspräsident Kurth.

© dpa

Neue Studie zum Abfallhandel: „Müllexport schützt die Umwelt“

Sechs Prozent des deutschen Abfalls gehen in andere Länder – und werden im günstigsten Fall dort wiederverwertet.

Auf den ersten Blick ist das eine steile These, die der Präsident der Entsorgungswirtschaft aufstellt: Je mehr Müll rund um die Welt gekarrt wird, desto besser für den Umweltschutz. Am Donnerstag präsentierte Peter Kurth „Fakten gegen Mythen – Warum Abfallexporte und -importe unverzichtbar sind“.

In einer Studie wertet der Bundesverband der Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) Daten des Statistischen Bundesamtes aus, um sich gegen einen verbreiteten Vorwurf zu wehren: Danach werden die westlichen Wegwerfgesellschaften ihren Wohlstandsmüll in asiatischen und afrikanischen Schwellen- und Entwicklungsländern los, wo der Dreck Böden und Gewässer vergiftet und in Form von Plastikpartikeln in den Ozeanen landet. Tatsächlich exportieren wir rund eine Million Tonnen Plastikabfall pro Jahr, ein Fünftel davon nach Malaysia.

Besser Rezyklate nutzen als Öl

Für BDE-Präsident Kurth ist das eine gute Sache: „Wir exportieren Kunststoffe für die Kunststoffindustrie Asiens, die das Rezyklat als Ersatz für Öl einsetzt.“ Hier schließt sich der Kreis: Besser einen Sekundärrohstoff (Rezyklat) nutzen als einen fossilen Brennstoff (Öl).

Das funktioniert indes nur, wenn der Preis stimmt. „Öl ist gegenwärtig leider halb so teuer wie Kunststoffrezyklate“, räumt Kurth ein, und das werde sich in absehbarer Zeit nicht verändern. Also müsse die Politik mit Mindesteinsatzquoten helfen: Eine Käseverpackung zum Beispiel enthielte dann mindestens zu 30 Prozent recyceltes Material.

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Doch solche Vorgaben scheut die Politik hierzulande und EU- weit. Das ist wiederum schlecht für die Kreislaufwirtschaft, die nicht richtig ins Geschäft kommt. Und die Umwelt, die unter Müllbergen ächzt. Vor allem dann, wenn der Abfall auf Deponien landet.

Peter Kurth ist Präsident des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft.
Peter Kurth ist Präsident des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft.

© Thilo Rückeis

Hierzulande gilt seit 2005 ein Deponierungsverbot „für nicht vorbehandelte Siedlungsabfälle“. Der Müll wird entweder gesammelt, aufbereitet und als Sekundärrohstoff wieder eingesetzt, in einer Müllverbrennungsanlage „thermisch verwertet“ oder eben exportiert. In den meisten Ländern landet der Dreck noch immer auf Deponien, auch in EU-Ländern. „Es ist besser, Abfälle in Polen nicht zu deponieren, sondern in Deutschland zu verbrennen“, sagt Kurth.

Kreislaufwirtschaft gibt es nicht überall

Noch besser wäre es, wenn der Müll als Wertstoff genutzt würde. Das funktioniert nach Einschätzung des BDE-Präsidenten, der vor seinem Verbandsjob als CDU-Finanzsenator in Berlin und als Vorstandsmitglied des Entsorgers Alba tätig war, am besten im Rahmen der internationalen Arbeitsteilung. Vor allem die kleineren Länder, die keine Abfallwirtschaft haben, in der EU beispielsweise Luxemburg oder Malta, ,müssen ihren getrennten Abfall exportieren können“. Und Länder ohne Stahlindustrie würden selbstverständlich ihre Metalle ausführen.

Die Abfallströme bewegten sich im Übrigen und ausweislich der Statistik ganz überwiegend in Europa. „Wir lösen unsere Entsorgungsprobleme nicht in Asien, das ist ein völlig falsches Bild“, sagte der BDE-Präsident. Allerdings: Es gibt durchaus illegale Müllgeschäfte.

So seien im vergangenen Jahr 260 Container von Malaysia aus nach Kanada, Frankreich, England und in die USA zurückgeschickt worden, weil sie verbotene Abfälle enthielten. Die Müllhändler mussten insgesamt 192 000 Euro Strafe zahlen – viel zu wenig, meint Kurth. „Wir brauchen eine stärkere Verfolgung und Bestrafung von illegalen Importen und Exporten.“ Es sei beispielsweise illegal, Abfall nach Malaysia zu schicken, der dort deponiert werde.

Alles in allem sei das internationale Regelwerk für die „Abfallverbringung so ausgewogen konzipiert, dass dem Umweltschutz und dem Handel mit der Ressource Abfall gleichermaßen Rechnung getragen wird“, sagt Kurth. „Die grenzüberschreitende Verbringung von Abfällen hat zweifelsohne ihren Platz in einer Kreislaufwirtschaft“, heißt es auch beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu).

Der Abfallhandel dürfe jedoch nicht dazu missbraucht werden, Abfälle zu Lasten der Zielländer zu entsorgen. „Eine regionale Abfallverwertung sollte das Ziel einer modernen Kreislaufwirtschaft sein“, meint der Nabu. Das „räumliche Auslagern der Abfallproblematik“ sei hingegen ein Sinnbild dafür, wie wir über unsere Verhältnisse leben.

Vor allem Metalle werden gehandelt

Davon könne keine Rede sein, meint Kurth und hält die deutsche Abfallexportquote von nur sechs Prozent dagegen. Das größte Exportgut ist Metall mit zehn Millionen Tonnen oder einem Anteil von 41 Prozent. Die Metalle „ersetzen primäre Rohstoffe, sparen Energie und Umwelteingriffe“, argumentiert der Verband der Entsorgungswirtschaft in seiner Studie.

Nach den Metallen stehen auf Platz zwei pflanzliche und tierische Abfälle mit einem Anteil von 25 Prozent. Elf Prozent der Exportmenge macht das Altpapier aus, gefolgt von Aschen und Schlacken mit einem Anteil von neun Prozent.

Der Studie zufolge entfallen 95 Prozent der Abfallexportmenge auf 24 Länder. Mit einem Anteil von 26 Prozent liegen die Niederlande an der Spitze. Das kann indes auch bedeuten, dass die Niederlande als Transitland genutzt werden und der Müll in Rotterdam Richtung Asien verschifft wird.

In dem Fall käme Malaysia vermutlich auf einen höheren Anteil als das statistische eine Prozent und Platz 20 auf der Liste der Exportländer. Alles in allem gehen 89 Prozent der deutschen Müllexporte in europäische Länder und zehn Prozent nach Asien.

Batteriegesetz enttäuscht

BBDE-Chef Kurth äußerte sich enttäuscht über die Reform des Batteriegesetzes, die am Donnerstag durch den Bundestag ging. Es sei „der Gipfel an Unambitioniertheit“, eine Sammelquote gesetzlich festzuschreiben, die heute schon übertroffen werde.

Die Quote für Altbatterien wird von 45 auf 50 Prozent leicht erhöht – obgleich zuletzt bereits 52 Prozent der verbrauchten Batterien in Sammelbehältern landeten. „Der Markt wird mit Lithium-Ionen-Batterien geflutet“, sagte Kurth auch mit Blick auf die Millionen E-Bikes, doch die Politik reagiere nicht. Auch der Verzicht auf eine Pfandpflicht sei enttäuschend. „Wir hätten uns von der großen Koalition mehr erwartet“, sagte Kurth.

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