zum Hauptinhalt
Mit neun Milliarden Euro Staatshilfen will Carsten Spohr die Krise bewältigen und wettbewerbsfähiger sein als zuvor.

© dpa

Nach der Rettung der Lufthansa: Vorstand will Staatshilfe bis 2023 zurückzahlen

Carsten Spohr kündigt „tiefe Restrukturierung“, langfristig 100 Flugzeuge weniger und Verhandlungen mit den Gewerkschaften über Arbeitszeitverkürzung an.

Man befinde sich in „interessanten Zeiten“ sagte Carsten Spohr am Mittwoch in einer Telefonkonferenz mit Analysten und Journalisten. Das kann man wohl sagen. Der Lufthansa-Chef bedankte sich bei den Regierungen von Belgien, Österreich, der Schweiz und Deutschland für ihre Milliardenhilfen, die dem Konzern mit seinen Töchter (Austrian Airlines, Swiss, Brussels Airlines, Eurowings) das Überleben in der Coronakrise sichern. Die aus dem Ausland stammenden zwei Milliarden Euro würden von den neun Milliarden, die von der deutschen Regierung bereitgestellt werden, abgezogen, kündigte Spohr an. Statt der zugesagten drei Milliarden Euro an Krediten der KfW werde man nur eine Milliarde brauchen, sagte der Vorstandschef.

"Schneller und schlanker"

Mit der Hilfe der Bundesregierung, die dem Konzern Kredite und eine Eigenkapitalbeteilung gewährt, bliebe alles in allem ein „großes Paket“, das die Lufthansa zu tragen habe. „Langfristig werden wir erfolgreich sein“, sagte Spohr und betonte das Ziel, bis 2023 die Hilfen zurückzahlen. Nach der „tiefen Restrukturierung“, über die das Management derzeit mit den Gewerkschaften verhandelt, werde die Lufthansa „schneller, schlanker und wettbewerbsfähiger“ sein als zuvor und ihre Marktführerposition in Europa verteidigen.

Krise dauert bis 2023

Der Flugverkehr werde jedoch „für viele Jahre“ unter dem Volumen der Vor-Coronazeit bleiben, befürchtet Spohr und will deshalb langfristig mit weniger Maschinen fliegen. Im April und Mai hatte der Konzern 700 seiner 763 Flugzeuge geparkt. Und obwohl in diesen Tagen der Verkehr wieder langsam steigt, rechnet die Lufthansa 2021 noch immer mit 300 und 2022 mit 200 geparkten Flugzeugen. Selbst nach dem Ende der Krise, das Spohr für 2023 erwartet, geht der Konzern von einer immer noch um 100 Flugzeuge kleineren Flotte aus.

87 000 in Kurzarbeit

Die aktuelle Belegschaftsstärke von 137 000 Mitarbeitern sei deshalb nicht halten. Am liebsten würde Spohr den Kapazitätsabbau mit Arbeitszeitverkürzungen ohne Lohnausgleich erreichen. Bei Piloten und Technikern ist das vermutlich möglich, aber bei den wenig verdienenden Flugbegleitern schwer vorstellbar. Bis Ende Juni möchte Spohr die Verhandlungen mit den Gewerkschaften Verdi, VC Cockpit und Ufo abschließen.

Derzeit befinden sich 87 000 Lufthansa-Beschäftigte in Kurzarbeit. Bei Brussels Airlines soll die Flotte um 30 Prozent und die Belegschaft um 25 Prozent schrumpfen. Bei Austrian Airlines wird die Flotte um ein Fünftel verkleinert; hier hat man sich bereits auf eine Senkung der Personalkosten um 20 Prozent verständigt. Und obwohl der Konzern die Fixkosten nach eigenen Angaben bereits um ein Drittel gesenkt, werden monatlich 800 Millionen Euro verbrannt. „Darüber hinaus werden vor allem die Erstattung von stornieren Flugtickets und die Fälligkeit von Finanzverbindlichkeiten unser Liquiditätsentwicklung absehbar belasten“, sagte Finanzvorstand Thorsten Dirks. Allein die Ticketerstattungen machen fast zwei Milliarden Euro aus. Der Konzern baut die Kapazitäten in den Callcentern aus und strebt monatlich Rückzahlungen im dreistelligen Millionenbereich an. „Aufgrund der hohen Zahl der Rückerstattungswünsche kann es dennoch zu Wartezeiten kommen.“

2,1 Milliarden Euro Verlust

Das erste Quartal hat die Lufthansa mit einem Verlust von 2,1 Milliarden Euro abgeschlossen. Wertberichtigungen auf stillgelegte Flugzeuge (266 Millionen Euro), die LSG Nordamerika (100 Millionen) und Eurowings (57 Millionen) belasteten das Ergebnis. Besonders teuer war die Treibstoffkostenabsicherung mit 950 Millionen Euro aufgrund des abgestürzten Ölpreises. Die Nettoverschuldung betrug zum 31. März 6,4 Milliarden Euro, die Barreserven lagen bei 4,3 Milliarden.

Maskenpflicht im Flugzeug

Von Mitte Juni an soll es rund 2000 wöchentliche Verbindungen zu mehr als 130 Zielen geben. Bis September soll 40 Prozent der ursprünglichen Kapazität am Markt sein. „Die Zahl der Destinationen steigt auf 70 Prozent des ursprünglichen Plans bei den Langstrecken und 90 Prozent bei den Kurzstrecken“, teilte Lufthansa mit. Umfangreichen Hygienemaßnahmen und die Einführung einer „Maskenpflicht an Bord“ solle Kunden und Mitarbeiter vor dem Coronavirus schützen. Beim Boarding werden die einsteigenden Passagiere nach Zonen aufgeteilt, so dass die Bildung großer Warteschlangen vermieden wird. Die Passagiere erhalten vor Betreten des Flugzeugs ein Desinfektionstuch, und die Kabinen werden nach der Landung desinfiziert.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false