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Das Steinkohlekraftwerk Mehrum bei Hohenhameln (Niedersachsen) auf.

© Julian Stratenschulte/dpa

Kohle, Öl und Gas: Anleitung für den Ausstieg aus fossilen Investitionen

Das Land Berlin liefert einen neuen ethisch-ökologischen Aktienindex für den Abzug von Investitionen aus Kohle, Öl und Gas.

Eine Blaupause für den Abzug von Investitionen aus Kohle, Öl und Gas liefert das Land Berlin mit einem neuen ethisch-ökologischen Aktienindex. Zwei Dienstleister haben den Index im Auftrag von Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen erstellt. Er wird als Richtschnur dafür dienen, wie das Land seine Rücklagen für Beamtenpensionen in Höhe von rund 800 Millionen Euro umschichtet. Grundlage war ein Beschluss des Berliner Abgeordnetenhauses von Sommer 2016. Berlin ist damit das erste Bundesland, das seine Versorgungsrücklagen aus fossilen Energien abzieht.

Der Solactive Oekom ESG Fossil Free Eurozone 50 Index listet 50 Unternehmen der Eurozone auf, die die besten Nachhaltigkeitsleistungen ihrer Branche erbringen. Das haben die Rating Agentur Oekom Research und der Indexanbieter Solactive ermittelt. In die Bewertung ist auch eingegangen, wie die Unternehmen ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden. Atom- und Rüstungsfirmen sind ausgeschlossen.

Der Beschluss des Abgeordnetenhauses geht auf eine Initiative der Bürgerbewegung Fossil Free zurück. Um den Klimawandel zu stoppen arbeitet sie weltweit daran, dass Anleger ihre Gelder aus Kohle-, Öl- und Gasunternehmen zurückziehen. Dadurch soll ihnen die Akzeptanz genommen und ihr politischer Einfluss geschwächt werden. Fossil Free wertet die Veröffentlichung des Index‘ als großen Erfolg: „Er ebnet Bundesländern, Städten und Kommunen den Weg, Investitionen in die fossile Industrie umgehend zu beenden“, teilt das Bündnis mit.

Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz haben nach Angaben von Fossil Free ähnliche Beschlüsse gefasst wie Berlin. „Sie stehen in der Verantwortung, ihre Klimaschutzbekenntnisse auch zu beweisen und finanziell aus der Kohle-, Öl- und Gasindustrie auszusteigen“, sagt Mathias von Gemmingen von Fossil Free Berlin.

Das Recherchenetzwerk Correctiv hatte 2016 die Investitionen der Bundesländer begutachtet und ermittelt, dass von den Berliner Rücklagen für Pensionen gut sieben Millionen Euro in Firmen stecken, die mit fossilen Energieträgern ihr Geld verdienen. Mit rund 2,3 Millionen ist fast ein Drittel der Summe in dem französischen Ölkonzern Total angelegt. Auf den italienischen Ölkonzern Eni, den spanischen Energieversorger Iberdrola und den italienischen Energiekonzern Enel entfallen jeweils rund 800.000 Euro. Auch der französische Gaskonzern Engie und die deutsche RWE sind im Portfolio vertreten.

Insgesamt haben die Bundesländer nach den Recherchen von Correctiv mehr als vier Milliarden Euro in Versorgungsrücklagen für Beamtenpensionen angelegt. Darunter seien klimaschädliche Investitionen von fast 400 Millionen Euro.

Der neue Index listet an erster Stelle das Unternehmen Schneider Electric auf, einen Spezialisten für  Energiemanagement und Automatisierung. Es folgen SAP, Unilever, Sanofi und die Allianz. Der Versicherer hatte bereits 2015 angekündigt, seine Investitionen aus fossilen Unternehmen abzuziehen. Wie bei vielen anderen Ankündigungen dieser Art ist das aber nicht absolut zu verstehen. Ausgeschlossen werden meist nur Unternehmen, die mehr als 30 Prozent ihres Umsatzes beziehungsweise ihrer Energieerzeugung aus fossilen Energien generieren.

Das zeigt, wie vage die Kriterien für grüne Investments zurzeit noch sind. Eine Expertengruppe bei der Generaldirektion Finanzstabilität der EU-Kommission arbeitet gerade dran, genaue Regeln festzulegen. In der Tendenz haben Regulierungsbehörden weltweit die Risiken des Klimawandels für den Finanzsektor im Blick. So wird die Task Force on Climate-related Financial Disclosures im Juli ihren Bericht an die G 20 übergeben. Eine erste Version der Empfehlungen betont neben den Risiken für den Finanzmarkt auch die großen Chancen für Unternehmen, die Lösungen für die Minderung von Treibhausgasen anbieten.

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