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Karrierefrage: Sind die Kunden der Ex-Firma tabu?

Kann ein ehemaliger Mitarbeiter für Auftraggeber tätig sein, die er aus seinem vorherigen Arbeitsverhältnis kennt? Das beantwortet der Fachanwalt für Arbeitsrecht.

Unser Leser fragt: Ich bin Grafik-Designer und arbeite seit vielen Jahren für eine Werbeagentur. Mein Vertrag wurde im August von meinem Arbeitgeber betriebsbedingt gekündigt und läuft Ende Januar aus. Ich möchte mich nun selbstständig machen. Einige Kunden würden gern weiter mit mir zusammenarbeiten. Laut meinem Arbeitsvertrag darf ich aber bis zu zwei Jahre nach Vertragsende nicht für Kunden der Agentur tätig sein. Andernfalls droht eine Strafe von 2 000 Euro pro Fall. Muss ich mich trotz Kündigung daran halten?

Dietmar Müller-Boruttau antwortet: Arbeitgeber haben gewöhnlich ein Interesse daran, dass ein ausscheidender Arbeitnehmer keine Kunden „mitnimmt“. Ist aber nichts vereinbart mit dem Arbeitnehmer, darf dieser nach seinem Ausscheiden grundsätzlich Kunden seines ehemaligen Arbeitgebers ansprechen. Daher ist es nicht unüblich, dass Verträge Klauseln enthalten, die Wettbewerb verbieten und gegebenenfalls sogar Vertragsstrafen androhen.

Es machen sich aber nur wenige Arbeitgeber Gedanken darüber, ob die Voraussetzungen für ein solches Wettbewerbsverbot gegeben sind. In der Praxis sind viele derartige Klauseln unwirksam, weil sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen oder formelle Fehler enthalten, weil die Reichweite des Verbots unklar definiert ist oder die Höhe der angedrohten Strafe im Missverhältnis zu der verbotenen Geschäftshandlung steht.

Die nachvertragliche Tätigkeit darf jedoch nur eingeschränkt werden, wenn dadurch berechtigte Interessen des Arbeitgebers geschützt werden – und es dafür eine Gegenleistung gibt: Für die Dauer des Wettbewerbsverbots muss ein Ausgleich, eine „Karenzentschädigung“ gezahlt werden. Diese beträgt für jedes Jahr des Verbots mindestens 50 Prozent der zuletzt vom Arbeitnehmer bezogenen Leistungen. Ist dieser Ausgleich zu gering oder nicht vorgesehen, ist das Verbot unverbindlich und der Arbeitnehmer kann entscheiden, ob er sich daran hält.

Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber betriebsbedingt kündigt: Der Arbeitnehmer hat dann das Recht, sich vom Wettbewerbsverbot zu lösen. Diese Lossagung muss allerdings binnen eines Monats nach dem Zugang der Kündigung gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber erklärt werden. Entscheidend ist also, wann gekündigt wurde – und nicht, wann das Arbeitsverhältnis endet.

Liegt ein Wettbewerbsverbot vor, das eine Karenzentschädigung enthält und formal wirksam ist, und wurde Ihnen zudem betriebsbedingt gekündigt, wäre es für eine Lossagung also zu spät. Bestehen Zweifel an der Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots, haben Sie aber immer noch die Möglichkeit, die Unwirksamkeit gerichtlich feststellen zu lassen.

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E-Mail: Redaktion.Beruf@tagesspiegel.de

Dietmar Müller-Boruttau

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