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EZB-Chef Mario Draghi dürfte das Beenden der lockeren Geldpolitik seiner Nachfolgerin überlassen.

© AFP

Inflationsrate: Die EZB verfehlt ihr wichtigstes Ziel erneut deutlich

Dank einer Preissteigerung von nur einem Prozent steigt der Druck auf die Währungshüter. Die schwache Inflation könnte als Argument für eine Geldflut dienen.

Auch wenn sich Verbraucher zuletzt über steigende Lebensmittelpreise ärgern konnten, liegt die Inflation in der Eurozone weiterhin auf einem Tiefstwert. Die Verbraucherpreise zogen im August lediglich um 1,0 Prozent an, wie die europäische Statistikbehörde Eurostat am Freitag in einer ersten Schätzung mitteilte. Bereits im Juli hatte die Inflationsrate bei 1,0 Prozent gelegen, was das niedrigste Niveau seit November 2016 ist.

Die größten Preisveränderungen gab es im August bei Energie, deren Preis sich um 0,6 Prozent verringerte. Noch im Juli waren die Energiepreise um 0,5 Prozent gestiegen. Dienstleistungen verteuerten sich dagegen um 1,3 Prozent nach 1,2 Prozent im Juli. In diesen Bereich werden auch Mieten eingerechnet. Die Preise für unverarbeitete Lebensmittel zogen um 2,5 Prozent an nach 1,7 Prozent im Juli.

Insgesamt verharrt die Euro-Zone damit weit entfernt von der Zielmarke von einer Inflationsrate in Höhe von zwei Prozent, die die Europäischen Zentralbank (EZB) sich gegeben hat. Bei diesem Wert, so die herrschende Meinung unter Ökonomen, ist die Geldwertstabilität am besten gesichert. Da dieses Ziel nun seit Jahren verfehlt wird, dürfte der Handlungsdruck für die Euro-Wächter um ihren scheidenden Notenbankchef Mario Draghi zunehmen. Die meisten Volkswirte rechnen inzwischen damit, dass die EZB auf ihrer nächsten Sitzung am 12. September in Frankfurt ihre Geldschleusen weiter öffnen wird, um die Wirtschaft zu stützen.

Sebastian Wanke, Inflationsexperte der KfW, erwartet auch weiterhin eine schwache Konjunktur- und Inflationsentwicklung. "Mario Draghi wird deshalb im September ein letztes Mal tief in die Trickkiste greifen. Es wird dann an Christine Lagarde sein, das Negativzinsumfeld irgendwann zu beenden," ist sich der Experte sicher. Hierzu brauche es aber wohl Hilfe von der Fiskalpolitik oder neue geldpolitische Ziele. Auch Commerzbank-Volkswirt Christoph Weil geht davon aus, dass die EZB im September ihre Geldpolitik noch weiter lockern wird.

Den Währungshütern machen neben der schwachen Inflation der Handelsstreit zwischen den USA und China und die eingetrübten Konjunkturaussichten zu schaffen. Die Unternehmen sind zudem wegen des nahenden Brexit verunsichert. Die EZB prüft zurzeit eine Vielzahl von Maßnahmen, darunter Zinssenkungen und erneute Anleihenkäufe, mit denen die Wirtschaft angekurbelt werden könnte. Für EZB-Chef Draghi ist das September-Treffen die vorletzte Zinssitzung, bevor seine Amtszeit Ende Oktober abläuft. Damit soll die bisherige IWF-Chefin und ehemalige französische Finanzministerin Lagarde das Ruder übernehmen. (rtr)

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