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Die Bundesverfassungsrichter haben sich mit der Rolle der EZB befasst.

© dpa

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Die Macht der Europäischen Zentralbank bleibt ungebrochen

Die Bankenaufsicht durch die EZB ist verfassungskonform - die beste Lösung ist sie aber nicht. Das Ansehen der Zentralbank steht auf dem Spiel. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Carla Neuhaus

Wie viel Macht darf die Europäische Zentralbank (EZB) haben? Diese Frage hat eine Gruppe um den Berliner Finanzwissenschaftler Markus Kerber dem Bundesverfassungsgericht gestellt. Denn die EZB steuert nicht nur die Geldpolitik in der Eurozone, sondern beaufsichtigt auch die Großbanken. Die Richter in Karlsruhe halten das in ihrem Urteil nun zwar für vereinbar mit der Verfassung. Aber nur weil etwas rechtlich in Ordnung ist, heißt das nicht, dass es auch der beste Weg ist.

Als Zentralbank bringt die EZB das Geld in den Umlauf. Als Aufseher kontrolliert sie die Banken, die damit arbeiten. Das sind zwei Aufgaben, die bewusst getrennt werden müssen. Fallen sie dagegen in die Hand derselben Institution, gewinnt diese enormen Einfluss.

Vorwerfen muss man das aber nicht der EZB, sondern der Politik. Sie hat nach der Finanzkrise entschieden, der Zentralbank neben der Geldpolitik auch noch die Bankenaufsicht zu übertragen. Das war die einfachste Lösung, so mussten sie nicht die Europäischen Verträge ändern. Dafür aber hat die Politik EZB-Chef Mario Draghi damit in eine schwierige Situation gebracht. Das müsste sie jetzt zunächst korrigieren und nachträglich die Bankenaufsicht von der EZB abkoppeln. Das wäre sauberer und würde die Zentralbanker vor Interessenskonflikten bewahren.

Doch selbst wenn sie das täte, blieb ein anderes Problem: Seit der Eurokrise kauft die EZB Anleihen der Eurostaaten auf. Das hat Ländern wie Griechenland und Italien ein Stück weit den Reformdruck genommen. Und so verschwimmt zunehmend die Grenze zwischen Politik und Geldpolitik. Eine heikle Entwicklung – bei der die Unabhängigkeit der Zentralbank auf dem Spiel steht. Nur wenn dieses höchste Gut gewahrt ist, vertrauen die Menschen langfristig in die EZB, also in den Euro.

Doch in mehreren Ländern wächst der Einfluss der Politik auf die Zentralbanken. Etwa in der Türkei, wo Präsident Recep Tayyip Erdogan den Zentralbankchef entlassen hat, nachdem er die Zinsen nicht senken wollte. Sein Nachfolger reduzierte prompt die Zinsen. Ein solches Einlenken würde sich US-Präsident Donald Trump auch von der US-Notenbank Fed wünschen. Auf Twitter wettert er immer wieder gegen ihre Geldpolitik. Die Zinssenkung, die die Fed an diesem Mittwoch verkünden könnte, etwa kritisiert er schon im Vorfeld als zu gering.

Immerhin: Von solchen Einmischungen ist die deutsche Politik noch weit entfernt. So sollte es auch bleiben.

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