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Leitbild: Masterplan für die Berliner Industrie

In der Berliner Industrie fehlen gut 90.000 Arbeitsplätze. Mit einem Leitbild will Wirtschaftssenator Wolf vor allem die Politik auf Linie bringen.

Berlin - Einen größeren Plan gibt es gar nicht. Den vier „Aktionsfeldern“ (Rahmenbedingungen, Innovationen, Fachkräfte und Standortkommunikation) sind elf „Maßnahmebereiche“ zugeordnet. Und in diesen Maßnahmebereichen stecken wiederum zwölf „Leitprojekte“ und 22 „Masterplanprojekte“. Alles zusammen macht den „Masterplan Industriestadt Berlin 2010–2020“ aus, an dem die für die Wirtschaft relevanten Institutionen und Personen mitgewerkelt haben. Also Verbände, Gewerkschaften, Kammern und diverse Senatsverwaltungen. Am Mittwoch unterschrieb Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) mit anderthalb Dutzend Mitplanern das neue Leitbild für die Berliner Industrie.

Für den Senator ein wichtiger Punkt, denn das Bemühen um die Industrie beschäftigt ihn seit Jahren. Und nun hat er, inklusive Klaus Wowereit, den Senat dabei. Der muss zwar im Juni noch den Plan absegnen, aber das ist Formsache. Wolfs Hoffnung: Das Neben- und bisweilen Gegeneinander diverser Verwaltungen könnte sich bei der Umsetzung des neuen Industrieplanes auflösen. Die Kleinstaaterei der Berliner Verwaltung ist traditionell ein Problem. Dem setzt der Masterplan nun einen integrativen Ansatz entgegen.

Die Bedeutung der Industrie für die großstädtische Wirtschaft ist nach manchen wirtschaftspolitischen Irrungen und Wirrungen der Nachwendezeit inzwischen Konsens. An den 100 000 Industriearbeitsplätzen hängen Wolf zufolge 200 000 weitere Stellen in Dienstleistungsfirmen. Vor hundert Jahren gab es in Berlin, damals der größten Industriestadt zwischen Paris und Moskau, 600 000 Industriejobs, wie Jan Eder, Chef der Berliner IHK, am Mittwoch im Roten Rathaus erinnerte. Dieses Volumen kommt vermutlich nie wieder, aber ungefähr eine Verdopplung der Arbeitsplätze ist nicht abwegig: In dem Fall hätte Berlin einen ähnlichen Industriebestand wie heute Hamburg. „Ohne Industrie kein starkes Berlin“, betonte Eder und lobte den Masterplan wegen dessen ressortübergreifenden Ansatz.

„Dieser Masterplan ist gut“, sagte Rainer G. Jahn vom Chemieverband. Der frühere Geschäftsführer der Klosterfrau GmbH erinnerte sich an die jahrelange Beschäftigung mit dem Thema Industriepolitik. Neu sei jetzt die Vereinigung der unterschiedlichen Interessen, Organisationen und Akteure und dabei das Bemühen, vor allem auch kleine und mittlere Unternehmen einzubeziehen. „Wir wissen, was wir tun, und wer was tut“, sagte Jahn. Das ist indes nur die halbe Wahrheit. Nachdem der Senat in den nächsten Wochen dem Ganzen zugestimmt hat, müssen noch für die insgesamt 34 Projekte die Arbeitsstrukturen und -pläne, Finanzierungs- und Controllingfragen geklärt werden.

Wie dann genau die Projekte abgearbeitet werden, ist offen. Die erforderlichen Ressourcen sollen im Wesentlichen von der Politik, also den beteiligten Senatsverwaltungen kommen. In den Projektteams selbst gibt es dann sogenannte Meilensteine abzuarbeiten. In dem Projekt zur Fachkräftesicherung oder -gewinnung geht es zum Beispiel um Berliner Hochschulabsolventen, die bislang noch häufig nach Süddeutschland ziehen. Als ein Meilenstein in dem Projekt „Karriere in der Berliner Industrie“ ist nun eine Broschüre für Studenten und Absolventen geplant, in der Arbeitsmöglichkeiten in der Berliner Industrie vorgestellt werden. Und die gibt es durchaus, bis hin zu Weltmarktführern im Turbinen- und Motorradbau oder Hightechfirmen, die Herzschrittmacher produzieren.

Die naturwissenschaftliche Kompetenz in den Schulen soll gestärkt und dazu in einem ersten Schritt der Fortbildungsbedarf von Grundschullehrern ermittelt werden. Und damit mehr Mädchen und Frauen sich für die Industrie interessieren, ist mit Medienpartner die Produktion einer TV-Soap im Gespräch, in der die weiblichen Hauptrollen vor allem in der Industrie spielen.

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