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Wer ins Minus rutscht, zahlt je nach Bank kräftig drauf.

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Kontoüberziehung: So tricksen die Banken bei den Dispozinsen

Wer sein Konto überzieht, zahlt dafür im Schnitt noch immer über zehn Prozent Zinsen, zeigt eine Untersuchung der Stiftung Warentest. Viele Banken versuchen, die Höhe der Dispozinsen daher zu verschleiern.

Von Carla Neuhaus

Passieren kann es jedem. Man muss Steuern nachzahlen oder braucht dringend eine neue Waschmaschine – und schon rutscht man ins Minus. Derzeit haben die Deutschen ihre Girokonten mit insgesamt 34,5 Milliarden Euro überzogen. Für die Banken ist das ein gutes Geschäft. Denn obwohl die Sparzinsen nun schon seit Jahren auf einem Rekordtief liegen, kassieren die Institute bei der Kontoüberziehung weiter ab: Im Schnitt liegt der Dispozins noch immer bei über zehn Prozent, wie eine Untersuchung der Stiftung Warentest zeigt.

Besonders dreist ist eine Raiffeisenbank im bayerischen Trostberg-Traunreut: Bis zu 16 Prozent zahlen ihre Kunden für den Dispokredit. Aber auch bei den Banken in Berlin fallen die Dispozinsen zum Teil zweistellig aus. „Zu viele Banken nutzen den Dispozins, um ihre Kunden zu schröpfen“, sagt Hubertus Primus, Vorstand der Stiftung Warentest.

Die Banken argumentieren mit dem Ausfallrisiko

Die Geldinstitute rechtfertigen die hohen Zinsen mit dem Ausfallrisiko – sie fürchten, die Kunden könnten ihr Konto einfach nicht mehr ausgleichen. Belegen lässt sich das anhand der Zahlen allerdings nicht. Nach Angaben der Stiftung Warentest zahlen Verbraucher nur in höchstens vier Prozent der Fälle den Dispokredit nicht zurück.

Dass die Institute dennoch mit Dispozinsen von über zehn Prozent durchkommen, hat einen einfachen Grund: Verbraucher achten meist erst dann auf die Kosten für die Überziehung, wenn es zu spät ist. Und selbst wer sich als Verbraucher frühzeitig informieren will, hat es nicht leicht. Noch immer versuchen Banken, die Konditionen für ihren Dispokredit zu verdecken. Von den über 1400 untersuchten Instituten, haben gerade einmal 400 der Stiftung Warentest ihren Zinssatz freiwillig mitgeteilt. Auch im Internet haben viele Geldhäuser die Konditionen noch immer nicht veröffentlicht.

Vor allem viele Volksbanken behalten Dispozins für sich

Besonders groß ist die Geheimniskrämerei demnach bei den Volksbanken. Fast die Hälfte von ihnen machen auf ihren Internetseiten keinen Hinweis auf die Höhe ihrer Dispozinsen. Auch gegenüber der Stiftung Warentest mauern die Volksbanker oft: Die Verbraucherschützer konnten die Konditionen bei vielen nur ermitteln, indem sie Test-Kunden in die Filialen schickten. Herausgeredet hätten die Institute sich meist damit, dass sie regional aktiv seien und daher keinen Sinn darin sehen würden, an einem bundesweiten Vergleich teilzunehmen.

Für dieses Versteckspiel hat mittlerweile allerdings noch nicht einmal der Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) Verständnis, der die Interessen der Institute vertritt. Zwar hätten die Volksbanken ein breites Filialnetz mit vielen Mitarbeitern und seien daher bei den Dispozinsen nicht die günstigsten. „Wir müssen uns deshalb aber nicht verstecken“, sagte ein Verbandssprecher. Der BVR habe die Institute immer wieder aufgefordert, ihre Konditionen transparent zu machen.

Ein Gesetz soll bald für mehr Transparenz sorgen

Lange dürften die Banken mit dieser Geheimniskrämerei allerdings ohnehin nicht mehr durchkommen. Derzeit ist ein Gesetz in Arbeit, das Banken ab kommendem Jahr verpflichten soll, die Höhe ihrer Dispozinsen im Internet zu veröffentlichen. Verbraucherschützer versprechen sich davon eine höhere Transparenz.

Allerdings haben die Banken bereits eine neue Methode ausgemacht, um abzukassieren: Immer mehr Institute bieten Premiumkonten mit höheren Kontoführungsgebühren, aber niedrigeren Dispozinsen an. Das klingt gut – lohnt sich aber nicht immer. Je nachdem wie die Konditionen ausfallen, kann das Premiumkonto den Kunden sogar am Ende mehr kosten, als er durch den niedrigeren Dispozins spart, zeigt eine Beispiel-Rechnung der Stiftung Warentest. Auch Frank-Christian Pauli vom Bundesverband der Verbraucherzentralen sieht diese Entwicklung kritisch. „Den Kunden fehlen so die Vergleichsmöglichkeiten.“

Institute wie die Deutsche Bank und ihre Regionaltochter Berliner Bank nutzen noch einen anderen Trick: Sie knüpfen die Höhe des Dispozinses an die Bonität des Kunden. Je zahlungsfähiger er aus Sicht der Bank ist, desto weniger muss er für die Kontoüberziehung zahlen. Das Problem: „Der Verbraucher weiß nicht, mit welchem konkreten Zinssatz er rechnen muss“, sagt Stephanie Pallasch von der Stiftung Warentest. Schließlich kann der Kunde nur schwer einschätzen, wie gut das Institut seine Bonität einstuft. Die Deutsche Bank argumentiert dagegen, ihr Vorgehen sei „absolut marktkonform“. Der Kunde könne die Höhe seines individuellen Dispozinses auf seinem Kontoauszug einsehen.

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