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Halbspeed statt Highspeed.Viele Internetnutzer erreichen laut Bundesnetzagentur nur die Hälfte der vereinbarten Geschwindigkeiten.

© Marijan Murat/dpa

Internetverbindungen: Weshalb mobiles Internet oft zu langsam ist

Internetverbindungen sind oft viel langsamer als versprochen. Besonders extrem ist das im Mobilfunk - vor allem bei der Telekom.

In der Werbung der Telekommunikationsanbieter surfen vergnügte junge Menschen durch die schöne Mobilfunkwelt. Mit ihren schicken Kopfhörern hören sie Musik über das Internet, telefonieren und streamen die neuesten Serien. „Highspeed“ ist längst zum Standardversprechen geworden, daher preisen einige Unternehmen inzwischen schon „Gigaspeed“ an, um ihre Internetanschlüsse zu verkaufen.

Doch die Realität sieht oft anders aus. Lange Ladezeiten, ruckelnde Videos und Funklöcher nerven viele Nutzer. Die Bundesnetzagentur hat nun diese Wahrnehmung bestätigt. „Kunden erreichen nach wie vor oft nicht die maximale Geschwindigkeit, die ihnen die Anbieter in Aussicht gestellt haben“, sagt Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur.

Nur jeder Zehnte erreicht vereinbarte Übertragungsrate

Denn der Jahresbericht zur Breitbandmessung zeigt, dass gerade einmal 12 Prozent der Internetnutzer die vereinbarte Datengeschwindigkeit tatsächlich erreichen. Knapp 72 Prozent kommen dagegen nur auf die Hälfte der eigentlich versprochenen Datenübertragungsrate. Weit mehr als ein Viertel erreicht nicht einmal das. „Die Ergebnisse zeigen nach wie vor Handlungsbedarf bei den Anbietern", sagt Homann.

Die Behörde hat die Analyse zum zweiten Mal durchgeführt. Ausgewertet wurden Messungen von Nutzern von Festanschlüssen, die zwischen Oktober 2016 und September 2017 einen Geschwindigkeitstest durchgeführt hatten. Ihre Daten - rund 440 000 Messungen - flossen anonymisiert in die Studie ein. Im Vergleich zu der 2017 publizierten Untersuchung bleibt die Situation in etwa gleich.

Beim mobilen Internet bleiben die Anbieter noch viel stärker hinter ihren Versprechungen zurück: Nur 1,6 Prozent der Nutzer erreichen die vereinbarten Höchstgeschwindigkeiten. Zudem kommen auch nur 18,6 Prozent auf die Hälfte der vertraglich vereinbarten Höchstgeschwindigkeit. Gegenüber dem Vorjahreswert von 27,6 Prozent war das deutlich schlechter. Das liege laut Bundesnetzagentur auch an neuen Tarifen. Dabei stellen einige Anbieter deutlich höhere Geschwindigkeiten in Aussicht. Die gemessenen Datenübertragungsraten würden zwar auch zunehmen, allerdings nicht im gleichen Maße wie die versprochenen Geschwindigkeiten.

96 Prozent der Telekom-Kunden surfen mit halber Geschwindigkeit

Und so zeigen sich beim mobilen Internet auch deutlich größere Unterschiede zwischen den Anbietern, als bei den Heimanschlüssen. Besonders negativ sticht hier die Deutsche Telekom ins Auge: Während im Schnitt knapp jeder fünfte Nutzer zumindest die Hälfte der vereinbarten Höchstgeschwindigkeit erreicht, müssen sich beim Marktführer 95,5 Prozent mit weniger als der Hälfte der versprochenen Höchstgeschwindigkeit begnügen. „Es ist den Technologien geschuldet, dass die beworbenen Spitzengeschwindigkeiten nicht für alle Kunden verfügbar sind“, sagte ein Telekom-Sprecher und verwies auf Spitzenplätze in verschiedenen Netztests. Eine Erklärung für den Rückgang hatte er nicht. Im Vorjahr hatte die Telekom noch bei gut 23 Prozent der Kunden zumindest die Hälfte der Maximalgeschwindigkeit erreicht.

Auffällig ist zudem, dass günstigere Anbieter wie Blau, Tchibo Mobil oder Aldi Talk deutlich bessere Werte liefern, als Vodafone oder Telefónica. Dies dürfte auch daran liegen, dass die Discounter von vornherein geringere Geschwindigkeiten anbieten – die dann aber auch liefern können.

Nutzer haben nur begrenzte Möglichkeiten

Die Möglichkeiten betroffener Kunden, gegen die Anbieter vorzugehen sind begrenzt. "Wenn ein Auto 200 km/h fahren soll aber regelmäßig nur 100 schafft, wäre das ein Skandal", sagt Susanne Blohm, Referentin für Medien beim Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV). Doch es gebe im Telekommunikationsbereich noch viele Gesetzeslücken. Zumindest für stationäre Anschlüsse hat die Bundesnetzagentur vor einem halben Jahr konkrete Richtlinien festgelegt, ab wann eine nicht-vertragskonforme Leistung vorliegt. Demnach müssen Kunden an zwei Tagen hintereinander insgesamt 20 Messungen durchführen - dies geht über die Webseite www.breitbandmessung.de. Entscheidend ist dabei neben der Höchstgeschwindigkeit auch die Mindestgeschwindigkeit, die im Vertrag steht. Der Vertrag gilt als nicht eingehalten, wenn bei den 20 Messungen nicht jeweils mindestens einmal 90 Prozent der vereinbarten Maximalgeschwindigkeit erreicht werden, oder die Mindestgeschwindigkeit an beiden Messtagen jeweils einmal unterschritten wird oder die normalerweise zur Verfügung stehende Geschwindigkeit nicht in 90 Prozent der Messungen erreicht wird. In solchen Fällen können sich Kunden beim Anbieter beschweren und wenn das nicht hilft, an den Verbraucherservice der Netzagentur wenden.

Allerdings sind die Ergebnisse noch nicht zwingend gerichtsfest. Dafür entwickelt die Bundesnetzagentur seit einiger Zeit ein neues Tool, das ursprünglich Ende 2018 zur Verfügung gestellt werden sollte. Doch noch ist die Software nicht fertig.

Neue Gesetze gefordert

Doch der VZBV will mehr. "Wir fordern ein Sonderkündigungsrecht und ein Minderungsrecht", sagt Blohm. So wie bei Mietmängeln sollten Kunden das Recht haben, bei mangelhafter Leistung die Zahlungen zu reduzieren. "Das wäre doch ein schönes Thema für den neuen Koalitionsvertrag", sagt Blohm.

Und auch Überlegungen, wie man mit den noch größeren Diskrepanzen im mobilen Internet umgeht, wären nötig. Denn dort haben Kunden aufgrund fehlender Rechtsgrundlagen bislang keine Möglichkeiten, bei den Anbietern etwas gegen die Gigageschwindigkeitsenttäuschungen zu tun.

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