zum Hauptinhalt
Insolvenzverwalter der Jopp AG: Rechtsanwalt Torsten Martini von der Berliner Kanzlei Leonhardt Rattunde am Eingang des Zoo-Palast.

© Heike Jahberg

Insolvente Madonna-Fitnesskette: Hard Candys Gläubiger zittern im Zoo Palast

Gläubiger des insolventen Fitnessstudiobetreibers Jopp AG ("Hard Candy") haben sich in einem großen Kinosaal in Berlin getroffen. Darunter waren viele geprellte Privatleute.

Wenn jemand auf der Bühne des großen Kinosaals 1 im Zoo-Palast das Wort ergreift, dann sind das meist Filmstars oder Regisseure, die ihre Filme vorstellen. Und auch schwer bewaffnete Ordnungshüter sieht man im Lichtspieltheater in der Regel nur auf der Leinwand, aber nicht im wirklichen Leben. An diesem Donnerstagmorgen ist das anders. Wer in den Saal will, muss seinen Ausweis zeigen, seine Taschen durchsuchen und sich von Justizbeamten überprüfen lassen. Denn der Kinosaal wird an diesem Tag zum Gerichtsaal.

Das Stück, das hier gegeben wird, heißt Gläubigerversammlung. Rund 990 Kunden, Lieferanten und Arbeitnehmer hatten sich angemeldet, um auf dem ersten Gläubigertreffen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Berliner Fitnessunternehmen Jopp AG und seine zwei Ketten Hard Candy und Superwomen zu erfahren, wie es weitergeht. Zu viele Anmeldungen für den eigentlich vorgesehenen Saal im Amtsgericht Charlottenburg, deshalb sitzen die Gläubiger nun auf roten Plüschsesseln statt auf Gerichtsstühlen. Gekommen sind am Ende zwar nur knapp 200 Jopp-Geschädigte. Dennoch: Eine Gläubigersammlung im Kinosaal ist auch für die Rechtspflegerinnen des Amtsgerichts etwas Neues. „Das hatten wir noch nie“, heißt es.

Vor allem Kundinnen und Kunden sind da. Die meisten haben einen langlaufenden Vertrag bei einem der neun Berliner Hard Candy- oder einem der vier Superwomen-Studios unterschrieben und ihr Geld im voraus bezahlt. Geld, das nun erst einmal weg ist, vielleicht sogar für immer. Weil die Brüder Jürgen und Ralf Jopp ihre Rechnungen nicht zahlen konnten, stellte Vattenfall im Juni den Strom ab, Torsten Martini von der Berliner Kanzlei Leonhardt Rattunde wurde zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Seit September läuft das ordentliche Insolvenzverfahren, am Donnerstag wurde Martini von der Gläubigerversammlung als Insolvenzverwalter bestätigt.

Für die Versammlung der Gläubiger der insolventen Jopp AG hatte der Insolvenzverwalter der großen Kinosaal im "Zoo-Palast" angemietet. 1000 Gläubiger hatten sich angekündigt. Doch viele Plätze blieben leer. Es kamen nur rund 200.
Für die Versammlung der Gläubiger der insolventen Jopp AG hatte der Insolvenzverwalter der großen Kinosaal im "Zoo-Palast" angemietet. 1000 Gläubiger hatten sich angekündigt. Doch viele Plätze blieben leer. Es kamen nur rund 200.

© TSP

Große Hoffnungen macht der Insolvenzverwalter den Gläubigern nicht. „Nach jetzigem Stand ist die Insolvenzquote null“, sagt der Anwalt. Gerade einmal 30.000 Euro habe er auf den Geschäftskonten der Jopp AG vorgefunden. Für ein Unternehmen mit einst 227 Mitarbeitern und 14 Fitnessclubs überraschend wenig. Zu wenig, um die Studios weiterbetreiben zu können. Versuche der Jopp-Brüder, auf den letzten Drücker noch einen Geldgeber zu finden, sind gescheitert.

Die Jopps sind nicht gekommen. Sie werden geahnt haben, dass sich die Wut der Gläubiger auf sie konzentriert. „Dass die die Insolvenz verschleppt haben, ist doch jedem Kind klar“, ärgert sich einer, der früher im Studio an der Clayallee trainiert hat. „Wenn nicht, müssten sie wegen Unfähigkeit eingesperrt werden“.

Popsängerin Madonna und die Unternehmer Jürgen (links) und Rolf Jopp eröffnen ihren Fitness Club "Hard Candy Fitness" am 17. Oktober 2013 in Berlin. Madonna gab ihr Gesicht. Sonst hatte der US-Star mit dem Projekt wenig zu tun.
Popsängerin Madonna und die Unternehmer Jürgen (links) und Rolf Jopp eröffnen ihren Fitness Club "Hard Candy Fitness" am 17. Oktober 2013 in Berlin. Madonna gab ihr Gesicht. Sonst hatte der US-Star mit dem Projekt wenig zu tun.

© Jörg Carstensen/dpa

Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Insolvenzverschleppung und Betrugs. Auch Martini glaubt, dass die Jopp-Brüder früher Insolvenz hätten anmelden müssen. Die Frage ist, wann? Eine wichtige Frage: Denn alle Zahlungen, die danach gelaufen sind, kann der Insolvenzverwalter möglicherweise anfechten. Zudem kann Martini die Jopp-Brüder in Haftung nehmen – und will das auch tun. Fünf Millionen Euro deckt eine Haftpflichtversicherung, die die Unternehmer abgeschlossen haben, den Rest müssten sie aus eigener Tasche zahlen, wenn Geld da ist.

Die Forderungen addieren sich auf 32 Millionen Euro

262.000 Euro haben die Brüder nach Ermittlungen des Insolvenzverwalters 2015 von ihrer AG erhalten, als Gehalt, als Erstattung von Auslagen oder Miete. 107.000 Euro waren es im Pleitejahr 2016. „Wenn die Zahlungen nicht berechtigt waren, fordere ich sie zurück“, kündigt Martini an und erntet Applaus im Saal – Applaus in einer Gläubigerversammlung, auch das ist etwas Neues.

Doch ob das Geld reicht, ist zweifelhaft. Schon jetzt summieren sich die angemeldeten Forderungen auf 32 Millionen Euro, dabei endet die Anmeldefrist erst am 1. Dezember. 50.000 Euro hat Martini bislang aus erfolgreichen Anfechtungen bislang kassiert, 500.000 Euro sollen es werden, „mindestens“, sagt er. Auch aus dem Verkauf der Studios soll Geld fließen, für Trainingsgeräte und die Kundendaten – soweit die Kunden zustimmen. Einige Hard Candy-Studios haben bereits neue Betreiber, der Club in der Bismarckallee geht demnächst an Holmes Place, die Schönhauser Allee wahrscheinlich auch.

Die Studios an der Friedrichstraße, am Rosenthaler Platz und am Kurfüstendamm werden nach jetzigem Stand abgewickelt, genauso wie das Superwomen-Studio in Reinickendorf. Für den Frauenclub in Tempelhof hat Martini dagegen einen Nachfolger gefunden. Dort hat auch Zeynep trainiert. Sie ist am Donnerstag aber auch aus einem anderen Grund da. Die junge Frau studiert Jura im 9. Semester. „Interessant, so etwas mal live zu erleben“, sagt sie. Besser als Kino.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false