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Wirtschaft: Mehrheit der Deutschen gegen den Euro

Umfrage im Auftrag des Handelsblattes / Waigel hält Stabilitätssorgen für unbegründet DÜSSELDORF (val/HB/rtr).Die Mehrheit der Deutschen ist gegen den Euro.

Umfrage im Auftrag des Handelsblattes / Waigel hält Stabilitätssorgen für unbegründet DÜSSELDORF (val/HB/rtr).Die Mehrheit der Deutschen ist gegen den Euro.Das ergab eine Umfrage im Auftrag des Handelsblatts.Bundesfinanzminister Waigel sieht allerdings keinen Anlaß für Stabilitätsängste.Demgegenüber hat sich der sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf hinter die Kritik von Wissenschaftlern gegen den Einführungstermin des Euro gestellt.Der Verband des Deutschen Einzelhandels warnte unterdessen vor Euro-Fälschern.Die Währungsunion könne zur Geldwäsche mißbraucht werden. Von allen Bundesbürgern lehnen 58 Prozent die Einführung des Euros zum 1.Januar 1999 ab.Das ergab eine repräsentative Umfrage des Potsdamer Psephos-Instituts im Auftrag des Handelsblatts.Vorbehaltslos dafür sind nur 30 Prozent der Deutschen.Für eine Verschiebung des geplanten Einführungstermins am 1.Januar 1999 plädieren immerhin 27 Prozent. Zu ihnen gehört auch der frühere Hamburger Bürgermeister Henning Voscherau, der die Kritik von Wissenschaftlern am Einführungstermin des Euro unterstützt und eine Volksabstimmung über den Euro-Start verlangt.Diese könne parallel zur Bundestagswahl am 27.September stattfinden, schlug Voscherau am Donnerstag vor.Er sagte, vor einer Einführung des Euro müßten die Euro-Länder erst eine wirtschaftlich starke, demokratisch und sozial ausgerichtete Union bilden.Außerdem müßten die europäischen Institutionen reformiert werden.Auch Sachsens Ministerpräsident Biedenkopf verlangte, den Euro-Start zu verschieben und stimmte der Erklärung der 155 Wirtschaftswissenschaftler zu, die am Montag eine Verschiebung des Euro-Starts gefordert hatten.Die Währungsunion solle Anfang 2002 beginnen, sagte er der "Sächsischen Zeitung". In wenigen Wochen, Anfang Mai, werden die EU-Staats- und Regierungschefs über den Teilnehmerkreis beim Start der Europäischen Währungsunion entscheiden.Trotzdem wünscht die Mehrheit der Deutschen offenbar, ganz auf die neue Währung zu verzichten, wie die Handelsblatt-Umfrage zeigt.Weiterhin rechnet jeder zweite Deutsche nicht mit einem pünktlichen Start der Währungsunion.Auch die Stabilität des neuen Geldes beurteilen die Deutschen äußerst skeptisch.Nur 24 Prozent sind demnach der Auffassung, daß der Euro eine genau so harte und stabile Währung wie die D-Mark sein wird.Je weiter der Grad der Schulbildung abnimmt, desto stärker wächst die Ablehnung.Die größte Anhängerschaft hat der Euro unter den Absolventen einer Gymnasialausbildung.Unter den Abiturienten findet sich mit 51 Prozent sogar eine Mehrheit für den Euro.Befragte mit einem Volksschulabschluß zählen mit 65 Prozent zu den heftigsten Euro-Gegnern.Menschen ohne Arbeit lehnen ihn überproportional stark ab, wie auch Rentner.Viele von ihnen fürchten offenbar eine Verschärfung der sozialen Lage oder, daß ihre Lebenssituation bei geringerer Rentenzuwächse schwieriger werden könnte. Während der Einführungstermin unter vielen Bankern und Managern weitgehend unumstritten ist, sind die Bürger skeptischer.Nur 40 Prozent glauben, daß der Start termingerecht Anfang Januar 1999 erfolgt, 52 Prozent gehen nicht davon aus.Die Verschiebediskussion, die im Spätsommer 1997 ihren Höhepunkt erreicht hatte und bis zu dem Gutachten der 155 Wirtschaftsprofessoren in dieser Woche längst wieder verstummt war, hängt den Bundesbürgern mehr nach, als es viele Politiker wahrhaben wollen.Nur wenige Deutsche (ein Fünftel) verbinden persönliche Vorteile mit der Einführung des Euros.Wichtigstes Argument für den Euro ist die Einsparung von Umtauschkosten (72 Prozent).Mit deutlichem Abstand folgt die Preistransparenz (62 Prozent ) und der Schutz vor Währungsturbulenzen (60 Prozent).Ganz besonders kritisch beurteilt die Gruppe der 50 bis 64jährigen die Währungsstabilität.Daß 77 Prozent von ihnen die Erwartung einer höheren Inflation an die Einführung des Euros knüpfen, verdeutlicht die Ängste einer Generation, die auf das Ende ihres Berufslebens zusteuert und nun befürchtet, die Früchte ihrer Lebensleistung nicht mehr verzehren zu können.Daß der Euro neue Probleme erzeugen wird, so etwa bei der finanzpolitischen Abstimmung, glauben 74 Prozent.Und daß Deutschland tiefer in die Tasche greifen muß, um vermehrt Stützungszahlungen für strukturschwache Regionen zu leisten, erwarten 63 Prozent.Die Bundestagswahl wird die Diskussion um den Euro dem Handelsblatt zufolge nicht beeinflussen: Laut Studie spielt für 55 Prozent der Deutschen der Euro bei der Wahlentscheidung keine Rolle.Von der PDS abgesehen sind alle im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien zudem in einer Pro-Euro-Koalition vereint. Bundesfinanzminister Theo Waigel äußerte gegenüber dem Handelsblatt Verständnis für die Sorgen der Deutschen.Er versicherte aber, an der Währungsunion würden nur Länder teilnehmen, die die im Maastricht-Vertrag festgelegten Konvergenzkriterien erfüllten."Für Stabilitätsängste gibt es keinen Anlaß", sagte er.Auch habe es keinen Sinn, über eine Verschiebung des Eurostarts zu philosophieren. Währenddessen hat der Hauptverband des deutschen Einzelhandels (HDE) vor einigen Gefahren des Euros gewarnt: In der Phase des Umtausches von D-Mark in Euro, die am 1.Januar 2002 beginnen soll, könnten Geldfälscher eine Chance wittern.Denn die Vielzahl neuer und daher ungewohnter Euro-Scheine und Münzen eröffne ihnen einmalige Möglichkeiten, erklärte der Verband, der derzeit mit dem Bundeskriminalamt zusammenarbeitet, um mögliche Risiken herauszufinden.Besonders stark werde davon das Bargeld betroffen.Zwar hätten die Händler auch frühere Umtauschaktionen bewältigt, bei denen alte DM-Scheine durch sichere Scheine ersetzt wurden.Sie hatten rechtzeitig das Kassenpersonal geschult.Bei der Euro-Umstellung werde der Schulungsaufwand sehr hoch sein.

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