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Ruf nach Rettung: Die kleinen Institute fürchten aufgrund der enormen Regulierung um ihre Existenz.

© imago stock&people

Kritik an enormer Regulierung: Kleine Institute fürchten um ihre Existenz

Seit der Finanzkrise müssen die Banken sich an sehr viel mehr Regeln halten. Gerade kleine Häuser klagen darüber und fürchten eine Fusionswelle.

Von Carla Neuhaus

Normalerweise sind es aufgebrachte Verbraucher, die gegen die Banken demonstrieren. Nicht die Banker selbst, die sich gegen ihren Verband und gegen die Politik richten. In diesem Fall ist das jedoch anders. Über 400 Volks- und Raiffeisenbanken bangen um ihre Zukunft. Die regulatorischen Vorgaben, die wachsende Bürokratie sind für sie einfach zu viel. Sie fühlen sich „vom Aussterben bedroht“. Denn anders als die Großbanken können sie es sich nicht leisten, Heerscharen von Mitarbeitern zu beschäftigen, um den Anforderungen aus Brüssel gerecht zu werden. Seit der Finanzkrise müssen die Banken sich an sehr viel mehr Regeln halten, deutlich mehr dokumentieren. Für die kleinen Häuser gilt das im gleichen Maß wie für die großen – obwohl regionale Institute dafür sehr viel weniger Ressourcen haben als die Konzerne.

Von ihrer Interessenvertretung, dem Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR), fühlen sich die Institute im Stich gelassen. Klaus Euler, Chef der Ethikbank und selbst ernannter Anführer der kleinen Banken, hat seiner Wut nun in einem offenen Brief Luft gemacht. „Wenn mehr als 400 der insgesamt 1000 Genossenschaftsbanken Aktivitäten ihres Bundesverbandes gegen die überbordende Überregulierung auf politischer und öffentlicher Ebene einfordern, kann dieser Wunsch nicht mehr ignoriert werden“, heißt es in dem Schreiben, das dem Tagesspiegel vorliegt. Zumal zur wachsenden Regulierung auch noch der Druck durch die Niedrigzinsen kommt, der es für die Institute noch schwerer macht, mit dem klassischen Bankgeschäft Geld zu verdienen. Euler spricht von „mitunter existenzbedrohenden Dimensionen“. Seine Forderung: Wenn die Politik nicht reagiert, muss es der Verband tun und eine Protestaktion, etwa eine Demonstration, organisieren.

Der Verband setzt auf Gespräche in Brüssel

Beim BVR hält man das allerdings für wenig zielführend. Das sei kein „geeignetes Mittel der politischen Auseinandersetzung um sachgerechte Aufsichtsregeln“. Eine Sprecherin sagte, auch der Verband sehe „die hohen bürokratischen Belastungen aufgrund der Regulierung kritisch“. Das sei „unverhältnismäßig“ und leiste keinen Beitrag zur Stabilität. Der Verband suche stattdessen den Austausch mit Europäischer Kommission und Behörden. In Brüssel habe man das Thema inzwischen erkannt, eine Anpassung der Vorgaben sei im Gespräch.

Ethikbank-Chef Euler geht das allerdings nicht weit und nicht schnell genug. „Mit ihrer Politik schafft die Europäische Union deutliche Wettbewerbsvorteile und gezielte Machtkonzentrationen für Großbankkonzerne; also diejenigen, die die Finanzkrise verursacht haben“, schreibt er. „Damit wird das klassische Geschäftsmodell einer Genossenschaftsbank von der Politik infrage gestellt.“ Bereits seit Jahresanfang kämpft Euler deshalb in Berlin um Gehör. Im März demonstrierte er mit 70 Mitstreitern vor den Türen des BVR. „Zeigt endlich Mut, stoppt die Regulierungswut“, stand auf einem ihrer Transparente.

In der Sache stehen die meisten kleineren Volksbanken hinter ihm. „Gerade die Genossenschaftsbanken, die nach der Finanzkrise für Stabilität gesorgt haben, werden überproportional von der Regulierung belastet“, sagt Berend Gortmann, Vorstand bei der Volksbank Niedergrafschaft und Sprecher der Interessengemeinschaft kleiner und mittlerer Genossenschaftsbanken. Georg Schürmann, Deutschland-Chef der sozial-ökologischen Triodos Bank, warnt: „Durch die undifferenzierte Regulierung besteht die Gefahr, dass künftig noch mehr Institute fusionieren müssen. Dabei trägt gerade diese Vielfalt der Bankenlandschaft zur Stabilität bei.“ Schon jetzt sei Deutschland eines der wenigen Länder in Europa, das überhaupt noch so viele regionale Institute hätte. „Diese Vielfalt muss man erhalten.“

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