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Christine Lagarde will die Strategie der EZB überprüfen.

© REUTERS

Neue EZB-Chefin zu Niedrigzinsen: "Deutschland hat exzellente Kreditinstitute. Die haben sicher gute Vorschläge"

Lagarde kündigt die Überprüfung der EZB-Strategie an. Klimaschutz könnte eine wichtigere Rolle einnehmen. An der Geldpolitik jedoch hält sie fest.

Schon mit ihrer Brosche am Revers setzt Christine Lagarde am Donnerstag ein Zeichen. Auf dem schwarzen Anzug trägt sie eine goldene Eule. Damit signalisiert die neue Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB): Sie ist weder Falke noch Taube – so nennen Experten die Befürworter und Gegner einer lockeren Geldpolitik. Geändert hat Lagarde an dem bisherigen Kurs der Zentralbank trotzdem nichts. Lagarde und die übrigen Notenbanker beließen den Leitzins bei null Prozent, auch der Einlagezins für Banken bleibt mit minus 0,5 Prozent negativ.

Und nicht nur das: Lagarde macht deutschen Sparern und Banken auch keine Hoffnung auf in absehbarer Zeit steigende Zinsen. Dabei sei sie durchaus besorgt wegen der niedrigen Zinsen. „Ich hätte gerne höhere Zinsen und höheres Wachstum, aber diese Situation haben wir nicht“, sagte die Französin am Donnerstag nach der ersten Ratssitzung im neuen Jahr.

An dem Anleihekaufprogramm hält die EZB ebenfalls fest: Sie kauft weiter jeden Monat Anleihen im Volumen von 20 Milliarden Euro. Das wird sich nach Angaben von Lagarde erst ändern, wenn sich die Inflation nachhaltig dem EZB-Ziel von knapp unter zwei Prozent nähert. Das ist derzeit allerdings noch nicht absehbar. Im Dezember lag die Inflation im Euroraum sie bei 1,3 Prozent, im gesamten Jahr 2019 bei 1,2 Prozent. Auf diesem Niveau werde sie sich auch in den nächsten Monaten bewegen. Für 2020 erwartet die EZB eine Rate von 1,1 Prozent, bis 2022 soll sie auf 1,6 Prozent steigen.

"Ich bin keine Finanzberater"

Einen Rat für deutsche Sparer, die besonders unter der Niedrigzinspolitik leiden, habe sie nicht. „Ich bin kein Finanzberater. Deutschland hat exzellente Kreditinstitute und die haben sicher gute Vorschläge.“ Die Präsidentin weist im Übrigen darauf hin, dass die EZB für alle 19 Eurostaaten zuständig ist und die Entwicklung in allen Ländern im Auge haben müsse. Die Geldpolitik ist nach Ansicht von Lagarde erfolgreich. Wegen der niedrigen Zinsen seien viele Millionen Arbeitsplätze entstanden und es gebe ein höheres Wachstum. „Allerdings kommt es auch auf eine richtige Fiskalpolitik an. Das würde helfen.“ Die Euroländer fordert sie außerdem zu weitreichenderen Strukturreformen auf.

Ob die EZB an ihrem Inflationsziel von knapp unter zwei Prozent festhält ist offen. Im Rahmen der von Lagarde schon im vergangenen Jahr angekündigten Überprüfung der Strategie wird auch über das Inflationsziel debattiert. Am Donnerstag stimmte der Rat einmütig der Strategieanalyse zu. Bis zum Jahresende soll sie abgeschlossen sein, im November oder Dezember werde man die Ergebnisse vorlegen. „Wir werden jeden Stein umdrehen“, sagte Lagarde erneut.

EZB braucht neue Rolle im Umweltschutz

Die Überprüfung umfasst damit auch die geldpolitischen Instrumente, die die EZB nutzt, genauso wie Analysemethoden etwa der Inflation, die Auswirkungen ihrer Politik auf die Beschäftigung und die Kommunikationsstrategie. Die Französin will die Öffentlichkeit ausführlicher, transparenter und verständlicher über das Vorgehen der Notenbank informieren als dies unter ihrem Vorgänger Mario Draghi geschehen ist. Damit will sie auch um mehr Verständnis vor allem in Deutschland sorgen. Von hier kommt seit Jahren die schärfste Kritik an der Niedrigzinspolitik der EZB. „Die Überprüfung wird harte Arbeit. Wir werden in diesem Jahr viel zu tun haben“, sagt Lagarde. „Und wir nehmen keine Ergebnisse vorweg.“

Nach Ansicht von Lagarde muss dabei auch über die Rolle der EZB im Blick auf Umwelt, Nachhaltigkeit, Klimawandel und Klimaschutz gesprochen werden. Das sei noch kein Thema im Rat, es sei erst einmal ihre persönliche Auffassung. Der Klimawandel sei aber auch ein Risiko für die Finanzstabilität. „Mir ist sehr bewusst, dass wir im Rat Diskussion über dieses Thema haben werden. Aber ich weiß um die Gefahr, nichts zu tun. Nichts zu versuchen, wäre ein großer Fehler“, sagt die EZB-Chefin.

Die Eule als Alternative zu Falken und Tauben hat Lagarde sich bewusst ausgesucht. Ihr Argument: Das sei ein besonders weises Tier.

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