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Noch einmal durchstarten: Viele Rentner kommen heute ganz gut über die Runden. Bei den Jungen wird das anders sein, das Rentenniveau sinkt.

© picture-alliance / Denkou Images

Mehr netto vom brutto: Welche Privatvorsorge sich lohnt

Die Koalition hat am Sonntag beschlossen, die private Altersvorsorge zu stärken. Aber viele Verbraucher sind ratlos: Wie sorgt man am besten für das Alter vor?

Michael Metzner blickt nicht mehr durch. 30 000 Euro hat der Berliner geerbt. Nun will er etwas für seine Altersvorsorge tun. „Die Rente wird immer weniger“, sagt der Berliner, „da muss ich gegensteuern.“ Recht hat er.

Noch geht es den Rentnern vergleichsweise gut. Das kann man dem jüngsten, noch unveröffentlichten Alterssicherungsbericht der Regierung entnehmen. Doch das Rentenniveau sinkt – wie sehr, darüber streiten Regierung und Opposition derzeit wahlwirksam. Einig sind sich alle aber darin, dass die Bürger privat vorsorgen müssen. Am Sonntag beschloss die Koalition, dass das Betreuungsgeld für junge Familien aufgestockt werden soll, wenn das Geld in die private Altersvorsorge fließt. Geringverdiener sollen eine Zusatzabsicherung abschließen, um später in den Genuss der - aufgestockten - "Lebensleistungsrente" zu kommen.

Viele Menschen haben bereits privat vorgesorgt, allerdings vor allem Akademiker und Gutverdiener. Nur von den Bürgern ohne Berufsabschluss verlässt sich noch fast die Hälfte allein auf die gesetzliche Rentenversicherung.

GESETZLICHE RENTENVERSICHERUNG

Mit der fährt man jedoch gar nicht so schlecht, sagt die Rentenversicherung. Ein Standardrentner, der nach 45 Beitragsjahren in diesem Jahr in Rente geht, bekomme eine Rendite von 3,2 Prozent (Männer) beziehungsweise 3,8 Prozent (Frauen). Selbst wer erst im Jahr 2040 in den Ruhestand wechselt, könne noch mit Renditen zwischen drei und 3,4 Prozent rechnen. Ist das Geld in der Rentenkasse besser angelegt als auf dem Tagesgeldkonto bei der Bank oder in Schatzbriefen des Bundes?

Ja, wenn man richtig rechnet. Denn die Rentenversicherung schaut nicht nur, was eingezahlt und im Alter wieder ausgeschüttet wird. Renditesteigernd werden auch die Absicherung im Fall der Erwerbsminderung oder des Todes des Ehegatten einbezogen genauso wie Rehaleistungen und der Zuschuss zur Krankenversicherung der Rentner. Unterm Strich könne sich die gesetzliche Rente durchaus sehen lassen, meint auch Axel Kleinlein, Chef des Bundes der Versicherten (BdV). „Manchmal ist die gesetzliche Rente sogar günstiger als eine private Rentenversicherung.“

Sollte Metzner seine 30 000 Euro also einfach in die Rentenversicherung stecken? So einfach ist das nicht. „Außerordentliche Einmalzahlungen in die Rentenversicherung können prinzipiell nur bei Vorliegen bestimmter gesetzlicher Voraussetzungen vorgenommen werden“, betont Stefan Braatz von der Deutschen Rentenversicherung Bund, „etwa wenn Rentenabschläge bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente ausgeglichen werden sollen oder wenn eine betriebliche Altersvorsorge abgefunden wurde.“ Also, weitersuchen.

PRIVATE ALTERSVERSORGE

„Wer zusätzlich vorsorgen möchte, sollte sich immer erst die Modelle ansehen, die vom Staat gefördert werden“, rät Volker Schmidtke, Anlage- und Vorsorgeberater der Verbraucherzentrale Berlin. Gefördert werden Betriebsrenten, Riester-Produkte und die Rürup-Rente.

Das Problem: Für hohe Einmalzahlungen sind all diese Modelle nicht gedacht. Bei Riester-Verträgen kann man in diesem Jahr maximal 2100 Euro steuerfrei einzahlen, bei der betrieblichen Altersversorgung bleiben 2688 Euro steuer- und sozialabgabenfrei, bei Rürup-Renten sind es zwar bis zu 20 000 Euro, die im Jahr steuerfrei gespart werden können. Bei sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern werden von diesen 20 000 Euro jedoch die Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung abgezogen.

Lohnt es sich, über den geförderten Rahmen hinaus zu investieren? „Bei Riester-Verträgen ist das nicht sinnvoll“, warnt Theo Pischke von der Stiftung Warentest. Gleiches gilt – mit Einschränkungen – auch für die anderen, geförderten Modelle. Für Einmalzahlungen bieten sich nach Meinung des Verbraucherschützers statt der staatlich geförderten Produkte eher Sofortrenten der privaten Versicherer oder die Geldanlageprodukte an, die bei Banken und Sparkassen zu haben sind.

