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Wie grün sind Elektroautos? Kommt auch auf den Strommix an.

© Illustration: Sabine Israel

Mobilität und Klimaschutz: Warum ein Elektroauto allein noch keine Lösung ist

Elektroautos haben eine bessere Ökobilanz als Verbrenner. Doch für den Klimaschutz ist das nicht genug – der "Kraftstoff" ist langfristig das Hauptproblem.

Der Streit um die Auswirkungen von Elektroautos auf die Umwelt ist eigentlich entschieden: Eine gute Ökobilanz haben kleine Autos mit kleinen Batterien und einem hohen Anteil an Grünstrom beim Laden. Schwere Elektroautos mit großen Batterien, die mit dem normalen Strommix geladen werden, haben einen großen ökologischen Fußabdruck. Woran genau liegt das?

Erneuerbare Energien liefern nur rund ein Drittel des deutschen Stroms. Der Rest stammt zum Teil aus schmutzigen Braunkohlekraftwerken. Denkt man diesen Umstand mit, können also auch Elektroautos die Luft verpesten. Hinzu kommt: Eine komplette Ökobilanz fängt schon bei der Herstellung an. In einem Elektroauto ist die Batterie mit dem Motor in einem Verbrenner vergleichbar. Bei der Produktion entstehen entsprechend viel Emissionen, zum Beispiel beim Schürfen der Rohstoffe, die in einer Batterie verbaut sind.

Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik bestätigte in einem Bericht für das Bundesverkehrsministerium, dass Elektrofahrzeuge im Vergleich zu Verbrennern in der Phase der Herstellung höhere Umweltwirkungen aufweisen. Diese könnten aber während der Nutzung wieder ausgeglichen werden. Wie lange ein E-Mobil fahren muss, bis es seine Ökoschuld aus der Produktionsphase abgearbeitet hat, hängt davon ab, wie grün der Ladestrom und wie groß seine Batterie ist: Ein kleines Elektroauto kann es mit 30.000 gefahrenen Kilometern schaffen, ein großes braucht schon 100.000 Kilometer, wie jüngst eine Studie im Auftrag der schwedischen Energieagentur ergab. Das deckt sich mit Berechnungen des IFEU-Instituts.

Elektromobilität allein ist nicht die Lösung

Das Deutsche Luft- und Raumfahrzentrum hat mit dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie den Rohstoffverbrauch der Elektromobilität berechnet. In ihrer Studie für das Bundesforschungsministerium heißt es, der größere Materialbedarf der Elektroautos könne künftig zwar reduziert werden. Wirklich gering werde er aber nie sein. „Die Elektrifizierung der Pkw-Flotten allein ist demnach nicht geeignet, den Materialbedarf des Pkw-Verkehrs in Deutschland gegenüber einer Flotte ohne elektrische Antriebe weiter zu senken“, schreiben die Autoren. Um dieses Ziel zu erreichen, müsste mehr geschehen – zum Beispiel müssten Autos länger gefahren werden, um den Materialverbrauch pro Kilometer zu senken.

Ein Vorteil von Elektroautos bleibt indes: Beim Fahren haben sie im Vergleich zu Benzinern oder Dieselautos eine blitzsaubere Ökobilanz. Giftige Stickoxide, Benzol oder Kohlenmonoxid sind kein Thema. Mehr E-Autos wären also besonders für Anwohner von Hauptverkehrsstraßen ein Vorteil. Denn allein auf Stickoxide sind jährlich 6000 vorzeitige Todesfälle durch Herz- und Kreislauferkrankungen zurückzuführen, berechnete kürzlich das Umweltbundesamt. Vergleichbare Zahlen hatte die Europäische Umweltagentur schon 2016 in einem Bericht zur Luftqualität in Europa vorgelegt.

Doch auch bei den Emissionen sind Elektroautos nicht völlig unbelastet: Zumindest verursachen sie Feinstaubemissionen, die auf das Bremsen und den Reifenabrieb zurückzuführen sind. Darauf macht eine Studie von Transport & Mobility aufmerksam, eine Ausgründung der Universität Leuven. Besonders in Städten, wo viele Kurven gefahren werden und es viel Stop-and-go-Verkehr gibt, mache sich das negativ bemerkbar.

Auf einen indirekt schädlichen Effekt der Elektromobilität weist das Heidelberger Umwelt- und Prognose-Institut hin: Elektroautos sind in der Flottengrenzwertregelung der EU trotz ihrer Emissionen juristisch als „Null-Emissionsfahrzeuge“ definiert. Autobauer können damit die Grenzwertüberschreitungen von großen Benzin- und Dieselfahrzeugen ausgleichen. Denn die Grenzwerte müssen nur im Durchschnitt der gesamten Flotte eingehalten werden. Insgesamt würde das zu einer Zunahme der CO2Emissionen führen, schreibt das UPI.

Bis zum Jahr 2030 hat das Freiburger Öko-Institut in die Zukunft geschaut. Dann könnten sechs Millionen E-Autos auf deutschen Straßen unterwegs sein. Das hört sich zwar erst mal gut an, zieht aber ein Problem nach sich: Wenn diese Autos alle gleichzeitig laden, würde der Strombedarf in die Höhe schnellen. Er müsste dann von großen fossilen Kraftwerken befriedigt werden. Ein gutes Management, mit dem E-Autos zeitversetzt laden könnten, wird also in Zukunft immer wichtiger.

Der Verkehr muss sich neu erfinden

Die gute Nachricht aus der Studie des Öko-Instituts: Im Jahr 2030 könnten Elektrofahrzeuge bei einem Ausbau der erneuerbaren Energie rund 5,2 Millionen Tonnen CO2 vermeiden – verglichen mit einem Szenario ohne Elektrofahrzeuge. Dies entspricht einer Minderung der Gesamtemissionen des Fahrzeugverkehrs um etwa sechs Prozent. Bis 2020 könnten es immerhin 100.000 Fahrzeuge sein.

Laut Klimaschutzplan soll der Verkehrssektor aber bis 2030 rund 40 bis 42 Prozent weniger Kohlendioxidemissionen verursachen. Elektromobilität allein kann daher nicht der Schlüssel für den Verkehr von morgen sein. Um das eigentliche Ziel einer nachhaltigen Verkehrspolitik – die Senkung von Emissionen – zu erreichen, müssen weitere begleitende Konzepte her. Mit mehr öffentlichem Nahverkehr zum Beispiel oder durch das Umsteigen aufs Fahrrad.

Politisch ist das heikel. Bei der Verkehrspolitik „geht es um Wählerstimmen und heilige Kühe“, sagte der Volkswirt Gernot Klepper vom Institut für Weltwirtschaft vor der Klimakonferenz in Bonn. „Wollen Sie einem deutschen Autofahrer seine 300 PS wegnehmen?“, fragte er rhetorisch. Zwar können sich drei Viertel der regelmäßigen Autofahrer vorstellen, öfter zu Fuß zu gehen, ergab eine Studie des Umweltbundesamtes. Das Auto habe aber für viele Menschen im Alltag immer noch einen überragenden Stellenwert, sogar in nachhaltigkeitsorientierten Bevölkerungsgruppen. Die Ökobilanz spielt dabei offenbar noch keine Rolle.

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