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Brainstorming. Wer im Beruf stecken bleibt, sollte wie ein Designer vorgehen und viele neue Ideen durchspielen.

© imago/Ikon images

Wie man ein glückliches Leben gestaltet: Denke wie ein Lebenskünstler

Falsche Überzeugungen hindern Menschen am Erfolg. Design Thinking hilft, Neues zu wagen.

Von Aleksandra Lebedowicz

Es gibt keine Einhörner. Keine Feen. Und keine Traumjobs... Moment mal, keine Traumjobs? Wird uns denn nicht von klein auf erzählt, wie wichtig es für ein erfülltes Berufsleben sei, die eine Leidenschaft zu entdecken, für die man brennt und die man verwirklichen soll? Und wie sich dann alles auf magische Weise zu einem sinnstiftenden Leben zusammenfügt?

Für Bill Burnett und Dave Evans, zwei Stanford-Professoren bestens vernetzt in der Tech-Welt im Silicon Valley, ist die Sache klar: Diese Vorstellung ist das Paradebeispiel einer dysfunktionalen Überzeugung. Der etwas sperrige Begriff steht für all jene nervigen Ideen, die uns ausbremsen, uns zweifeln lassen und uns daran hindern, ein glückliches Leben zu führen. „Der Abschluss bestimmt meine Karriere“, „Wer Erfolg hat, ist glücklich“, „Es ist zu spät, noch etwas zu verändern“, „Ich darf es nicht vermasseln“, „Mein Traumjob wartet irgendwo draußen auf mich“ – alles Trugschlüsse, die Burnett und Evans aus der Welt schaffen.

Die meisten Menschen wissen gar nicht, was ihre Leidenschaft ist – und das ist auch gut so, lautet die erlösende Botschaft in ihrem „New-York-Times“-Bestseller „Mach, was Du willst. Design Thinking fürs Leben“. (im amerikanischen Original: „Designing your life. How to build a well-lived, joyful life.“)

Lebensdesigner kämpfen nicht gegen die Realität

Was willst du werden? Das ist eine der grundlegenden Fragen des Lebens – und der rote Faden, der dieses Buch durchzieht. Dabei glauben die Autoren, die perfekte Formel gefunden zu haben, um dieses Rätsel zu lösen: Denke wie ein Designer! „Designer stellen sich Dinge vor, die noch nicht existieren und kreieren sie.“

Dieses Prinzip funktioniere nicht nur, wenn man erstaunliche Technologien, intelligente Computer oder schnittige Ferraris konstruieren will. Burnett und Evans übertragen den Ansatz auf die Lebensplanung. „Design Thinking“, also das Designdenken, hilft dabei, eine Karriere zu gestalten, die zu den eigenen Stärken und Interessen passt. Unabhängig davon, wie alt man ist, woher man kommt und was man erreichen möchte. Ob Studenten, die kurz nach dem Abschluss mit sich und der Welt nichts anzufangen wissen, Mittvierziger, die eine zweite Karriere anstreben, oder Ruheständler, die eine sinnvolle Aufgabe suchen: Designdenken scheint ein Allheilmittel zu sein.

Von dem Ansatz haben bereits zahlreiche Studenten profitiert. Burnetts und Evans’ Seminar zur glücklichen Lebensgestaltung ist mittlerweile die beliebteste Wahlveranstaltung in Stanford. Nun könnte man fragen, ob es sich dabei nicht um Luxusprobleme einer privilegierten Schicht handelt: Haben eine alleinerziehende Mutter oder ein einfacher Bauarbeiter überhaupt die Muße zur Selbstfindung? Die Autoren bleiben pragmatisch. Lebensdesigner kämpfen nicht gegen die Realität, sie schauen, was möglich ist und nutzen jede Gelegenheit, um Dinge zu verbessern. Es ist eine Strategie der kleinen Schritte.

Der Schlüssel zum Erfolg ist die Neugierde

Designdenken fängt mit einem Reframing, also einem Umdenken an. Für eine gelungene Karriere gibt es, ähnlich wie für ein Designproblem, kein vorgegebenes Ergebnis. Es geht ums Ausprobieren, Improvisieren, Gestalten und Testen. Es gibt nicht den einen perfekten Plan. Burnett und Evans zeigen in dem Buch, wie man starre Denkmuster Schritt für Schritt überwindet und in produktive Leitsätze verwandelt. Sie suchen einen Job? Aber nicht doch! Sie prüfen eine Reihe von Angeboten.

Bill Burnett, Dave Evans: "Mach was du willst. Design Thinking fürs Leben." Econ Verlag 2016, 288 Seiten, 16,99 Euro
Bill Burnett, Dave Evans: "Mach was du willst. Design Thinking fürs Leben." Econ Verlag 2016, 288 Seiten, 16,99 Euro

© promo

Der Schlüssel zum Erfolg ist die Neugierde. Je mehr Ideen, je ungewöhnlicher sie sind, desto besser. „Denn die große Wahrheit ist: Es gibt viele Versionen von Ihnen, und sie alle sind richtig!“, heißt es im Buch. Und: Zu einem gut designten Leben gehören Fortschritte genauso wie Misserfolge. Schließlich hat jeder Designer die Erfahrung gemacht, dass Dinge oft nicht so laufen wie eigentlich geplant. Insofern gibt es auch keine falschen Entscheidungen, die man bereuen müsste. Die große Kunst besteht darin, im richtigen Moment loszulassen und sich von den Ideen zu trennen, die uns nicht voranbringen.

Wer sich von der Lektüre blitzartige Eingebungen erhofft, wird allerdings enttäuscht. Lebensdesign ist kein Hokuspokus, sondern eine Art zu leben, eine Philosophie, die – ganz im Sinne Wittgensteins – Arbeit an Einem selbst bedeutet.

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