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Fraisr ist eines von vielen Start-ups, dass nicht Geld verdienen will.

© Thilo Rückeis

Mehr als Rendite: Wie Start-ups die Welt verbessern wollen

Gründer, die nicht nur das große Geld im Sinn haben, bekommen immer mehr Unterstützung.

Johannes Weber ist ein ergebnisorientierter Mensch. „Wenn ich etwas tue, will ich auch bald sehen, was dabei herausgekommen ist“, sagt er. In großen Konzernen aber dauern Veränderungen etwas länger, darum investiert Weber in Start-ups. In solche, die nicht nur Geld verdienen, sondern auch ein gesellschaftliches Problem lösen wollen. „Ich habe festgestellt, dass es viele Sozialunternehmer gibt, mit guten Geschäftsideen und guten Managementfähigkeiten. Aber sie haben alle ein Problem: Es fehlt das Kapital“, berichtet er. Seine Lösung: Die Gründung des Social Venture Fund, eines Risikokapitalfonds, der in junge Firmen investiert, die neben der finanziellen auch eine soziale Rendite erzielen wollen.

Aber auch die Gründung dauerte länger als erhofft: „Ich wollte die zehn Millionen Euro in drei Monaten einsammeln, es hat zwei Jahre gedauert“, sagt Weber. „Die Idee war in Deutschland unbekannt, es gab keine Vorbilder und es war unklar, wer investieren würde.“ Am Ende waren es meist erfolgreiche Unternehmer oder Unternehmerfamilien. „Beim zweiten Fonds war es bereits deutlich einfacher“, berichtet Weber. 16,5 Millionen Euro hat er bis jetzt eingeworben, 20 Millionen sollen es werden. Eine Nettorendite von fünf bis sieben Prozent verspricht er seinen Investoren. „Das ist nicht schlecht“, meint er. Klassische Risikokapitalfonds versprechen Renditen zwischen 25 und 30 Prozent. „Am Ende kommen meist nur vier bis sechs Prozent heraus“, sagt Weber.

Inzwischen gibt es für Sozialunternehmer eine immer bessere Infrastruktur. Bon-Venture etwa ist ein weiterer sozialer Risikokapitalfonds, Ashoka ein weltweites Netzwerk für Sozialunternehmer, das auch in Deutschland sehr aktiv ist. „Wir sind vorsichtig zuversichtlich, dass immer mehr Gründer auch an den sozialen Profit denken“, sagt Laura Haverkamp von Ashoka. Einer aus dem Netzwerk ist Norbert Kunz, der in Berlin den Inkubator Social Impact Start gegründet hat. Hier sollen aus guten Ideen Unternehmen werden. Es gibt kostenfreie Arbeitsplätze, Kontakte und Beratung. Alle zwei Monate können sich neue Teams bewerben. „Wir erhalten 40 bis 50 Bewerbungen auf vier bis fünf Plätze“, sagt Kunz. Die Förderung kann bis zu acht Monaten dauern. „Am Ende sollen die Teams reif sein, um eine Finanzierung von einem Investor zu bekommen“, sagt Kunz. „Wir suchen Unternehmer, die einen deutlichen sozialen Mehrwert schaffen, ein wirtschaftlich nachhaltiges Konzept haben und authentisch sind.“

Welche Start-ups, die Welt verbessern wollen:

Fraisr verbindet den Onlinehandel mit Spenden

„Menschen wollen sich engagieren, aber sie wollen ihr Leben nicht dafür ändern“, sagt Lukas Fischer. Mit Fraisr schufen der 37-Jährige Berliner und seine Mitstreiter eine Internetplattform, die Handel mit Spenden verbindet. Wie bei Ebay können Nutzer über das Portal Gebrauchsgegenstände kaufen und verkaufen. Mit dem Unterschied, dass es statt Auktionen ausschließlich Festpreise gibt – und bei jedem Geschäft ein Teil des Kaufpreises an eine gemeinnützige Organisation überwiesen wird. Der Anbieter legt vorher fest, wie hoch dieser Anteil ist. Zehn Prozent sind Minimum. Der Käufer kann aus 50 Projekten eines auswählen, das er unterstützen möchte. Mit dabei sind Amnesty International und die Berliner Arche. Seit Herbst 2012 ist das Portal online und zählt bereits 3000 Verkäufer, davon 400 gewerbliche. „Mit Fraisr wird kein Spendenkanal kannibalisiert, sondern eine neue Quelle geschaffen“, sagt Fischer. „Unsere meist jungen Nutzer nehmen selten direkt Geld für Spenden in die Hand – aber sie konsumieren gerne und versuchen, dabei anständig zu sein.“ Fraisr selbst bezieht bei jeder Transaktion eine Provision in Höhe von sechs Prozent. mch

