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Wer bekommt welche Frequenz und zu welchen Kosten? Die Vorbereitungen für die Auktion der 5 G-Netze beginnen jetzt, im nächsten Jahr steht dann die Versteigerung durch die  Bundesnetzagentur an. Erwartet wird ein Erlös um die fünf Milliarden Euro.

© Y. Herman/rtr

Mobilfunk: Raus aus dem Funkloch

Wie wird Deutschland zur Gigabit-Gesellschaft? Industrie, Politik und Netzbetreiber diskutieren über die Ausschreibung der 5G-Frequenzen.

Es gib einen Satz, den findet Andreas Scheuer ganz und gar nicht mehr zeitgemäß: „Sorry, ich sitz’ gerade im Zug.“ Die Warnung dafür, dass das Gespräch in den nächsten Minuten wohl im Funkloch enden wird. Der Bundesverkehrsminister und CSU-Politiker will, dass künftig möglichst alle Funklöcher geschlossen werden und eine hohe Bandbreite zur Verfügung steht. „Und zwar over the air und unter dem Boden“, sagte Scheuer am Mittwoch bei der Gigabit-Konferenz des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) in Berlin.

Ende November sollen die Vergaberegeln stehen

Mit „over the air“ meint Scheuer ein schnelles Mobilfunknetz. Über den Ausbau wird gerade bei der Bundesnetzagentur verhandelt. Sie vergibt im kommenden Frühjahr die Frequenzen für den neuen Mobilfunkstandard 5G, der Datenübertragung in Echtzeit ermöglicht und damit beispielsweise Voraussetzung für autonomes Fahren und das Internet der Dinge ist. Bis Freitag müssen die Netzanbieter ihre Stellungnahmen einreichen, Ende November werden die Vergaberegeln dann festgelegt.

Nach dem aktuellen Entwurf müssen die Netzbetreiber bis Ende 2022 mindestens 98 Prozent der Haushalte mit einer Datengeschwindigkeit von mindestens 100 Megabit pro Sekunde im Download versorgen. Bei den verbleibenden zwei Prozent handelt es sich um Haushalte in schwer zugänglichen Gebieten, meist im ländlichen Raum, wo sich der Ausbau für die Konzerne kaum rechnet – doch gerade auch im ländlichen Raum werden digitale Technologien zu nehmend eingesetzt. Über mögliche Nachbesserungen wird deshalb heftig gestritten.

Die Anbieter wollen möglichst wenig für die Frequenzen zahlen, der Bund will dagegen eine möglichst flächendeckende Versorgung mit Mobilfunk; die Erlöse aus der Auktion sollen auch für den Glasfaserausbau verwendet werden.

Telekom will massiv investieren

Es ist deshalb wenig überraschend, dass sich die Netzanbieter kurz vor Ablauf der Frist motiviert zeigen – wohl in der Hoffnung, dadurch strengere Auflagen zu vermeiden. Anfang der Woche kündigten Telekom und Telefonica an, sich beim Netzausbau zu verbünden: Mindestens 5000 Mobilfunkstandorte von Telefonica Deutschland sollen an die Glasfaserinfrastruktur der Telekom angebunden werden. Am Mittwoch gab Telekom-Chef Timotheus Höttges bekannt, die weißen Flecken in den nächsten Jahren schließen zu wollen. „Ich ärgere mich über jedes Funkloch“, sagte Höttges bei der Konferenz. Die Telekom werde deshalb sicherstellen, „dass auf all diesen Straßen Sprach- und Datenversorgung möglich ist“. An diesem Donnerstag will er einen konkreten Acht-Punkte-Plan vorstellen.

Vorab erklärte Höttges, an der Investitionsquote in Deutschland festhalten zu wollen. Demnach werden weiterhin rund 5,5 Milliarden Euro pro Jahr in den Ausbau der Breitbandnetze gesteckt. Politik und Industrie rief er dazu auf, die Weichen für die Errichtung der „weltweit besten 5G-Infrastruktur“ zu stellen. Die Telekom biete der Industrie an, sich am Aufbau einer europäischen standardisierten Plattform zu beteiligen. „Der kommerzielle 5G-Betrieb wird 2020 aufgenommen, wenn Endgeräte in ausreichender Stückzahl verfügbar sind“, schränkte Höttges ein. BDI-Präsident Dieter Kempf beklagte derweil „schwerfällige Verwaltungsprozesse“ beim Breitbandausbau. Um den Prozess zu beschleunigen, könne die Politik Gutscheine an kleine und mittlere Unternehmen ausgeben, mit denen diese bei den Telekommunikationskonzernen den Anschluss an das Gigabit-Netz mit Surfgeschwindigkeiten von bis zu 1000 Megabit pro Sekunde einfordern könnten. Eine „gezielte Anreizpolitik“ sei effektiver, um einen flächendeckenden schnellen Internetzugang zu erreichen, als ein Rechtsanspruch. Sogenannte Gigabit-Voucher, wie es sie in Großbritannien gebe, könnten ein „sinnvolles Instrument sein“.

Der BDI schlägt Gutscheine vor

Mit Blick auf die anstehende Versteigerung der 5G-Lizenzen fordert der BDI, dass die Frequenzvergabe nicht vordergründig auf eine „Maximierung der Auktionserlöse ausgerichtet“ sein dürfe. Die Unternehmen bräuchten auch noch Geld für den Ausbau der Netze. Ziel müsse sein, dass Deutschland „Weltspitze“ werde bei 5G, erklärte Wilhelm Eschweiler, Vizepräsident der Bundesnetzagentur. Der jetzige Entwurf der Vergaberegeln verlange den Netzbetreibern bereits „einiges“ ab, er rechne mit Erlösen von etwa vier bis sechs Milliarden Euro. Würden die Versorgungsauflagen die Betreiber jedoch mehr kosten, als die Lizenzen wert seien, „bekommen wir ein juristisches Problem“. Es müsse „Planungs- und Investitionssicherheit“ geschaffen werde. Im Fall einer juristischen Anfechtung der Vergabe würde Deutschland zurückgeworfen werden.

Doch auch Scheuer verlangt noch Nachbesserungen bei der Flächenabdeckung. Er gehe jedoch davon aus, dass das „Hab kein Netz“-Zeitalter möglichst schnell abgeschlossen werde – dass es so weit noch nicht ist, liegt allerdings auch an seiner Partei. Schließlich ist das für Infrastruktur zuständige Verkehrsministerium seit 2009 in CSU-Hand.

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