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In Erklärungsnot. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU).

© dpa

Nach massiven Vorwürfen gegen Opel: Politiker und Verbände werfen Dobrindt Versagen vor

Eigentlich hatte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) zahlreiche Diesel-Autos auf mögliche Abgasmanipulationen testen lassen. Nun kommen Zweifel auf, wie genau die Behörden waren.

Verkehrspolitiker und Umweltverbände werfen Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) Versagen in der Abgasaffäre vor. Grüne und Linke beantragten am Freitag im Bundestag die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses. Sie werfen Dobrindt vor, die Autobranche in Schutz zu nehmen und die Aufklärung über zu hohe Schadstoffwerte bei Dieselautos zu verschleppen. Wiederholte Manipulationsvorwürfe gegen den Autohersteller Opel veranlassten Dobrindt am Freitag, Opel-Vertreter ins Ministerium vorzuladen. Der Minister erklärte, Berichte über mutmaßliche Abgastricks bei der GM-Tochter seien dem Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) zur Prüfung vorgelegt worden, ähnlich wie im Fall Fiat.
Zuvor hatten die Deutsche Umwelthilfe (DUH), das WDR-Magazin „Monitor“ und der „Spiegel“ berichtet, neben dem Opel-Familienvan Zafira stoße auch das von Opel am meisten verkaufte Kompaktmodell Astra deutlich mehr Stickoxid aus als gesetzlich vorgeschrieben ist. Abgase bei diesem Massenmodell würden erst ab einer Außentemperatur von 17 Grad gereinigt.

Greenpeace fordert Dobrindt zum Rücktritt auf

Verkehrspolitiker und Umweltverbände werten die Entwicklung als Beleg dafür, dass Dobrindts Untersuchungskommission und das dem Ministerium unterstellte KBA mangelhaft geprüft haben, ob neben VW auch andere Hersteller Abgaswerte falsch angeben. Dobrindt hatte nach Bekanntwerden der Abgasmanipulation bei Volkswagen Tests an „relevanten“ Dieselfahrzeugen in- und ausländischer Hersteller angeordnet. Dabei waren teilweise deutlich zu hohe Stickoxid- Emissionen festgestellt und freiwillige Rückrufaktionen mit einigen Unternehmen vereinbart worden.
Doch die Maßnahmen griffen offenbar zu kurz, wie Kritiker sagen. Sie machen Verkehrsminister Dobrindt dafür verantwortlich. Die Umweltorganisation Greenpeace forderte am Freitag seinen Rücktritt. „Wenn Dobrindts jüngster Untersuchungsbericht sogar massive Schummeleien bei Opel übersieht, dann ist seine gesamte Aufklärungsarbeit der vergangenen sieben Monate wertlos“, sagte ein Sprecher. „Dobrindt muss jetzt Platz machen für einen Verkehrsminister, der diesen Skandal tatsächlich aufklärt.“

SPD-Fraktionsvize Bartol sieht Handlungsbedarf im Ministerium

Der CSU-Minister „kommt seinen Aufsichtspflichten nicht nach“, sagte auch Michael Ziesak, Bundesvorsitzender des ökologischen Verkehrsclubs VCD. Mit Blick auf die massiven Vorwürfe gegen Opel und andere Hersteller müsse man sich die Frage stellen, „ob staatliche Institutionen wie das KBA ihren Aufgaben überhaupt noch gerecht werden“. Sören Bartol, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, forderte Dobrindt zum Handeln auf. „Die Untersuchungskommission von Herrn Dobrindt muss hier aktiv werden und aufklären, was an der Sache dran ist“, sagte Bartol dem Tagesspiegel. Die neuen Vorwürfe gegen Opel seien sehr weitreichend. „Das darf nicht einfach so im Raum stehen bleiben“, sagte Bartol. Autohersteller müssten sich in Deutschland an Recht und Gesetz halten. „Dobrindt beherrscht die ,Kultur des Wegschauens’ wie kein anderer“, sagte Stephan Kühn, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion. „Er betreibt unverändert Pseudoaufklärung und stellt sich weiter schützend vor die Automobilindustrie.“ Herstellern von Dieselautos, deren Abgasreinigung nur auf dem Papier oder bei Cabriowetter funktioniere, müssten nicht etwa den Entzug der Typgenehmigung fürchten, sondern würden mit einer freiwilligen Rückrufaktion weitgehend in Ruhe gelassen. "Systematische Nachkontrollen (Feldüberwachung) von bereits im Verkehr befindlichen Fahrzeugen, werden von Dobrindt nicht erwogen", kritisierte Kühn. Dabei müssten Autos auch nach mehreren Jahren der Nutzung und nicht nur bei der Zulassung, die Abgasgrenzwerte einhalten.

Umwelthilfe: Zulassung für Opel-Fahrzeuge stoppen

Die DUH forderte einen umgehenden Zulassungsstopp für alle Opel-Diesel- Pkw und -Nutzfahrzeuge. Der Hersteller müsse die betroffenen Modelle zurückrufen. Im Raum steht der Vorwurf, dass etwa beim Modell Zafira die Schadstoffminderung nur ganz selten bestimmungsgemäß arbeite. „Der Opel Zafira arbeitet zu 90 Prozent der Zeit in einem nicht-legalen Modus“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Ähnliche Vorwürfe gibt es gegen das Modell Astra.
Opel verwahrte sich erneut gegen die Vorwürfe. „Die isolierten Erkenntnisse eines Hackers spiegeln nicht die komplexen Zusammenhänge eines modernen Abgasreinigungssystems wider“, erklärte das Unternehmen. Ein Computerexperte hatte den Medienberichten zufolge die geheime Motorsteuerungssoftware von Opel gehackt, um ihre Wirkungsweise im Straßenverkehr nachvollziehen zu können. Bereits am Donnerstag sagte ein Opel-Sprecher: „Unsere Software war nie darauf ausgelegt zu täuschen oder zu betrügen.“

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