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Eine Boeing 747-400 der Lufthansa auf dem Flughafen Berlin-Tegel.

© Wolfgang Kumm/dpa

Lufthansa vs. Berlin: Wie die Lufthansa den Draht nach Berlin verlor

Seit ihrer Gründung 1926 verbindet die Lufthansa und Berlin eine bewegte Geschichte - mal miteinander, derzeit mehr gegeneinander. Eine Analyse.

Lufthansa-Vorstands-Mitglied Thorsten Dirks hat seine Äußerung – abreißen und neu bauen – unter anderem damit begründet, dass die Grundausstattung des neuen Flughafens schon wieder überholt sei. Er bezieht sich dabei auf die Meldung, wonach 750 installierte Monitore für die Fluggastinformation alleine deshalb ausgetauscht werden müssten, weil sie sechs Jahre lang (seit dem eigentlich geplanten Eröffnungstermin 2012) permanent unter Strom gestanden hätten und in Betrieb gewesen seien. Die Geräte hätten somit das Ende der vorgesehenen Lebensdauer erreicht.

Außerdem habe, so Thorsten Dirks, die Lufthansa inzwischen ihr Logo überarbeitet, die Farben der Markensymbole hätten sich geändert. „Das müssen wir in Berlin alles umbauen“, zitiert ihn die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, FAS, und weiter: „Ich weiß nicht, wie das gehen soll.“

Das Wort «Saubär» ist im Staub unter dem Logo der Fluggesellschaft Lufthansa am Hauptstadtflughafen Berlin Brandenburg Willy Brandt (BER) zu lesen.
Das Wort «Saubär» ist im Staub unter dem Logo der Fluggesellschaft Lufthansa am Hauptstadtflughafen Berlin Brandenburg Willy Brandt (BER) zu lesen.

© Patrick Pleul/dpa

Die Lufthansa hat sich inzwischen von den Äußerungen ihres Vorstandsmitglieds distanziert. Gut denkbar, dass Dirks vor einer der klassischen Herrenrunden beim „Unternehmertag am Tegernsee“ etwas krachledern formuliert hat. Er wäre nicht der Erste, der sich in einer Mischung aus Imponiergehabe und dem Gefühl der eigenen Wichtigkeit bei Bemerkungen zum BER vergaloppierte.

Das prominenteste Beispiel ist Siemens-Vorstandsvorsitzender Joe Kaeser. Der ließ sich im Dezember 2013 vor Studenten in München zu der Bemerkung hinreißen: Wann der Flughafen BER fertig würde, sei letztlich nicht relevant. Wenn er in zehn bis 15 Jahren eröffnet würde, reiche das völlig aus. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Siemenskonzern gerade verpflichtet, innerhalb von 18 Monaten das Zusammenwirken aller technischen und elektronischen Komponenten der Brandschutzanlage umzusetzen. 18 Monate – das wäre bis Sommer 2015 gewesen. Tatsächlich verzögert sich die Fertigstellung der Steuerung der Entrauchungsanlage, für die Siemens verantwortlich ist, bis zum Frühjahr 2019...

Objektiv betrachtet kann man unter Zugrundelegung kaufmännischer Maßstäbe der Lufthansa wegen der Konzentration auf die beiden Hubs in München und Frankfurt keine Vorwürfe machen. Frankfurt am Main war bereits in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts völlig überlastet. Die Zunahme des internationalen Luftverkehrs erforderte dringend ein zweites Drehkreuz auf deutschem Boden. Zu diesem Zeitpunkt konnte kein Mensch an eine deutsche Wiedervereinigung und den möglichen Bau eines Großflughafens im Raum Berlin denken. Neben Frankfurt wäre ein Ausbau von Stuttgart theoretisch möglich gewesen. Tatsächlich liegen beide Flughäfen zu nahe beieinander, gegen Stuttgart sprach auch die Topografie.

Pläne für den Bau eines neuen Großflughafens bei München gab es seit dem Dezember 1960, als eine Passagiermaschine über der Münchner Innenstadt abstürzte und auf einer voll besetzten Tram zerschellte – 52 Menschen starben. Der Bau des Flughafens im Erdinger Moos begann im November 1980, der Airport eröffnete am 17. Mai 1992. Im vergangenen Jahr hatte München 44,5 Millionen Passagiere. In dem Maße, in dem sich in Berlin in den 90er Jahren die Entscheidung über den Bau eines neuen Flughafens hinschleppte, baute Lufthansa ihr Engagement in München ganz logisch aus.

Die Lufthansa hatte mal mehr für Berlin übrig

Aber: Die Lufthansa hätte eindeutig mehr für Berlin tun können. Die Kalkulation des Vorstandes ging immer nur auf eine möglichst optimale Auslastung der Drehkreuze in München und Frankfurt. Bis auf den heutigen Tag sind Ziele im Mittelmeerraum mit Lufthansa nur mit Zwischenlandungen zu erreichen, während von Berliner Flughäfen aus andere Airlines diese Ziele direkt bedienen. Den halbherzigen Versuch, nach dem Ende von Air Berlin mit der Tochter Eurowings eine direkte USA-Verbindung aufrechtzuerhalten, stoppte der Mutterkonzern vor wenigen Tagen. Die Strecke sei nicht rentabel zu betreiben, hieß es, während andere Airlines die USA und Ziele in Asien im Direktflug unter offenbar befriedigenden finanziellen Ergebnissen bedienen.

Dabei war das Verhältnis Lufthansa-Berlin einmal ganz anders. 1990 hatte der damalige Lufthansa-Vorstand Hein Ruhnau konstatiert, Berlin könne nicht zu einer Metropole ohne funktionierenden Flughafen werden. Ruhnau träumte von einem Neubau mit sechs Start- und Landebahnen bei Sperenberg.

Dass es dazu nicht kam, lag freilich nicht an der Lufthansa. Sie ist auch nicht für das BER-Desaster verantwortlich. Aber sie stützt sich, nicht zuletzt im permanent von der CSU-geführten Bundesverkehrsministerium, auf verlässliche politische Unterstützung, was sich zuletzt bei den Umständen und Begleiterscheinungen der Air-Berlin-Pleite zeigte. Lufthansa sieht sich als „National Carrier“, als so etwas wie die offizielle deutsche Airline. Ein Bekenntnis zur Hauptstadt würde dazugehören.

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