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Wer Mikrojobs im Internet annimmt, arbeitet dabei selbstständig.

© Kitty Kleist-Heinrich

Klage abgewiesen: Clickworker bleiben trotz langer Zusammenarbeit Selbstständige

Immer mehr Menschen nehmen flexible Mikrojobs im Internet an. Ein Clickworker sah das als unbefristetes Arbeitsverhältnis an. Das Gericht sah es anders.

Crowdworker übernehmen kleine Jobs für Firmen und bieten ihre Dienste über das Internet an. Sie arbeiten über Apps oder Internetplattformen und konkurrieren im Netz um Aufträge. Bekannt sind zum Beispiel Fahrradkuriere von Lieferdiensten oder Verfasser von Kundenrezensionen im Internet, die dann gerne Clickworker genannt werden. Nun hat das Landesarbeitsgericht in München in einer strittigen Frage entschieden: Gelten Crowdworker, die ihre Aufträge immer von derselben Firma erhalten, Angestellte? Und das Urteil fiel deutlich aus – sie sind es nicht; sie sind selbstständig.

„Ein Arbeitsvertrag liegt nach der gesetzlichen Definition nur dann vor, wenn der Vertrag die Verpflichtung zur Leistung von weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit vorsieht“, teilte das Gericht mit. In den vergangenen Jahren ist die Zahl solcher Gelegenheitsjobs gestiegen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles wurde deswegen die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

1800 Euro im Monat durch Clickworking

Wie es zu der juristischen Auseinandersetzung kam? Vor dem Landesarbeitsgericht hatte ein Mikrojobber darauf geklagt, Angestellter der Internetfirma zu sein, die ihm die Jobs vermittelte. Der 1967 geborene Mann machte nach unter anderem Fotos von Tankstellen und Märkten, um sie zur Überprüfung der jeweiligen Warenpräsentation weiterzuleiten. In der Woche arbeitete er 20 Stunden und verdiente so 1800 Euro im Monat.

Als die Plattform die Zusammenarbeit mit ihm beenden wollte, zog er vor Gericht. Aus seiner Sicht bestand ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Die beklagte Internetfirma hielt dagegen, der Kläger habe als Selbstständiger die Aufträge übernommen. „Im vorliegenden Fall bestand weder eine Verpflichtung zur Annahme eines Auftrags, noch umgekehrt eine Verpflichtung für den Auftraggeber Aufträge anzubieten“, so das Gericht.

Gewerkschaft fordert mehr Regeln

Das Urteil könnte Signalwirkung für die gesamte Plattformwirtschaft haben – und dürfte die Bundespolitik sehr interessieren. „Dieser Einzelfall zeigt eine problematische Entwicklung in der Plattformwirtschaft“, sagte Björn Böhning, Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, vor kurzem in der ARD. „Die Plattformen definieren durch ihre allgemeinen Beschäftigungsbedingungen oftmals, dass Crowdworker selbstständig sind, weil sie die Arbeitskosten und die Sozialkosten, die normalerweise mit einer Beschäftigung verbunden sind, scheuen.“ Demnächst will Böhning ein Konzept vorstellen, wie Crowdworker mehr Arbeitnehmerrechte erhalten und sozial besser abgesichert sein sollen.

Laut dem „Crowdworking Monitor“ des Arbeitsministeriums aus dem letzten Jahr arbeiten rund 4,8 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung in Deutschland als Crowdworker. „Und es ist zu erwarten, dass diese Zahl deutlich ansteigen wird“, schreibt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in einem aktuellen Positionspapier. Statt einer gute Möglichkeit, einfach und flexibel Geld dazuzuverdienen sieht der DGB vielmehr lauter prekäre Jobs – und fordert angesichts der zunehmenden Digitalisierung mehr Regeln.Marie Rövekamp (mit dpa)

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