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Protest: Umweltschützer lehnen Monsanto ab. Das Unternehmen steht für genverändertes Saatgut und den Einsatz von Pestiziden.

© AFP

Milliardenstrafe wegen Glyphosat: Bayer hat sich Gift ins Haus geholt

Bayer hat sich mit Monsanto übernommen und die Prozessrisiken unterschätzt. Jetzt baden die Aktionäre das aus. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Heike Jahberg

US-Schadensersatzanwälte sind nicht für ihre Bescheidenheit bekannt. Doch als Brent Wisner, der Anwalt von Alberta und Alva Pilliod, eine Milliarde Dollar forderte, sorgte das für Aufsehen. Jetzt haben die Geschworenen dem krebskranken Rentnerpaar sogar zwei Milliarden zugesprochen, von sich aus – eine Sensation.

Bayer soll zahlen, weil die Jury glaubt, dass Glyphosat die Pilliods krank gemacht hat. Der Wirkstoff steckt in dem Unkrautvernichter Roundup, den der US-Konzern Monsanto massenhaft unters Volk gebracht hatte. Seit vergangenem August gehört Monsanto zu Bayer.

Mit der Übernahme wollte Bayer zur Weltspitze im Geschäft mit Saatgut, Pestiziden und Digitaltechnik auf dem Acker aufsteigen. Das Geschäft ist lukrativ und zukunftssicher. Bis zum Jahr 2050 wird die Weltbevölkerung von 7,5 auf zehn Milliarden Menschen anwachsen. Alle wollen satt werden. Und Bayer sagt, man liefert Lösungen.

Doch bislang liefert Bayer vor allem negative Schlagzeilen. Mehr als 13.400 Menschen klagen in den USA wegen Glyphosat auf Schadensersatz. Bisher gingen alle Verfahren für die Deutschen verloren. Verschwörungstheoretiker sehen Bayer als Opfer der Trump-Regierung, die versucht, deutsche Firmen vor Gericht kleinzumachen.

Einen Beweis gibt es dafür nicht. Im Gegenteil: Erst kürzlich hat die US-Umweltbehörde EPA die Bayer-Position unterstützt, wonach Glyphosat bei sachgemäßem Gebrauch keinen Krebs verursacht. Die Jury hat das nicht beeindruckt. Das Herz schlägt gegen Monsanto.

Die Übernahme war richtig, sagen Bayer-Chef Werner Baumann (rechts) und Werner Wenning, der Vorsitzende des Aufsichtsrats.
Die Übernahme war richtig, sagen Bayer-Chef Werner Baumann (rechts) und Werner Wenning, der Vorsitzende des Aufsichtsrats.

© dpa

Bayer hat das unterschätzt. Mit der Übernahme haben sich die Leverkusener Gift ins Haus geholt. Das öffentliche Ansehen der Amerikaner war in Deutschland stets miserabel. Monsanto setzt auf Gentechnik und Ackergifte, für Umweltschützer ist das Teufelszeug.

Nun hat diese Stimmung auch die USA erreicht – angefacht durch prominente Kritiker wie Neil Young, den Regisseur Oliver Stone oder den Umweltaktivisten Robert Kennedy Junior. Die geheimen Listen, die Monsanto über Journalisten, Politiker und Aktivisten geführt hat, geben der Kritik neue Nahrung.

Bayer zeigt sich überrascht. Der Aktienkurs ist im Keller, der Chef wackelt. Für Aktionäre und Mitarbeiter war die größte Übernahme, die ein deutsches Unternehmen je gemacht hat, bislang vor allem eines: ein Desaster.

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