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Ausverkauft: Supermarktregal in Leipzig.

© dpa/Jan Woitas

Exklusiv

Konsum in der Corona-Krise: Hamstern junge Menschen weniger als alte?

Eine aktuelle Studie deutet an, dass vor allem die mittleren Altersgruppen in der Krise Vorräte anlegen – das Konsumverhalten der Mehrheit aber gleich bleibt.

Die leeren Regale in den Supermärkten kennt inzwischen wohl fast jeder Kunde. Nudeln, Toilettenpapier, Konserven – überall kommt es in diesen Tagen zu Lieferengpässen. Hat sich das Konsumverhalten der Menschen mit Ausbruch der Corona-Pandemie wirklich so schlagartig verändert, dass an vielen Stellen nichts mehr übrig ist?

Glaubt man den ersten Ergebnissen einer aktuellen Studie des Volkswirtschaftlers Tilman Brück, dann lautet die Antwort: Nein. Die Mehrheit der Befragten kauft demnach genauso viel ein, wie sie es vor Ausbruch der Krise auch getan hat.

Mehr Kartenzahlung

Allerdings scheint sich der Umgang im Supermarkt zu ändern. Mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer, rund 55 Prozent, bezahlen seit Ausbruch der Pandemie zum Schutz vor einer Ansteckung lieber per Karte. Weniger als sieben Prozent bestellen ihr Essen vermehrt bei Lieferdiensten. 14 Prozent geben an, jetzt häufiger einkaufen zu gehen.

Doch insgesamt zeigt die Mehrheit der Studienteilnehmer ein ähnliches Konsumverhalten wie vor der Krise. „Fast zwei Drittel der Befragten gibt im Geschäft so viel Geld aus wie zuvor“, sagt Brück. Nur 26 Prozent gaben an, in den vergangenen sieben Tagen „mehr als gewöhnlich“ besorgt zu haben.

„Da frage ich mich: Warum sind manche Supermärkte dann so leer in diesen Tagen?“, sagt Brück. „Das zeigt uns, wie fehleranfällig unser Versorgungssystem ist.“ Die These des Ökonomen lautet: Weil die meisten Märkte ihre Lieferungen „just-in-time“ bezögen, könnten sie einen ungeplanten Anstieg des Absatzes wie in diesen Tagen nicht ausgleichen – selbst, wenn nicht alle hamstern gehen.

Vor allem die mittleren Altersgruppen zeigen der Studie zufolge mehr Tendenz zum Hamstern als andere – vielleicht weil sich in dieser Gruppe häufiger Eltern kleiner Kinder befänden, meint Brück. So antworteten fast 40 Prozent der 36- bis 45-Jährigen „Ja“ auf die Frage: „Haben Sie in den letzten sieben Tagen Vorräte angelegt?“ Bei den 18- bis 25-Jährigen haben das weniger als 30 Prozent getan.

Weniger haben, aber besser leben

Auch mit Blick auf die Einstellung unterscheiden sich die Jüngeren im Umgang mit der Pandemie. So wären sie bereit, für die Bewältigung der Krise ein größeres finanzielles Opfer zu bringen als andere. „Jüngere wären bereit, einen höheren Anteil ihres Einkommens aufzugeben, um weitere Corona-Infektionen im Land komplett zu verhindern“, sagt Brück. Die 18- bis 25-Jährigen würden im Schnitt 30 Prozent des eigenen Geldes abgeben, wenn das neue Infektionen verhindern könnte. Die über 45-Jährigen würden dafür allenfalls rund die Hälfte, nur 16 Prozent ihres Vermögens aufgeben wollen.

Brück erklärt den Unterschied damit, dass die Jüngeren „den Großteil ihres Lebens noch vor sich haben und deswegen mehr verlieren können. Sie wollen jetzt etwas aufgeben, um die Krise zu beenden – nach dem Motto: lieber weniger haben, dafür länger und besser leben.“

Voll solidarisch sind die jungen Befragten in der Corona-Krise allerdings nicht. Zwar sind sie theoretisch zu höheren finanziellen Opfern bereit als die Älteren – aber auch zu „weniger konkreter Solidarität für Mitbürger“, wie es in der Studie heißt. Jüngere Befragte hätten sich in den vergangenen Tagen seltener in Nachbarschaftshilfen oder ähnlichem eingebracht als andere Altersgruppen.

Pandemie und Klimawandel - die größten Probleme

Für die Studie hat der Entwicklungsökonom Brück, der am das Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau und für den Berliner Thinktank „ISDC“ arbeitet, über die Webseite „Mit Corona leben“ bislang mehr als 1100 Menschen befragt. Die derzeitige Datenlage sei bislang allerdings zu dünn, um repräsentative Aussagen abzuleiten, betont er. Tendenzen ließen sich aber ablesen – und die zeigten, dass auch in Krisenzeiten einiges gleichbleibe, etwa die Angst vor dem Klimawandel.

„Der Klimawandel bleibt eine große Sorge vieler Menschen“, sagt Brück. Die Pandemie halten rund 40 Prozent der Studienteilnehmer für das größte Problem unserer Zeit – ungefähr genauso viele Befragte sagten das über den Klimawandel.

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