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Selbst in Rostock, Greifswald oder Waren sind derzeit kaum günstige Mietwohnungen zu bekommen.

© dpa

Mieterbund warnt: Mieten steigen unaufhaltsam – und kein Ende in Sicht

Die immer höheren Mieten sind für viele Menschen eine große Belastung. Neue Zahlen stimmen wenig optimistisch. Doch es gibt auch gute Nachrichten.

Der Deutsche Mieterbund warnt vor weiter steigenden Mieten im neuen Jahr. „Es gibt nach unserer Einschätzung keine Faktoren, die den Anstieg der Mieten bremsen dürften“, sagte Direktor Lukas Siebenkotten. So klafften Angebot und Nachfrage gerade in Großstädten, Ballungszentren und Universitätsstädten nach wie vor auseinander. Die Folge seien kräftig wachsende Angebotsmieten. „Denkbar ist nur, dass sich in den extrem hochpreisigen Städten der Preisanstieg verlangsamt, da Mieten hier nicht mehr bezahlbar sind.“

Die hohen Angebots- und Wiedervermietungsmieten würden nun auch auf die Mieten in bestehenden Mietverhältnissen durchschlagen, sagte Siebenkotten. „Die ortsübliche Vergleichsmiete wird in den Städten voraussichtlich um 3 bis 5 Prozent steigen.“

Die Hälfte der Nebenkosten fällt aufs Heizen

Zumindest bei den Nebenkosten rechnet der Mieterbund aber 2019 nicht mit wesentlichen Anstiegen. Nach letzten Daten für 2016 zahlten Mieter im Schnitt knapp 2,20 Euro je Quadratmeter für die „zweite Miete“ inklusive Heizkosten. Bei einer 80 Quadratmeter großen Wohnung fallen demnach 176 Euro Nebenkosten pro Monat an. Fast die Hälfte entfalle dabei auf das Heizen. Nur Haushalte, die mit Öl heizten, müssten mit deutlichen Aufschlägen rechnen, sagte Siebenkotten.

Selbst nach jahrelangem Immobilienboom hat sich der Anstieg der Mieten zuletzt ungebremst fortgesetzt. Das zeigt eine Auswertung des Hamburger Instituts für Stadt-, Regional- und Wohnforschung (GEWOS) für die Deutsche Presse-Agentur. Die Angebotsmieten kletterten demnach im dritten Quartal im Bundesschnitt auf gut 7 Euro kalt je Quadratmeter. Das ist ein Plus von 3,9 Prozent binnen Jahresfrist.

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Kein Endes des Anstiegs in Ansicht

Entgegen mancher Prognosen gibt es kein Ende des Booms. Im Gegenteil: „Im Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum hat sich die Mietenentwicklung weiter dynamisiert“, sagte GEWOS-Geschäftsführerin Carolin Wandzik. Im dritten Quartal 2017 war der Anstieg der Angebotsmieten mit 3,6 Prozent etwas geringer.

Besonders stark zogen die Mieten in den sieben größten deutschen Städten an, darunter Berlin, Hamburg und München. Im Schnitt wuchsen sie dort demnach um 6,4 Prozent auf knapp 12 Euro je Quadratmeter kalt. Untersucht wurden je 80 Quadratmeter große Wohnungen im Baualter von 30 Jahren bei mittlerer Lage und üblicher Ausstattung, die auf dem Online-Portal Immobilienscout24 angeboten wurden.

Die Politik könnte Abhilfe schaffen

Schon 2017 und im ersten Halbjahr waren die Mieten deutschlandweit bei Neuvermietungen stärker gestiegen als die Inflation, wie Daten des Bundesinnenministeriums gezeigt hatten. Bei bestehenden Mietverträgen, die dem Immobilienmarkt nachlaufen, waren die Zuwächse dagegen geringer: 2017 kletterten die Bestandsmieten um 1,6 Prozent gemessen am Vorjahr, so der Immobilienverband GdW.

Stetig steigende Mieten seien zumindest in den Städten an sich nicht ungewöhnlich, meint Michael Voigtländer, Immobilienexperte am Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Denn dort würden die meisten Jobs für Hochqualifizierte entstehen und die Einkommen tendenziell wachsen. Das Ausmaß der Mietanstiege sei das Außerordentliche.

2019 könne die Dynamik nachlassen. Denn die Zuwanderung aus dem Ausland gehe zurück, und die Politik reguliere immer mehr - etwa mit verschärfter Mietpreisbremse und weniger Spielraum für Eigentümer, Modernisierungen auf die Miete umzulegen. „In einigen schon teuren Wohnlagen dürften die Mieten langsamer steigen“, sagte Voigtländer. Im Umland der Städte könnte es dafür deutlich teurer werden, da die Menschen keine Wohnungen mehr in Metropolen fänden.

Es fehlt an Wohnungen

Hauptgrund ist der Wohnungsmangel. Auch 2019 ist hier nur etwas Linderung in Sicht. Im neuen Jahr dürften laut Bauindustrie bis zu 320.000 neue Wohnungen entstehen, mehr als 2017, aber nicht genug: So sind laut Politik und Immobilienwirtschaft jährlich 350.000 bis 400.000 neue Wohnungen nötig, um den Bedarf zu decken.

Im Immobilienmangel kommen Baufirmen und Handwerker kaum noch hinterher - auch weil Fachkräfte fehlen. Der Mangel etwa an Klempnern-, Sanitär- und Heizungshandwerkern bremse den Wohnungsbau, erklärte die Förderbank KfW. Selbst das Bauen in Lücken oder das Aufstocken von Wohnungen stoße in dicht bevölkerten Städten wie München oder Frankfurt an Grenzen. Die Knappheit lässt die Baukosten kräftig steigen, was später auf die Miete durchschlägt.

Was aber würde den Mietanstieg in den Städten bremsen? Etwa eine Umkehr der starken Ströme in die Ballungszentren, sagte IW-Experte Voigtländer. Der Drang in die Metropolen sei kein Naturgesetz, aber derzeit ungebrochen. Selbst einkommensschwache Schichten wollten in die Stadt und nähmen dafür höhere Wohnkosten in Kauf. „Eine Rückbesinnung zum Häuschen im Grünen ist nicht zu sehen.“ (dpa)

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