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Bald einerlei? Karstadt bietet für Kaufhof drei Milliarden Euro. Ein Deal hätte sicher Konsequenzen für die Mitarbeiter. Fotos: imago/Agentur 54 Grad

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Karstadt will Kaufhof: Drei, zwei, eins – meins?

Karstadt will sich Kaufhof einverleiben. Zweifelhaft ist allerdings, ob das als Rezept gegen die immer größer werden Konkurrenz aus dem Netz taugt.

Sollte der Deal am Ende scheitern, könnte ein so profaner wie menschlicher Grund die Ursache sein. Denn nach allem, was man weiß, mag Richard Baker René Benko nicht. Baker wurde vom „Handelsblatt“ einmal als „Willi Wonka der Warenhäuser“ bezeichnet, über Benko urteilte die „Süddeutsche Zeitung“ kürzlich, viele hielten ihn für einen „halbseidenen Emporkömmling“. Beide teilen ein Faible für Luxusartikel. Baker gehört Kaufhof, Benko gehört Karstadt.

Aber Benko würde sehr gern beide Warenhausketten besitzen. So sehr, dass seine jüngste Offerte schon der mittlerweile dritte Versuch ist, endlich den Zuschlag zu bekommen. Und wie es scheint, stehen seine Chancen diesmal gut, trotz aller Abneigung.

Drei Milliarden Euro hat René Benko dafür auf den Tisch gelegt. Er ist der Kopf der von ihm gegründeten österreichischen Signa Holding. Die hatte 2014 Karstadt von Nicolas Berggruen übernommen. Der wiederum hatte die Warenhauskette erst 2010 für einen symbolischen Euro nach der Arcandor-Pleite gekauft und sich dafür als Retter feiern lassen. Wirklich sanieren konnte er das Unternehmen aber nicht. Dann übernahm Benko. Er mutete den Mitarbeitern einiges zu, brachte das Unternehmen zwar trotz allem nicht zu altem Glanz zurück, aber immerhin wieder auf einen erfolgreicheren Kurs. Und jetzt will Benko ausbauen. Erst Anfang Oktober rüstete sich Signa für einen neuen Kaufversuch von Kaufhof mit einer Kapitalerhöhung von einer Milliarde Euro.

Das Warenhaus sei „ein sterbender Dinosaurier“

Die Kette hat es Benko wirklich angetan. Schon 2015 bot er mit um die Warenhauskette. Er verfolgt die Idee einer „Deutsche Warenhaus AG“, unter deren Dach Kaufhof und Karstadt fusionieren könnten. Daraus wurde vorerst nichts, den Zuschlag für Kaufhof erhielt das kanadische Traditionsunternehmen Hudson’s Bay Company (HBC). Die sitzt nun – ungefragt – auf der anderen Seite am Verhandlungstisch. Die HBC mit Sitz in Toronto schreibt Verluste, die Umsätze gehen zurück. Offiziell heißt es dort, man wolle am europäischen Geschäft festhalten. Das Unternehmen bestätigte aber, dass ein „unvollständiges, nicht bindendes, unaufgefordertes Angebot“ eingegangen sei.

Handelsexperte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein hält es vor der schlechten Ausgangslage der HBC für äußerst wahrscheinlich, dass dieses Mal ein Deal zustande kommt. Dass sich HBC derzeit noch ziert, gehöre zur üblichen Verhandlungstaktik, um den Preis noch möglichst in die Höhe zu treiben. Wobei die drei Milliarden gar kein schlechter Deal zu sein scheinen, jedenfalls gemessen daran, dass die HBC damals bloß 2,8 Milliarden Euro für Kaufhof bezahlt hatte.

Unsicher ist, was eine Fusion bedeuten würde. Eine „Deutsche Warenhaus AG“ dürfte so etwas wie der letzte Versuch werden, sich im Warenhausgeschäft gegen den übermächtigen Online-Handel zu stemmen. Ketten wie Horton und Hertie wurden davon bereits komplett verschluckt, Karstadt konnte dem zwar gerade noch entgehen, aber die Umsatzzahlen zeigen mittelfristig klar nach unten: Im Geschäftsjahr 2015/16 setzte das Unternehmen noch 2,01 Milliarden Euro um, im Jahr 2000 war es mit 7,58 Milliarden noch ein Vielfaches.

Handelsexperte Heinemann hält eine Fusion deshalb für den richtigen Schritt, sagt aber auch, die Maßnahme werde „das Siechtum nur verlängern“. Das Warenhaus sei „ein sterbender Dinosaurier“.

Der Handelsexperte befürchtet, dass langfristig bloß die Hälfte der Standorte in Deutschland bestehen wird. Die Angestellten beider Unternehmen würden im Falle einer Fusion wohl schlechte Nachrichten erwarten. Mögliche Schließungen beträfen die Mitarbeiter unmittelbar. Heinemann vermutet außerdem: „Eine doppelte Verwaltung bliebe im Falle einer Zusammenlegung kaum bestehen.“ Unterm Strich heißt das: Stellenabbau.

Eine Fusion würde vielerorts ein Monopol bedeuten

Bei der zuständigen Gewerkschaft Verdi hält man sich mit einer Stellungnahme vorläufig noch zurück. Man prüfe die Sachlage derzeit und reiche eine Einschätzung nach. Handelsexperte Heinemann geht aber davon aus, dass in weiteren Verhandlungen sowohl die Gewerkschaften als auch der Betriebsrat „noch ein Wörtchen mitzureden“ hätten. Soll heißen: Widerstandslos wird es wohl keinen Deal geben.

Käme ein Geschäft zustande, müsste ohnehin erst noch das Bundeskartellamt zustimmen. Dort heißt es, man wolle sich nicht an Spekulationen beteiligen. Käme es allerdings zu einem solchen Vorgang, werde man sich den „selbstverständlich sehr genau ansehen“, sagte ein Sprecher des Bundeskartellamts dem Tagesspiegel.

Eine Fusion von Karstadt und Kaufhof würde in vielen Innenstädten faktisch ein Monopol bedeuten. Die Wettbewerbshüter hätten nach einer Anmeldung einen Monat lang Zeit, die Rechtmäßigkeit zu prüfen. Innerhalb dieser Frist können die Beamten mögliche Bedenken anmelden, dann bekommen sie weitere drei Monate Fristverlängerung. Nach vier Monaten muss also spätestens eine Entscheidung getroffen werden, ob und unter welchen Bedingungen sie eine Freigabe erteilen.

Gerrit Heinemann hält es für wahrscheinlich, dass das Kartellamt zustimmen würde. „Alles andere wäre in meinen Augen eine Farce.“

Falls doch, können Unternehmen gegen die Entscheidung vor Gericht ziehen und die Verfügung des Bundeskartellamtes inhaltlich prüfen lassen. Alternativ bleibt noch das Mittel der Ministererlaubnis, wie sie zum Beispiel bei der Übernahme von Kaiser’s-Tengelmann durch Rewe zur Anwendung kam.

Ganz egal, wie ein Deal am Ende aussehen könnte, Heinemann nimmt an, dass sich für die Kunden vorerst nichts ändern werde. Und überhaupt, so ein Procedere könne ja schnell ein paar Jahre dauern.

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