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Lieferroboter von Starship: Weltweit sind 100 Fahrzeuge der Skype-Gründer im Einsatz

© promo

Lieferdienste: Fahrende Roboter liefern Pizza und Pakete

Domino’s, Hermes und Mediamarkt Saturn testen autonome Lieferroboter. Vor dem Alltagseinsatz stehen einige Probleme.

Wenn der neue Lieferbote unterwegs ist, muss er ab und zu für ein Selfie anhalten. Passanten fotografieren sich gern mit dem grau-schwarzen Gefährt mit sechs Rädern. Noch sorgt der Lieferroboter des Unternehmens Starship Technologies für Aufsehen.

Künftig soll er genauso zum Stadtbild gehören wie heute Fahrradkuriere und menschliche Paketboten. Das zumindest glauben Janus Friis und Ahti Heinla. Und mit Visionen kennen sich die beiden Esten aus. 2003 starteten sie einen Videotelefondienst, das klang damals noch nach Science Fiction. Heute gehört Skype zum Alltag von 300 Millionen Menschen.

Nun also wollen sie Boten durch das autonom fahrende Roboterfahrzeug ersetzen. Das Interesse vieler Unternehmen ist enorm. Gerade hat die Pizzakette Domino’s einen Test angekündigt, noch vor dem Sommer sollen in Hamburg Margherita oder Calzone vom Roboterauto gebracht werden. Weitere Städte in Deutschland und den Niederlanden sollen folgen. Hierzulande testen auch Hermes und Media-Saturn die Technologie. Weltweit hat Starship inzwischen mehr als 100 Fahrzeuge im Einsatz, von London bis Washington DC.

Daimler setzt auf das Konzept der Skype-Gründer

Im Januar investierte Daimler mehrere Millionen Euro in das Unternehmen. Außerdem entwickeln die Stuttgarter einen Sprinter, der als mobile Einsatzzentrale für acht Lieferroboter dient. Ein Test dieses „Mutterschiff-Konzepts“ ist in den kommenden Monaten geplant.

Und Friis und Heinla sind mit ihrer Idee längst nicht mehr allein. Die US-Start-ups Marble und Dispatch entwickeln ebenfalls ähnliche Lieferfahrzeuge. In San Francisco lässt der zum Bewertungsportal Yelp gehörende Lieferdienst Eat24 bereits einen Marble-Roboter durch die Straßen fahren. „Fahrende Zustellroboter gehören in wenigen Jahren zum Alltag“, heißt es in einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik. Den ebenfalls in der Erprobung befindlichen Lieferdrohnen prognostizieren die Fraunhofer-Experten dagegen eher ein Nischendasein.

Mediamarkt Saturn wünscht regulären Einsatz schon 2018

„Wir wollen künftig solche automatisierten Systeme fest in die Lieferkette integrieren“, sagt Martin Wild, Chief Digital Officer bei Mediamarkt Saturn. Der Elektronikhändler hat den Starship-Roboter im vergangenen Jahr in Düsseldorf getestet. Wild ist mit den Ergebnissen sehr zufrieden, die Technik laufe stabil und auch die Kunden hätten den neuen Boten gut angenommen. Er kann eine Ladung bis zur Größe eines Laptops transportieren. Der Kunde bekommt einen Code aufs Handy, mit dem er die Ladeklappe öffnen kann.

„Ich würde mir einen regulären Einsatz schon für 2018 wünschen“, sagt Wild. Realistischer sei jedoch das Jahr 2020. Der Manager rechnet mit einer deutlichen Kostenersparnis. Und auch die Vorteile für die Kunden liegen auf der Hand: Auf Knopfdruck könnten sie den Lieferroboter dann kommen lassen, wenn sie tatsächlich zu Hause sind. Und auch Retouren könnten die fahrenden Boten abholen.

Doch bis das so normal wird wie Skypen, sind noch viele Fragen zu klären. So dürfen die Lieferroboter bislang nur mit der Sondergenehmigung einzelner Städte auf den Gehwegen fahren. Eine Bedingung dabei ist, dass sie von einem Menschen begleitet werden. Das ist derzeit schon allein deswegen sinnvoll, um die vielen Fragen neugieriger Passanten zu beantworten. Doch für den regulären Einsatz müssten die Roboter tatsächlich allein fahren. „Sonst könnten wir auch einen Menschen mit einem kleinen Wagen losschicken“, sagt Martin Wild. Dafür fehlt jedoch eine bundesweite gesetzliche Regelung.

„Die rechtlichen Fragen für einen Einsatz solcher Fahrzeuge im Regelbetrieb werden noch geprüft“, heißt es aus dem Bundesverkehrsministerium in Berlin. Nach erster fachlicher Einschätzung handle es sich aber um autonom betriebene Fahrzeuge. Dadurch fallen sie auch nicht unter das gerade beschlossene Gesetz zum automatisierten Fahren. Dort sind nur Einsatzbereiche geregelt, in denen der Fahrer noch in das Geschehen eingreifen kann.

US-Gesetz erlaubt Einsatz von Lieferrobotern

Die USA sind schon einen Schritt weiter. Im Bundesstaat Virginia tritt von Juli an ein Gesetz in Kraft, das den Einsatz von autonomen Lieferrobotern auf Bürgersteigen generell erlaubt. Voraussetzung ist nur, dass sie von einer Aufsichtsperson überwacht werden – doch die kann auch in der Ferne vor einem Monitor sitzen.

„Wir brauchen eine Regulierung auf Bundesebene, um einen autonomen Fahrbetrieb auch ohne menschlichen Begleiter testen zu können“, fordert Roger Hillen-Pasedag, Innovationschef bei Hermes. Der Paketversender hat am Freitag einen umfangreichen Test in Hamburg abgeschlossen. 3500 Kilometer haben die Roboter dabei in drei Stadtteilen zurückgelegt und mehr als 400 Pakete ausgeliefert.

Nun wertet die Otto-Tochter den Pilotversuch aus. An verschiedenen Punkten haben die Verantwortlichen bei Hermes schon Schwierigkeiten ausgemacht. So dürfen die Lieferanten auf sechs Rädern derzeit nur bei Tageslicht fahren. Wie gut die eingebauten Kameras und Sensoren im Dunkeln die Umgebung erkennen, sei noch offen. Doch nur dann würde sich ein Einsatz lohnen – gerade im Winter.

Ein weiteres Problem ist die digitale Infrastruktur in Deutschland. „Speziell in Randgebieten reicht die Versorgung mit schnellen LTE-Mobilfunknetzen nicht aus“, sagt Hillen-Pasedag. Derzeit könnten die Paketroboter in Funklöchern steckenbleiben.

Wenn sie dann beim Kunden ankommen, stehen Anbieter wie Hermes noch vor einer weiteren Herausforderung. Denn der Empfang von Paketen oder die Abgabe von Retouren müssen quittiert werden. Bei den bisherigen Tests kann das die Begleitperson übernehmen. Künftig könnte rein technisch in die Roboter auch ein Display eingebaut werden, auf dem der Empfänger unterschreibt. Rechtlich muss dafür aber auch das Postdienstleistungsgesetz geändert werden.

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