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Saelzer

© dpa

Modekonzern: Escada-Chef fürchtet Insolvenz

Die Restrukturierung des Konzerns Escada muss bis Ende Juli gelingen – sonst droht das Aus. Die Aktionäre des um seine Existenz kämpfenden Damenmodeherstellers tragen bereits Trauer.

München -  „Wir stehen kurz vor dem Abgrund und erleben vielleicht die letzte Hauptversammlung eines einst wunderbaren Unternehmens“, sagte eine Anteilseignerin vor Leidensgenossen auf der Hauptversammlung am Dienstag in München. Die pflichteten ihr reihenweise bei. „Katastrophe, inkompetente und gierige Manager, schlimmer geht es nicht mehr“, kritisierten diverse Miteigner. Begräbnisatmosphäre machte sich breit.

Viel Hoffnung konnte auch Escada-Chef Bruno Sälzer nicht spenden, der seit Mitte 2008 im Amt ist. Der Manager legte zwar einen Sanierungsplan vor, der Belegschaft, Aktionäre und Gläubiger zur Ader lassen und bei Banken neue Kredite locker machen soll, stellte aber auch unmissverständlich klar, dass es nicht viel Spielraum gibt. „Wenn eine Gruppe nicht mitmacht, überlebt Escada nicht.“ Zudem bestehe erheblicher Zeitdruck. Bis spätestens Ende Juli müsse alles klar sein. „Die einzige Alternative wäre die Insolvenz“, betonte der frühere Chef des Herrenmodekonzerns Boss. Damit sprach er erstmals öffentlich von einer drohenden Pleite des Unternehmens. Aktionäre äußerten sich besorgt. „Wir stehen vor einem Scherbenhaufen“, sagte Christoph Öfele von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger.

Sälzer muss gleich mit mehreren Unbekannten operieren. Als größte Hürde für die Sanierung gilt die Umschuldung einer Anleihe über 200 Millionen Euro, deren Zeichner dem neuen Plan zufolge auf einen „signifikanten“ Teil ihres Einsatzes verzichten sollen. Im Gespräch sind dem Vernehmen nach, dass rund drei Viertel der Summe erlassen werden. Sind die betroffenen institutionellen und privaten Anleger dazu nicht bereit, ist das auch das Ende des Rettungsplans. Und auch das Münchner Traditionsunternehmen, das einmal die weltweit größte Damenmodemarke war, dürfte dann am Ende sein.

Abgesehen vom Schuldenerlass braucht Escada aber auch dringend frisches Geld. Sälzer rechnet mit einem Bedarf von 30 Millionen Euro per Kapitalerhöhung und neuen Krediten. Bestehende Kreditlinien von 60 Millionen Euro sind eingefroren, weil auch Banken eine Pleite befürchten.

Ihre Hilfe bereits zugesagt haben ein weiteres Mal die Hamburger Herz-Brüder, die zwei Drittel der Kapitalerhöhung garantieren. Sie waren im vergangenen Jahr bei Escada eingestiegen und hatten für gut 35 Millionen Euro rund ein Viertel der Anteile erworben. Das hatte schon damals Schlimmeres verhindert.

Für das langfristige Überleben ist der Konzern vor allem auf die Unterstützung durch die Hypo-Vereinsbank angewiesen, die als Hausbank die weitere Finanzierung absichern müsste.

Neben Unternehmenschef Sälzer wurden die Tchibo-Erben Herz von den Kleinanlegern am Dienstag als die einzigen gefeiert, die Escada noch retten können. An den früheren Verantwortlichen ließen die Miteigner dagegen kein gutes Haar. Das gesamte Spitzenpersonal, das inzwischen weitgehend ausgewechselt wurde, habe versagt. Von 30 Topmanagern hätten 22 ihren Job verloren, stellte Sälzer klar. „Das sagt alles“, kommentierte ein erboster Aktionär.

Auch Sälzer prangerte Managementfehler seiner Vorgänger an. Das Haus Escada müsse nicht nur neu angestrichen, sondern in weiten Teilen neu gebaut werden, sagte er. Das Vorjahr brachte 70 Millionen Euro Verlust bei einem um 15 Prozent auf 582 Millionen Euro eingebrochenen Umsatz. In diesem Jahr geht die Talfahrt kaum vermindert weiter. „Viel schlimmer geht es gar nicht mehr“, kommentierte Aktionärsschützer Öfele.

Um überhaupt die rechtliche Voraussetzung für eine Kapitalerhöhung zu schaffen, musste die Hauptversammlung einer Grundkapitalherabsetzung um fast die Hälfte zustimmen. Diese war nötig, da das Eigenkapital durch die hohen Verluste des vergangenen Geschäftsjahres unter das Grundkapital gesunken ist. Diese Unterdeckung musste zunächst aufgelöst werden, um neue Aktien ausgeben zu können. Der Escada-Börsenkurs liegt weit unter dem Nennwert der Aktie.

„Wir müssen zustimmen, weil es die Not nicht anders zulässt“, knurrte ein Aktionär. Wie viele andere kann er nicht verstehen, dass gefeuerte Ex-Vorstände für ihr Versagen noch 4,3 Millionen Euro Abfindung kassiert haben. „Abzockermentalität“ nannte er das – und erhielt dafür breiten Beifall der Mitaktionäre.

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