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Kommt noch mehr? Die Politik erwartet, dass weitere Hersteller in den kommenden Tagen „Umsteigeprämien“ anbieten werden.

© Maurizio Gambarini/dpa

Nach dem Diesel-Gipfel: Sauber mit Software

Reichen Updates für Euro-5-Diesel? Verkehrsminister Dobrindt und der Autoverband VDA sagen ja. Nicht mitmachen wollen die Importeure.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat die beim Dieselgipfel erzielten Vereinbarungen mit der Autobranche verteidigt. Er sei „ganz zuversichtlich, dass wir mit diesen Entscheidungen Fahrverbote vermeiden“, sagte er am Donnerstag am Rande eines Gesprächs mit Obleuten mehrerer Bundestagsausschüsse. So seien für alle 28 deutschen Städte mit besonders hoher Luftverschmutzung eigene Analysen und Maßnahmen zur Schadstoffreduzierung vorgesehen. Bedeutend seien neben Software-Updates von Autos der Emissionsklassen Euro 5 und 6 auch die von den deutschen Herstellern zugesagten Umstiegsprämien für Besitzer älterer Diesel-Modelle, sagte Dobrindt. „Das wird erst in den nächsten Tagen auch richtig wahrgenommen werden, wenn die Automobilunternehmen konkret die Angebote bekanntgeben.“

Doch die Zweifel sind groß, ob die vereinbarten Maßnahmen die Stickoxidbelastung tatsächlich wie von der Industrie versprochen um 25 bis 30 Prozent reduzieren. 80 Milligramm Stickstoffoxide (NOx) pro Kilometer sind die magische Zahl, die Neuwagen vom 1. September an, auch im realen Straßenverkehr einhalten müssen. Denn dann gelten die neuen EU-Vorgaben.

Dass die neuen Euro-6-Dieselfahrzeuge bisher im Schnitt auf 767 Milligramm NOx pro Kilometer im Realbetrieb kommen, ist rechtlich derzeit noch nicht relevant. Denn 80 Milligramm müssen sie nur auf dem Rollenprüfstand erreichen, um zugelassen zu werden. Darauf weist Eckehart Rotter, Sprecher des Verbands der deutschen Autoindustrie (VDA) hin. Die Straßenwerte hatte das Umweltbundesamt (UBA) für das „Handbuch für Emissionsfaktoren des Straßenverkehrs“ in diesem Frühjahr ermittelt.

Volkswagen hat angeblich beides im Griff: NOx und CO2

Die Euro-5-Dieselfahrzeuge liegen deutlich darüber. Sie kommen im Schnitt auf 906 Milligramm NOx pro Kilometer. Der Grenzwert liegt hier bei 180 Milligramm. Euro-4-Diesel liegen dagegen mit 674 Milligramm NOx pro Kilometer bei einem Grenzwert von 250 Milligramm ziemlich nah an den Werten der Euro-6-Diesel. Nun soll ein Software-Update die schlechten Euro-5- und Euro-6- Werte verbessern. Beim Euro-6-Diesel ist es leicht zu verstehen, was ein Software-Update bringen kann. Denn dort hat die Software bei einer ganzen Reihe von Fahrzeugen ja die Abschaltung der Abgasreinigung mit Harnstoff gesteuert. Nach den Erfahrungen des Umweltbundesamts selbst bei Außentemperaturen, die sich dem langjährigen Jahresdurchschnitt von knapp zehn Grad näherten. Wenn also die Software künftig bewirkt, dass die Abgase über den sogenannten Ad-Blue-Tank, also die Harnstoffreinigung, geführt werden, dann müsste das die Abgaswerte verbessern.

Bei Euro-5-Dieselfahrzeugen ist das nicht möglich, denn sie haben keine Ad-Blue-Einspritzung, die die Abgase reinigen könnte. VDA-Sprecher Rotter sagt aber, dass im Fall von VW neue Software geschrieben worden sei, die den Motor und die Abgasreinigung auch bei Euro-5- Fahrzeugen so steuern könne, dass der aus Abgas- und Verbrauchssicht ideale Temperaturzustand des Motors in einem größeren Spektrum von Außentemperaturen gehalten werden könne. Das senke dann den NOx-Ausstoß und halte zugleich den Verbrauch stabil. Warum Kunden diese Software freiwillig aufspielen sollten, weiß Rotter auch. Ohne diese Software, würden sie „einen beträchtlichen Wertverlust für die Fahrzeuge erleiden“.

Importeure können sich nicht festlegen

Vergrößern ließe sich der Umwelteffekt von Software-Updates, wenn sich auch ausländische Hersteller, die einen Marktanteil von 35 Prozent in Deutschland haben, beteiligen würden. Doch der Verband der internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK), dessen Präsident Reinhard Zirpel mit am Gipfel-Tisch saß, legt sich nicht fest: „Wir können nicht für 34 Hersteller sprechen, wenn es keine gemeinsame Position gibt“, sagte ein VDIKSprecher dem Tagesspiegel. „Wir haben keine Rückmeldungen aus den Konzernen bekommen.“ Der VDIK schiebt dies auch auf die schlechte Vorbereitung des Diesel-Gipfels durch das Verkehrsministerium, die auch andere Teilnehmer kritisierten. Es sei bis zuletzt unklar gewesen, wie viele Fahrzeuge in Deutschland nachgerüstet werden müssen und wie stark die NOx-Belastung zu reduzieren sei. „Zum Zeitpunkt des Gipfels konnten wir uns nicht festlegen“, sagte der Sprecher. Verkehrsminister Dobrindt hatte dies als „nicht akzeptabel“ kritisiert.

„Die Wahrscheinlichkeit, dass französische oder italienische Autos wesentlich sauberer sind als deutsche, halte ich für gering“, sagte auch Stephan Weil (SPD), niedersächsischer Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat, dem „Focus“. „Hoffentlich finden die deutschen Zulassungsbehörden einen Weg, wie sie auch den ausländischen Unternehmen auf die Füße steigen können.“ Laut VDIK liegt der Diesel-Anteil der ausländischen Modelle auf deutschen Straßen bei 26 Prozent.

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