zum Hauptinhalt
34 Cent liegen auf einem Tisch. Um diesen Betrag steigt der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland Anfang 2017.

© dpa

Mindestlohn: Ab 2017 mindestens 8,84 Euro pro Stunde

Arbeitgeber kritisieren die Lohnuntergrenze in neuer Höhe. Doch auch künftig dürfte sie weiter steigen. Welche Effekte die Erhöhung haben wird.

Als 2015 der Mindestlohn von 8,50 Euro eingeführt wurde, war die Aufregung groß. Gewerkschaften und SPD jubelten. Arbeitgeber, Wirtschaftsexperten und Teile der Union warnten vor Jobverlusten. Jetzt, zum 1. Januar 2017, steigt der gesetzliche Mindestlohn auf 8,84 Euro brutto pro Stunde. Die Standpunkte bleiben die gleichen.

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer stellt den Sinn der Lohnuntergrenze grundsätzlich infrage. „Nutzt der Mindestlohn Langzeitarbeitslosen und Geringqualifizierten?“, fragt er. „Ich sage nein, denn ihnen erschwert der Mindestlohn den Sprung in Beschäftigung, und das ist auch sozialpolitisch falsch.“

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sieht den Mindestlohn hingegen als Erfolg. „Die 8,50 Euro hat die Wirtschaft insgesamt gut verkraftet“, meint IAB-Direktor Joachim Möller. „Es gibt lediglich leicht negative Effekte in Teilen des Arbeitsmarkts in Ostdeutschland.“ Anders als behauptet, habe der Mindestlohn nicht verhindert, dass es in Deutschland 600000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte mehr gegeben hätte. Außerdem bedeutete die bisherige Lohnuntergrenze von 8,50 Euro für rund vier Millionen Arbeitnehmer eine Gehaltserhöhung von durchschnittlich 18 Prozent.

Minijobber arbeiten zwei Stunden weniger

Welche Effekte sind nun durch die Erhöhung um 34 Cent zu erwarten? Verdi-Chef Frank Bsirske geht von Verbesserungen für viele Arbeitnehmer aus. „Der Lohn wurde durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns bei über vier Millionen Arbeitnehmern angehoben“, meint er. „Annähernd in dieser Größenordnung dürften auch jetzt die Löhne durch die Anhebung Anfang 2017 steigen.“

Möller vom IAB ist vorsichtiger: „Wie viele Menschen von der Erhöhung nun profitieren, kann man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht seriös sagen.“ Es gebe immerhin viele indirekte Effekte – „etwa wenn es bereits im Vorfeld Lohnerhöhungen gibt“. Massive Effekte auf dem Arbeitsmarkt seien nicht zu erwarten.

Für Minijobber ändert sich die monatliche Arbeitszeit. Da sie im Monat höchstens 450 Euro verdienen dürfen, müssen sie ab dem kommenden Jahr etwa zwei Stunden weniger arbeiten. Darauf weist der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hin. Mit dem alten Mindestlohn durften Minijobber höchstens 52,94 Stunden pro Monat arbeiten. Mit dem gestiegenen Lohn sinkt die Stundenzahl auf 50,9 Stunden. Was die monatliche Höchststundenzahl bei welchem Stundenlohn ist, können Minijobber mithilfe einer Tabelle auf der Internetseite des DGB überprüfen.

2019 könnte Mindestlohn über neun Euro liegen

Die Mindestlohnkommission hatte die neue Lohnuntergrenze auf Grundlage der Tarifabschlüsse zwischen Januar 2015 und Juni 2016 entschieden. Es war ein hartes Ringen. Ein Problem war zum Beispiel, dass mit Metall und Elektro sowie dem öffentlichen Dienst zwei große Abschlüsse vorlagen, aber noch ohne ausgezahltes Geld. Gewerkschaften hatten mindestens neun Euro verlangt.

Alle zwei Jahre soll die Mindestlohnkommission eine neue Anpassung der Lohnuntergrenze vorschlagen. Die Regierung muss die Empfehlung dann nur noch formell umsetzen. Der nächste Schritt, ein Mindestlohn von über neun Euro, steht wahrscheinlich Anfang 2019 an. Nach den bisherigen Erfahrungen mit dem Gremium ist zu erwarten, dass es sich auch in den kommenden Jahren eng an der vorherigen Tarifentwicklung halten wird.

Höhere Lohnuntergrenze bei öffentlichen Aufträgen

Die neue rot-rot-grüne Landesregierung in Berlin hat im Koalitionsvertrag festgehalten, dass Firmen, die ab einer Auftragshöhe von 500 Euro für die öffentliche Hand arbeiten, ihren Mitarbeitern ab dem ersten Halbjahr 2017 neun Euro pro Stunde zahlen müssen. Danach soll die Untergrenze jährlich, mindestens alle zwei Jahre, angehoben werden. Die Koalition möchte die Vergabe öffentlicher Auftrage nutzen, um eine „nachhaltige, an ökologischen, sozialen und geschlechtergerechten Kriterien ausgerichtete wirtschaftliche Entwicklung zu unterstützen“, heißt es.

Die Vereinbarung betrifft alle Beschäftigten des Auftragnehmers, etwaiger Nachunternehmer und Leiharbeitskräfte, die bei der Erfüllung des Auftrages eingesetzt werden – wenn geltende Tarifverträge unterhalb des Mindestlohns liegen oder kein entsprechender Tarifvertrag besteht. mit dpa

Zur Startseite