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Wie laufen sie denn demnächst, wenn kein Wasser mehr im Wegwerfbecher gereicht werden darf?

© dpa

Neue EU-Richtlinie: Brüsseler Plastikverbot lässt deutsche Entsorgungswirtschaft jubeln

Die EU verbietet Wegwerfartikel aus Plastik und schreibt eine höhere Recyclingquote vor. Ziel ist vor allem der Schutz der Weltmeere.

Kunststoffe sind unverzichtbar für Konsum und Produktion in der globalen Wirtschaft. Kunststoffe sind gleichzeitig als Gefahr von Mensch und Tier in Verruf geraten. Die Meere sind voll mit Plastik, und inzwischen wird Mikroplastik auch in Stuhlproben von Menschen gefunden. EU-Umweltkommissar Karmenu Vella packte das Problem mit dem Plastik jetzt in ein ungewöhnliches Bild: „Wenn es so ist, dass du in einem Jahr deinen Fisch in einer Plastiktüte nach Hause bringst und im nächsten Jahr bringst du dann die Tüte im Fisch mit, dann müssen wir hart arbeiten.“ Das hat geklappt.

30 Prozent Rezyklate ab 2030

Im November hatte die österreichische Ratspräsidentschaft angekündigt, die Trilogverhandlungen mit Kommission, Parlament und Europäischem Rat noch 2018 abschließen zu wollen. „Dieses Versprechen hat sie eindrucksvoll eingelöst“, freute sich die deutsche Entsorgungswirtschaft, nachdem sich die Umweltpolitiker in Brüssel auf ein Verbot von bestimmten Plastik-Einwegartikeln ab 2021 verständigt hatten. Dazu gehören Plastikteller- und -besteck, Strohhalme und Rührstäbchen. Andere Produkte, für die es keine stoffliche Alternative gibt, werden reguliert. So müssen PET-Einwegflaschen bis 2025 zu mindestens 25 Prozent aus Kunststoffrezyklaten hergestellt werden; bis 2030 soll der Anteil von Rezyklaten an allen Einwegkunststoffen auf 30 Prozent steigen.

Meilenstein für die Kreislaufwirtschaft

Die neue EU-Richtlinie sei „ein Meilenstein für die Kreislaufwirtschaft“, freute sich Peter Kurth, Chef des Bundesverbandes der Entsorgungswirtschaft (BDE). Die Recyclingbranche verspricht sich von dem Mindestanteil an Rezyklaten bei neuen Produkten eine deutlich höhere Nachfrage nach Reyclingrohstoffen und damit einen Schub für ihr Geschäft.

Ziel der EU ist vor allem der Schutz der Weltmeere. Allerdings stammt nur ein Bruchteil des Plastiks in den Ozeanen aus Europa: Mehr als 80 Prozent sind Schätzungen des BDE zufolge asiatischen Ursprungs; die Philippinen, Indonesien und China gelten als Hauptverschmutzer.

Hierzulande ist die kunststoffverarbeitende Industrie mit knapp 3000 Unternehmen und 323 000 Beschäftigten ein bedeutender Wirtschaftszweig. Viele Produkte werden für den Transport oder aus Gründen der Haltbarkeit oder Hygiene in Kunststoffe gepackt. Nach Angaben des Dachverbandes der Kunststoffwirtschaft würde ein Ersatz von Folien, Bechern und anderen Plastikverpackungen durch Glas, Papier oder andere Materialien den Energieverbrauch mindestens verdoppeln. Unter anderem wegen des höheren Gewichts und des sich daraus ergebenden Transportaufwands, argumentiert der Verband.

In den Export geht kaum noch Plastikmüll

In der Bundesrepublik wurden 2017 knapp zwölf Millionen Tonnen Kunststoff verbraucht. Davon entfielen 3,14 Millionen Tonnen auf Verpackungen, 2,65 Millionen auf die Bauwirtschaft, 1,1 Millionen auf die Autoindustrie sowie knapp eine Million auf die Elektronikbranche. Von den sechs Millionen Tonnen Kunststoffabfall, die im Jahr nach Angaben der Entsorgungswirtschaft hierzulande anfallen, werden 2,8 Millionen Tonnen wiederverwertet und 3,2 Millionen Tonnen verbrannt. In den Export gehen den Angaben zufolge nur noch geringe Mengen, nachdem die Chinesen vor einem Jahr einen Einfuhrstopp verhängt hatten.

Bücher nicht mehr eingeschweißt

Das Bewusstsein für einen nachhaltigen Umgang mit Kunststoffen versucht die EU seit Jahren mit Vorgaben und Versuchen der Selbstverpflichtung zu erhöhen. 2015 hatte die Kommission eine Richtlinie mit dem Ziel verabschiedet, den Verbrauch von Plastiktüten bis 2019 auf 90 Stück pro Kopf zu reduzieren. 2025 sollen es dann nur noch 40 Tüten je Europäer sein. Geradezu vorbildlich sind die Deutschen mit jetzt schon 29 Tüten. Offenkundig wirkt sich aus, dass für die meisten Beutel inzwischen Geld gezahlt werden muss. Mit weniger Plastik will künftig der Münchener Hanser-Verlag arbeiten. Vom Herbstprogramm 2019 an sollen nur noch „hochpreisige Bände mit besonderer Ausstattung“ eingeschweißt werden. Allein in der Literatursparte von Hanser werden bislang rund zwei Millionen Bücher pro Jahr in Kunststoff gepackt. Damit Handel und Leser das Buch ohne Plastikschutzhülle auch akzeptieren, müssten „möglichst viele Verlage mitziehen“, heißt es bei Hanser.

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