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Volle Strände auf Mallorca? Der Tourismusminister glaubt nicht, dass vor August Urlauber kommen werden.

© picture alliance / Julian Strate

Keine Reisen wegen Covid-19: Fällt jetzt auch der Sommerurlaub ins Wasser?

Das Auswärtige Amt hat seine Reisewarnung verlängert, für Urlaub im Ausland sieht es schlecht aus. Und in Deutschland?

Der Osterurlaub ist wegen Corona gelaufen, nun haben viele Menschen Angst, dass auch noch die Sommerferien ins Wasser fallen. Unberechtigt ist die Sorge leider nicht.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hält in diesem Jahr einen Sommerurlaub in Spanien, Italien, Frankreich oder der Türkei für "unwahrscheinlich".

Damit ist er nicht allein. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen empfiehlt, mit der Reiseplanung zu warten. "Für Juli und August kann derzeit niemand verlässliche Vorhersagen machen", sagte von der Leyen der "Bild am Sonntag".

Ärztepräsident Klaus Reinhardt hat den Sommerurlaub bereits abgeschrieben. Er hoffe, dass Reisen wieder in den Herbstferien möglich sind, betont der Mediziner - oder im nächsten Jahr.

Reisewarnung verlängert

Auch Bundesaußenminister Heiko Maas ist skeptisch. Die weltweite Reisewarnung ist bis zum 14. Juni verlängert worden. Pauschalreisen werden storniert, Kunden bekommen ihr Geld zurück.

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Nichts los: Derzeit finden kaum Flüge in Tegel statt.
Nichts los: Derzeit finden kaum Flüge in Tegel statt.

© imago images/Future Image

"Dieser Reisesommer wird sicher anders sein als in den Jahren zuvor", sagte der Präsident des Deutschen Reiseverbands, Norbert Fiebig, dem Tagesspiegel. Spanien und Italien, die beliebtesten Auslandsreiseziele der Bundesbürger, leiden schwer unter der Corona-Pandemie. Mallorca glaubt erst im August an eine Rückkehr des Tourismus, zitierte die "Mallorca-Zeitung" den balearischen Tourismusminister Iago Negueruela. In den USA wurde der Einreisestopp auf unbestimmte Zeit verlängert.

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Die Reisebranche geht davon aus, dass Reisen zunächst in bestimmte Regionen Deutschlands möglich werden. "Auch in einigen europäischen Ländern, die die Corona-Pandemie gut gemeistert haben, wird es in einem zweiten Schritt wahrscheinlich möglich sein, Reisen unter bestimmten Vorsichtsmaßnahmen zu unternehmen", betonte Fiebig.

Auch Europas größter Reiseveranstalter, die Tui, erwartet, dass im Sommer als erstes Reisen innerhalb Deutschlands und in benachbarte Länder stattfinden werden. "Wann welche Ziele bereist werden können, hängt zum einen von der Entscheidung der Bundesregierung ab und zum anderen von den einzelnen Urlaubsländern", betont Tui-Sprecherin Anja Braun. "Sobald ein Urlaubsland grünes Licht gibt, sind wir in der Lage, Reisen dorthin anzubieten".

Österreich, das stark vom Tourismus lebt, strebt einen Tourismuspakt mit Deutschland an, um Sommerreisen zu ermöglichen. Doch die Bundesregierung ist skeptisch. Es sei der Regierung bewusst, dass die Tourismusbranche derzeit sehr leide, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. Im Moment sei es aber das Wichtigste, die Ausbreitung des Virus zu stoppen.

Die Reisebranche hat Geldsorgen

Derzeit bieten die Reiseveranstalter praktisch keine Reisen an. Covid-19 hat die Reisebranche in tiefe Abgründe gestürzt. Tui wird von der Bundesregierung mit einem 1,8 Milliarden Euro schweren KfW-Kredit über Wasser gehalten, Konkurrent FTI wird mit Bürgschaften des Bundes und des Landes Bayern gestützt.

Das Dilemma: Weil Reisen ausfallen, müssen die Veranstalter den Kunden das Geld zurückzahlen. 3,5 Milliarden Euro müssten in diesen Tagen erstattet werden, berichtet Reiseverbandspräsident Fiebig. Zugleich fehlt es an frischem Geld, weil kaum jemand derzeit eine neue Reise bucht.

