zum Hauptinhalt
Ein Mann lässt sein Smartphone nach Netzbetreibern suchen.

© Julian Stratenschulte/dpa

Mobilfunkempfang in Deutschland: Was es für wirkliche Beschleunigung braucht

Deutschlands Netze sind auch mit der neuen Mobilfunkstrategie nicht zukunftssicher. Skeptische Kommunalwähler könnten sie schnell ausbremsen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Paul Dalg

Gleichwertige Lebensverhältnisse für Stadt und Land – auch beim Handyempfang. Das ist das fromme Versprechen der Bundesregierung, das sie mit der Mobilfunkstrategie einlösen will. Bisher gilt in Deutschland: Jeder Bürger hat 1,7 SIM-Karten, das verfügbare Netz liegt aber im internationalen Vergleich irgendwo zwischen dem Senegal und Marokko.

Mit einer Salamitaktik hatte sich der zuständige Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) über die Zeit gerettet: Erst ein Fünf-Punkte-Plan im September, dann ein 12-Punkte-Entwurf im Oktober. Nun ist der große Wurf da – und tut keinem wirklich weh.

Die Bauern dürfen von vollvernetzten Melkrobotern und Drohnen über Feldern träumen. Die Netzbetreiber können beim Ausbau und Betrieb von Mobilfunkmasten kooperieren, soweit es das Kartellrecht gerade noch zulässt. Die schwierige Diskussion um eine gesetzlich fest verankerte Roaming-Pflicht dagegen, die dem Neueinsteiger 1&1 die Mitnutzung der Konkurrenznetze gestatten würde, ist auf Ende nächsten Jahres verschoben. Und dort, wo Mobilfunkbetrieb ein Minusgeschäft wäre, springt für die durch die 5G-Auktion im Sommer ach so arg geschröpften Netzbetreiber nun der Staat ein – in Form einer Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft (MIG). Für die Mobilfunkbetreiber, die im Jahr gemeinsam 25 Milliarden Euro Umsatz in Deutschland machen, gibt es 1 Milliarde Aufbauhilfe vom Staat.

Einwohner gegen Mobilfunkmasten

Was Scheuer abgewendet hat, ist ein Maut-Debakel 2.0. Was er mit der Mobilfunkstrategie nicht gelöst hat, ist Deutschlands Netze zukunftssicher zu gestalten. Bis die MIG einsatzbereit ist, könnten Jahre vergehen. Wirkliche Beschleunigungen im Bau- und Genehmigungsprozess wird es nur geben, wenn Länder und Kommunen mitmachen. Die allerdings muss Scheuer erst noch um den Finger wickeln, wenn im Frühjahr 2020 der nächste Mobilfunkgipfel ansteht.

Der größte Teil der „Problemstandorte“, bei denen es bei Genehmigungen hängt, liegt in Bayern. Dort sind 2020 Kommunalwahlen. Wie viele Mobilfunkmasten werden Bürgermeister vor Ort gegen den Willen ihrer Einwohner genehmigen? Auch bei der nun angekündigten Kommunikationsoffensive, die Mythenbildung bei der vermeintlichen Schädlichkeit von Mobilfunkstrahlung entgegenwirken soll, gilt also: Es ist höchste Eile geboten.

Zur Startseite