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Das Vorbild vieler Limonaden: Bionade brachte in diesem Jahr eine Extrem-Bio-Sorte und eine Cola heraus.

© picture-alliance/dpa

Limonade - von Bionade bis Biozisch: Ein Markt wird aufgemischt

Es gibt schon zahlreiche Limonaden – und doch ständig neue Produkte. Wir haben ein paar frisch abgefüllte Klassiker neu probiert.

Von Maris Hubschmid

Berlin - Frank Sinatra zufolge zählt sie zu dem Besten, was man einem Menschen wünschen kann: Vogelgesang im Frühling, einen Kuss, Liebe – und im Juli eine kühle Limonade. Der Song „I wish you love“, geschrieben von Charles Trenet, stammt aus dem Jahr 1964. Im Juli 2013 – erst recht in heißen Tagen wie diesen – ist Limonade nicht weniger beliebt als damals. 81,3 Liter tranken die Deutschen zuletzt pro Kopf im Jahr. Der Absatz von Erfrischungsgetränken befindet sich auf einem Rekordniveau. Limonade hat darunter – vor alkoholfreien Bieren, Eistee oder Fruchtsaftgetränken wie Capri Sonne und Punica – den größten Anteil.

Dabei nimmt laut Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke (Wafg) die Dominanz von Weltmarken wie Coca Cola mit Fanta und Sprite oder Pepsi (auch 7 Up) nach Jahrzehnten erstmals merklich ab. Zwar ändert sich an der Gesamtspitze nichts, „doch zumindest regional können jüngere Konkurrenten beachtliche Marktanteile erzielen“, heißt es bei der WafG. „Kleinere Anbieter erobern wieder den Markt, und der wird immer variantenreicher“, sagt eine Sprecherin. Allein in den letzten zwölf Monate sind etliche neue Produkte hinzugekommen, darunter ausgefallene Mischungen wie „Pink Grapefruit and Cranberry“ (Granini) und „Birne-Hopfen“ („now“ von Neumarkter Lammsbräu).

Die neuen Limonaden sind meist weniger zuckerhaltig und ausgewiesene Bio-Produkte. „Natürlichkeit ist gefragt“, bestätigt Günter Birnbaum, Marktbeobachter bei der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) – und deshalb zur Genüge im Angebot. Es ist das Zeitalter der Gutmenschenlimos: Möglichst weltverbessernd und gesund soll sie sein – am besten aus der Region. Die Zahl der Limonadenmacher in Deutschland wächst rasant. Mit Bionade ging es 1995 los (siehe Kasten), 2003 zogen zwei Studenten aus Hamburg mit Fritz Limo nach, die sich – zuerst mit Fritz Kola – als die politisch korrekte Alternative zu Coca Cola positionierte. Bios wird in Stralsund abgefüllt, Aloha kommt aus Paderborn und Biozisch aus Höhbeck in Niedersachsen. 2008 stand mit Lemonaid – gleichfalls aus Hamburg – die erste Limonade aus fair gehandelten Früchten im Kühlregal. Die Liste ließe sich lange fortschreiben. Mehr als drei Milliarden Liter Limonade wurden 2012 von deutschen Unternehmen produziert.

Auch die Klassiker stehen hoch im Kurs

Noch recht neu im Limonadengeschäft ist das Label Proviant, entwickelt von drei Schulfreunden aus Kreuzberg. Die Limonaden der Berliner sind ein Beispiel dafür, dass – während viele immer exotischere Sorten kreieren – einige Anbieter wieder bewusst auf traditionelle Rezepte setzen. „Wir haben uns für Zitronen- und Rhabarberlimo entschieden“, sagt Proviant-Gründer Paul Löhndorf, „weil wir Limo nach Omas Rezept verkaufen wollten – eben wie hausgemacht.“

Da hinein kommen bei den Kreuzbergern nur frisch gepresster Saft, Rohrzucker und Mineralwasser. Im Sinne der Erkenntnis: Etwas ist nicht dann vollkommen, wenn nichts mehr hinzuzufügen ist, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann. Die Urform aller Limonaden ist die Zitronenlimonade, aus nichts weiter als Zitronensaft, Wasser und Zucker. Orange sprudelte schnell zum zweiten Klassiker („Sind wir nicht alle ein bisschen Bluna?“). „Sehr angesagt ist im Moment Rhabarber“, sagt Konsumforscher Birnbaum.

Alle wollen mitmischen

Zunehmend drängen außerdem „fachfremde“ Hersteller auf den Markt, deren Kerngeschäfte schwächeln und die danach lechzen, den Limonadendurst der Nation zu stillen. Fruchtsaftunternehmen wie Granini oder Valensina wollen profitieren, Mineralwasserhersteller wie Gerolsteiner und Carolinen ebenso. Die Brauereien Veltins und Krombacher füllen kistenweise Fassbrausen ab, die zumeist aber alkoholfreies Bier enthalten – und darum streng genommen nicht zu den Limonaden zählen. Besonders zuckerreduzierte Getränke übrigens auch nicht: Laut Gesetz muss Limonade hierzulande sieben Prozent Zucker enthalten, um sich Limonade nennen zu dürfen.

Konsumenten seien längst nicht mehr vornehmlich Kinder, teilt der Getränkeverband mit. Wer Frank Sinatra zuhört darf sich fragen: Waren sie es je? Limonade war immer ein Sehnsuchtsobjekt. Heute ist sie überdies zum Lifestyle-Produkt geworden. Zum Bekenntnis zu sozialer Verantwortung und Nachhaltigkeit, inhaltlich wie äußerlich durchdesignt. Etwas eben, mit dem sich auch Erwachsene guten Gewissens sehen lassen können.

Vorbild Bionade: Vom Nischenprodukt zur Massenware

"Streuobst" ist in Zusammenarbeit mit dem NABU entstanden.
"Streuobst" ist in Zusammenarbeit mit dem NABU entstanden.

© Bionade

Entwickelt wurde die Bionade Mitte der Neunzigerjahre in einer kleinen Brauerei in Ostheim an der Rhön. Heute gibt es sie bei McDonald’s und Starbuck’s. 2009 verkauften die Gründersöhne ihr Geschäft zu 70 Prozent an den Oetker-Konzern – für angeblich 20 Millionen Euro. Über die Jahre hat der Erfolg der Bio-Limo viele Nachahmer gefunden. Einige Fabrikanten lehnten sich in erster Linie optisch an das Trendgetränk an, immer mehr setzen wie Bionade auf natürliche Zutaten ohne künstliche Aromen.

Seit März dieses Jahres ist eine Cola-Variante auf dem Markt. Manche frühere Fans monieren, die Marke hätte sich damit zu sehr von ihrer Ursprungsidee entfernt. Was viele nicht wissen: Bereits vorher kooperierte der Hersteller in einigen Städten für den Vertrieb der Limo mit Coca Cola. Womöglich zur Besänftigung hat Bionade sein Sortiment neuerdings um die Sorte „Streuobst“ ergänzt – mit Äpfeln, Birnen, Pflaumen und Quitten. Sie ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit der Naturschutzorganisation Nabu und nur in Bioläden erhältlich. Haben wir natürlich auch getestet! Das Ergebnis: Keine Limo polarisiert wie diese. Ist vergleichsweise herb und insofern am ehesten Konkurrenz für das Kultgebräu Club Mate. Vier Frauen fanden: Schmeckt eigentlich nach nichts.

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