Die Umsatzausfälle belaufen sich bis Ende April auf 4,8 Milliarden Euro, hat der DRV ausgerechnet, und die Ausfälle werden weiter wachsen. Viele Veranstalter verzichten nämlich darauf, bei ihren Kunden Restzahlungen für Reisen einzuziehen, die im Mai fällig würden.

Gutscheine statt Geld?

"Die Lage ist bedrohlich für die Reiseunternehmen, aber auch für die Kunden", warnt Fiebig vor einer Insolvenzwelle. Um Pleiten zu verhindern, will die Reisebranche, dass Kunden Gutscheine bekommen statt Geld, wenn die Reise ausfällt. Die Bundesregierung unterstützt diesen Vorstoß und will auf europäischer Ebene eine entsprechende Gesetzesänderung durchsetzen.

Doch die EU-Kommission macht nicht mit. Reisende hätten das Recht auf Erstattung der Kosten. "Die Regeln sind klar", sagte ein Sprecher von EU-Verbraucherkommissar Didier Reynders dem Tagesspiegel, "wir können Verbraucher nicht ihrer Rechte berauben und damit Rechtsunsicherheit schaffen". Allerdings sollten Kunden überlegen, ob sie nicht auf freiwilliger Basis einen Gutschein akzeptieren, um die Reisebranche zu schonen.

"Wundervolle Ziele": Bayerns Ministerpräsident Markus Söder schwärmt von Deutschland und den Bayerischen Alpen.
"Wundervolle Ziele": Bayerns Ministerpräsident Markus Söder schwärmt von Deutschland und den Bayerischen Alpen.

© dpa

Die Bundesregierung stürzt das in ein Dilemma. Sie muss jetzt überlegen, ob sie auf nationaler Ebene einen Gutscheinzwang festlegt. Dankbar ist das nicht, vor allem nicht für Bundesverbraucherministerin Christine Lambrecht (SPD), die federführend für das Projekt wäre und den Kunden bereits Zwangsgutscheine für ausgefallene Konzerte und Fitnessstudios zumutet.

Hinzu kommt, dass Reisende nicht gut gegen Veranstalterpleiten geschützt sind, wie das Beispiel Thomas Cook im vergangenen Jahr gezeigt hatte. Zwar wird auf Hochtouren an einer besseren Regelung gearbeitet, doch ob der Schutz schon für die Sommersaison gelten würde, ist höchst zweifelhaft.

Sperrzone: Touristen dürfen bis zum 3. Mai nicht an die Nord- und Ostsee reisen.
Sperrzone: Touristen dürfen bis zum 3. Mai nicht an die Nord- und Ostsee reisen.

© dpa

Derzeit sind nicht nur Urlaubsreisen ins Ausland, sondern auch innerhalb Deutschlands verboten. Das gilt zumindest bis zum 3. Mai. Bayerns Ministerpräsident Söder schwärmt aber bereits von den "wundervollen Zielen", die es hierzulange gibt. Ohnedies ist das eigene Land traditionell die Lieblingsreiseregion der Bundesbürger. Vor allem die Küsten und Bayern sind beliebt.

Soll man seine Reise jetzt stornieren?

Die Sommersaison will Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) daher auch noch nicht verloren geben. Bayerns Tourismus-Marketing erwartet, dass der Tourismus in der zweiten Jahreshälfte an Fahrt gewinnt. Und auch in Mecklenburg-Vorpommern hoffen Hoteliers und Ferienhausvermieter auf Sommerurlauber aus Berlin und anderen Teilen Deutschlands.

"Wir sind Tourismusland und wollen es auch bleiben", sagte Regierungssprecher Andreas Timm dem Tagesspiegel. Man werde die Lage sorgfältig beobachten und dann eine Entscheidung treffen.

Was heißt das für die Kunden, soll man eine gebuchte Reise lieber jetzt schon stornieren? Zwar würden Stornokosten fällig, aber nicht das gesamte Geld.

"Ich rate davon ab, jetzt zu stornieren", warnt Sabine Fischer-Volk von der Berliner Rechtsanwaltskanzlei Karimi. Bleiben Reisen auch im Sommer noch verboten, muss man sie auch nicht zahlen. Und wird das Reisen wieder erlaubt, kann man seine Reise ja auch antreten - und dann auch im Corona-Sommer einen Sommerurlaub haben.

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