Photocircle verkauft Fotos aus entlegenen Ländern

Ein kleines vietnamesisches Mädchen mit einer blonden Plastikpuppe. Eine verschleierte Frau in der Wüste. Ein Inder mit Turban, der sein Kamel füttert. Wir hängen uns gern Fotos ins Wohnzimmer, die von fernen Ländern und anderen Welten erzählen– Zeit, den Menschen, die diese Bilder einzigartig machen, etwas zurückzugeben, findet Thomas Heinrich. 2012 hat der BWL-Student deshalb mit Unterstützung des Europäischen Sozialfonds und des Berliner Senats die Plattform Photocircle gegründet. Fotografen, egal ob Profi oder Amateur, können dort ihre Werke anbieten, hinter Acrylglas oder auf Leinwand. Zehn bis 50 Prozent des Erlöses fließen dann an ein soziales Projekt in der Region, in der das Foto gemacht wurde. Wie viel, bestimmt der Fotograf. So wurden durch den Verkauf verschiedener Landschaftsaufnahmen Werkzeuge und Baumaterialien für drei philippinische Familien finanziert, deren Häuser durch den Taifun Haiyan zerstört wurden. Heinrich arbeitet mit elf Hilfsorganisationen zusammen. Mehr als 3500 ausgesuchte Fotos aus 130 Ländern hat er schon zusammengetragen. Nächstes Jahr möchte er in Berlin eine Galerie für nachhaltige Fotografie eröffnen. mch

Schule Plus verbindet Schulen und Unternehmen

Schule Plus ist mehr als nur das nächste soziale Netzwerk: Es ist der Versuch, die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Unternehmen zu vereinfachen. Auf der Internetplattform, die Facebook ähnelt, können Unternehmen Ausbildungsplätze anbieten und gezielt nach Schulen für Kooperationen suchen, Lehrer können für ein Projekt an Firmen oder Kultureinrichtungen herantreten, Schulen Partner für eine Zusammenarbeit finden. „Wir haben einen Nerv getroffen“, sagt Robert Greve, der 29-jährige Geschäftsführer von Schule Plus. Die Plattform gibt es seit August. 1250 Nutzer haben sich bereits registriert: darunter knapp 500 Lehrer und 200 Unternehmen. Auch große Konzerne wie Vattenfall, die Deutsche Post oder Siemens nutzen das kostenlose Angebot. Spätestens ab Januar 2015 wird es für die Unternehmen aber auch kostenpflichtige Zusatzangebote geben: So können sie dann beispielsweise gegen entsprechende Zahlung ihr Profil individuell und mit Firmenlogo gestalten oder auch außerhalb des Netzwerks sichtbar machen. Bisher ist das Angebot auf Berlin begrenzt. Im Sommer 2014 startet Schule Plus bundesweit. Bis dahin will das Start-up auch einen Investor finden. frz

Soulbottles will die Zahl der Plastikflaschen reduzieren

„Überall und zu jeder Zeit sauberes Trinkwasser zu haben ist ein Privileg“, sagt Georg Tarne, Gründer und Chef von Soulbottles. Knapp 800 Millionen Menschen auf der Welt haben dieses Privileg nicht. Doch in Deutschland wird es zu wenig geschätzt. Immer mehr Wasser wird aus Plastikflaschen getrunken. Tarne will die Menschen verführen, wieder auf Leitungswasser umzusteigen. „Ich habe mir einfach eine plastikfreie Trinkflasche gewünscht, die cool aussieht“, sagt er und hat aus der Idee ein Unternehmen gemacht. Online und in rund 20 Läden kann man die nachhaltigen Soulbottles aus Glas in verschiedenen Designs schon kaufen, auch im Wasserladen in Wilmersdorf und im Wasserkontor in Prenzlauer Berg. Die Trinkflaschen sind erst der Anfang, weitere Produkte sollen folgen. Ein Euro vom Verkaufspreis von 23,90 Euro pro Flasche spendet Soulbottles an die Hamburger Organisation Viva con Agua, die gemeinsam mit der Welthungerhilfe Trinkwasserprojekte in mehr als 16 Ländern realisiert. Das Startkapital für die Gründung kam von einem Privatinvestor, weitere 26.500 Euro hat das Team über eine Crowdfunding-Kampagne bei Startnext eingeworben. vis

Bei Elefunds können Onlineshopper aufrunden

Aus einer Mücke einen Elefanten machen oder mit relativ kleinen Mitteln einen großen Effekt erzielen, das ist die Idee von Elefunds. Das Berliner Start-up hat eine Software entwickelt, über die Kunden beim Onlineshopping ihre Kaufbeträge aufrunden und diesen Betrag an gemeinnützige Organisationen spenden können – mit nur einem Klick. „Ziel ist es, jedem Menschen beim digitalen Bezahlen die Möglichkeit zu geben, einen positiven Beitrag für die Gesellschaft zu leisten“, sagt Tim Wellmanns, einer der fünf Gründer. Über das elektronische Fundraising hinaus bietet Elefunds wohltätigen Organisationen weitere Dienstleistungen an, um deren Sichtbarkeit online, aber auch offline zu verbessern. Elefunds berät zudem Unternehmen, die sich sozial engagieren wollen, und bringt beide Seiten zusammen. Die technische Infrastruktur ist so aufgebaut, dass sie auch externen Entwicklern von Anwendungen und Agenturen zur Verfügung steht. Daneben gibt es die Elefunds Stiftung, die die Spenden verwaltet. Elefunds ist unter anderem vom Eishersteller Ben & Jerry’s als eines von neun großartigen Sozialunternehmern in Europa ausgezeichnet worden. Dafür gab’s 10.000 Euro Preisgeld. vis

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