Riester oder Rürup? Beides? Oder doch eher Sachwerte?

BETRIEBSRENTEN

Wer nicht auf einen Schlag, sondern jeden Monat Geld in eine zusätzliche Vorsorge stecken will, sollte nach Meinung von Verbraucherschützer Schmidtke bei der Suche nach der richtigen Zusatzvorsorge als Erstes an die betriebliche Altersversorgung denken. Das gilt vor allem in den Fällen, in denen der Arbeitgeber einen Zuschuss zahlt. Anders als bei Riester- oder Rürup-Renten kann man sich die Betriebsrente zudem später auf einen Schlag auszahlen lassen. Aber: Wer seinen Arbeitgeber wechselt, kann die Betriebsrente möglicherweise nicht mitnehmen und muss eine neue abschließen – mit neuen Kosten. Die fallen jedoch komplett in den ersten fünf Jahren an. Wer wechselt, zahlt neu.

RIESTER-RENTEN

15,6 Millionen Deutsche sparen derzeit mit einem Riester-Vertrag. Doch das Interesse lässt nach. Im ersten Halbjahr 2012 gab es erstmals weniger Neuabschlüsse als in den Jahren zuvor, heißt es im Alterssicherungsbericht. Die Regierung führt das nicht zuletzt auf die „Negativberichterstattung“ zurück.

Zu den größten Kritikern gehört Axel Kleinlein. Der Verbraucherschützer kritisiert die hohen Kosten und niedrigen Renditen der Riester-Rentenversicherungsverträge. Lege man nur die garantierten Zahlungen zugrunde, ergäben sich Renditen unter einem Prozentpunkt. Bezieht man die Überschusszahlungen der Versicherer mit ein, seien es bei Frauen 2,6 bis 3,2 Prozent, bei Männern 1,8 bis 2,8 Prozent.

Die Versicherungswirtschaft kritisiert, Kleinlein habe die Zulagen nicht richtig einberechnet. Die Branche kommt auf andere Werte, sie sieht Renditen von vier (Single) bis 6,3 Prozent (Familien mit Kindern). Auch Verbraucherschützer Schmidtke sieht die Riester-Angebote weniger kritisch als Kleinlein. „Die Förderung ist nicht schlecht“, meint der Berliner. Geringverdiener profitieren von den Zulagen, Gutverdiener von den Steuererleichterungen. Außerdem gebe es kostengünstigere Angebote als die Riester-Rente, etwa Riester-Bankspar- oder -Fondssparpläne. Doch ein Wermutstropfen bleibt: Bislang werden Riester-Renten auf die Grundsicherung angerechnet. Künftig soll ein Teil der privaten Altersvorsorge anrechnungsfrei bleiben, hat die Koalition am Sonntag beschlossen.

RÜRUP-RENTEN

Auf Platz drei, hinter der Betriebs- und der Riester-Rente, sieht Anlageberater Schmidtke die Rürup-Rente. Allerdings kann man hier nur einen Teil der Einzahlungen (2012: 74 Prozent) von der Steuer absetzen. Zudem wird die Rürup- oder Basis-Rente stets nur als Monatsrente ausgezahlt. Das ist schlecht, für all diejenigen, die entweder beim Rentenbeginn Geld brauchen oder aber deren Gesundheit so angegriffen ist, dass sie möglicherweise auf keine lange Rente mehr hoffen können.

SACHWERTE

„Altersvorsorge besteht nicht nur aus Versicherungen oder Geldanlage“, mahnt BdV-Chef Kleinlein. „Kleinsparer zahlen derzeit drauf.“ Die Inflation frisst die niedrigen Zinsen auf, kritisiert der Verbraucherschützer. Eine besonders perfide Rolle spiele dabei der Staat: „Die Regierung fordert die Bürger auf, privat für das Alter vorzusorgen und verkauft dann ihre niedrig verzinsten Schatzbriefe an Banken und Lebensversicherungen.“ Am Ende finanziere so der kleine Sparer die deutsche Haushaltssanierung. Statt sein Geld zu Mickerzinsen anzulegen, sollten Hausbesitzer lieber ihr Dach decken, Arbeitnehmer auf Fortbildung gehen oder ihren Kindern ein Auslandsjahr spendieren, meint Kleinlein. Michael Metzner überlegt, sich ein neues Auto zu kaufen. Doch ob das als Vorsorge taugt, darf bezweifelt werden.

Weitere Informationen finden Sie im „Finanztest Spezial Riester-Rente“ der Stiftung Warentest, Preis: 7,80 Euro

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