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Olaf Scholz hat den Chef der Bafin in Schutz genommen.

© imago images/Christian Spicker

Nach Wirecard-Skandal: So will Olaf Scholz die Finanzaufsicht umbauen

Der Finanzminister will die Bafin reformieren, um künftig Bilanzfälschungen zu verhindern. Der Opposition gehen die Vorschläge nicht weit genug.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz will als Konsequenz aus dem Bilanzskandal um den Zahlungsdienstleister Wirecard die Finanzaufsicht umbauen. Es sei jetzt Aufgabe des Gesetzgebers, Schutzmechanismen zu prüfen und zu verbessern, sagte der SPD-Politiker der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS).

"Niemand sollte bloß die Luft anhalten und hoffen, dass nichts passiert. Wir müssen in allen Bereichen klären, was schief gelaufen ist." Nötig seien ein unmittelbares Durchgriffsrecht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) und eine Abschaffung des bisherigen zweistufigen Prüfverfahrens. Die Bafin brauche die Möglichkeit, jederzeit Sonderprüfungen in großem Umfang umsetzen zu können.

Zudem wolle er der Behörde mehr Durchgriffsrechte bei der Kontrolle von Bilanzen geben - unabhängig davon, ob der Konzern eine Banksparte habe oder nicht, sagte Scholz.

Große Zahlungsdienstleister sollten generell der Finanzaufsicht unterliegen. "Ich habe mir für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft vorgenommen, dieses Thema voranzutreiben. Rechtliche Hürden, die eine umfassende Aufsicht verhindern, müssen weg."

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Veränderungen kündigte der Minister auch bei den Wirtschaftsprüfern an, denen die Manipulationen bei Wirecard jahrelang nicht aufgefallen waren. "Es wird zu diskutieren sein, ob Wirtschaftsprüfer häufiger rotieren müssen", sagte Scholz. "Wir müssen auch überlegen, ob es funktioniert, wenn eine Gesellschaft ein Unternehmen gleichzeitig berät und prüft."

Eine höhere Haftung der Wirtschaftsprüfer sieht Scholz dagegen skeptisch. "Wenn die Idee einer höheren Haftung nur die Ausrede dafür ist, sonst nichts zu tun, dann ist das kein kluger Weg."

Scholz nimmt Behördenchef in Schutz

Für eine wirksamere behördliche Kontrolle stellte Scholz einen personellen Ausbau der Bafin in Aussicht. "Wenn wir zu dem Ergebnis kommen, dass die Bafin mehr Geld, mehr Stellen und mehr Kompetenzen benötigt, werde ich mich dafür einsetzen, dass das passiert."

Den Behördenchef Felix Hufeld nahm er gegen Kritik in Schutz. "Er drückt sich nicht vor den Problemen und schaut auch kritisch auf das eigene Handeln", lobte Scholz. "Wenn das alle so machen wie er, werden wir zu guten Ergebnissen kommen." Hufeld selbst verteidigte jüngst vor Finanzexperten des Bundestags die Bonner Finanzaufsicht vor Kritik.

Scholz betonte zudem, sein Finanzstaatssekretär Jörg Kukies als Verwaltungsratschef der Bafin habe "sehr gute Arbeit, auch in dieser Angelegenheit" gemacht. In der Wirecard-Bilanz fehlen 1,9 Milliarden Euro, weswegen der Zahlungsabwickler - als erster Dax-Konzern - zuletzt Insolvenz anmelden musste.

Opposition gehen Reformvorschläge nicht weit genug

Die Opposition fordert weitgehende Änderungen rund um die Aufsicht. "Am wichtigsten wäre, dass die Koalition dafür sorgt, dass die Bafin sich wirklich effektiv um die großen Risiken kümmern kann und sich nicht im Klein-Klein verzettelt", sagte der finanzpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Florian Toncar, dem "Handelsblatt". "Es wäre geradezu die Spitze der Absurdität, wenn die Bafin nach diesem Skandal jetzt auch noch die Aufsicht über 38.000 kleine, meist selbstständige Finanzvermittler übernehmen würde."

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Aus Sicht von Linksfraktions-Vize Fabio De Masi muss eine Reform der Finanzaufsicht einhergehen mit personellen Konsequenzen. Er halte Behördenchef Hufeld und die Exekutivdirektorin für Wertpapieraufsicht, Elisabeth Roegele, für "diesen Kulturwandel in der Bafin weiter nicht befähigt", erklärte De Masi.

Dem grünen EU-Parlamentarier Sven Giegold gehen Scholz' Reformvorschläge nicht weit genug. Mehr Personal und ein paar mehr Kompetenzen änderten nichts Grundlegendes: "Wir brauchen eine Bafin, die die großen Risiken und Missstände aufdeckt statt bürokratisch zu verwalten." (Reuters)

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