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Wüste Mark beim Potsdam. Die Ackerfläche war während des Kalten Krieges eine Exklave von West-Berlin.

© imago/Martin Müller

Wohnungsbau: „Berliner Exklaven in Brandenburg wird es nicht geben“

Senatorin Katrin Lompscher sucht neue Flächen – und will große Liegenschaften im Portfolio halten.

Bund, Land und Bezirke: Sie alle haben Liegenschaften im Stadtgebiet. Und doch klagt Berlins Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Die Linke) über den Mangel an Flächen. „Berlin hat sich eine Weile gefreut zu wachsen. Aber es reicht nicht, sich zu freuen“, sagte die Politikerin auf dem Berliner Liegenschaftskongress in dieser Woche in Berlin: „Wir erwarten bis 2030 noch einmal 180 000 Menschen plus X“, sagte sie mit Blick auf auf eine Sitzung des Begleitkreises zum Stadtentwicklungsplan Wohnen 2030 Anfang September. Um sowohl dem Bevölkerungszuwachs gerecht zu werden, als auch den Wohnungsmarkt zu entspannen, müssen bis 2030 insgesamt 194 000 neue Wohnungen entstehen. „Wir müssen uns die Karten legen – haben wir den Platz für diese Menschen?“, fragt sich nicht nur Lompscher. Der größte Teil der Wohnungen müsse bis 2020 gebaut werden: „Wir bräuchten mehr als 20 000 neue Wohnungen im Jahr.“

Seit 2012 gilt in Berlin eine neue Liegenschaftspolitik: Weg von der Politik des Höchstpreises, hin zu einer strategischen Ausrichtung mit Blick auf den künftigen Bedarf. Doch nach wie vor werden zum Beispiel nur selten Grundstücke des Bundes verbilligt für sozialen Wohnungsbau verkauft. „Uns sind auf Bundesebene eine Menge Schranken gesetzt“, kritisierte Lompscher.

Zum Stichtag 28. Juli dieses Jahres hatte die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken zufolge acht Liegenschaften verbilligt abgegeben. Darauf können insgesamt gerade einmal 359 Wohneinheiten entstehen. Vereinbart wurden Kaufpreisabschläge von zusammen 7,1 Mio. Euro.

Zwischen 2013 und 2017 hat Bima 1,4 Milliarden Euro eingenommen

Die Richtlinie war Ende November 2015 beginnend ab dem Haushaltsjahr 2015 und zunächst für vier Jahre, später für sechs Jahre geltend beschlossen worden. Sie sieht einen Abschlag auf den Verkehrswert von 25 000 Euro pro neuer Einheit im sozialen Wohnungsbau bei einer Mindestanzahl von acht Wohnungen vor. Möglich sind Abschläge bis maximal 80 Prozent des Verkehrswerts.

Das nach der Verbilligungsrichtlinie Gehandelte ist mit Blick auf die Gesamtzahl der bisherigen Verkäufe in dieser Legislaturperiode mager. So hat die Bima zwischen dem 22. Oktober 2013 und dem 30. Juni 2017 rund 5696 Liegenschaften veräußert, darunter 7054 Wohnungen. Erzielt wurden daraus Erlöse in Höhe von rund 1,4 Milliarden Euro.

Aus der Antwort der Bundesregierung geht allerdings auch hervor, dass 31 Verkaufsverfahren zum verbilligten Grundstücksverkauf gescheitert sind. Gründe dafür seien unter anderem, dass die Kommune keine geförderten Wohnungen plane oder Sozialwohnungen im Bestand nicht errichtet werden können, heißt es. Derzeit führt die Bima (Stand 28. Juli) in 23 Fällen Gespräche bezüglich der verbilligten Abgabe von Liegenschaften.

Finanzminister Schäuble behindert Hendricks

In ihrer Antwort wirbt die Bundesregierung einem Bericht der Immobilien Zeitung zufolge auch um Verständnis. Für eine Bilanz zur Umsetzung der Richtlinie sei es noch zu früh, vor allem, weil die Abstimmung zwischen Bima und Kommunen oft komplex und langwierig seien. Die Bima sei jedoch „zuversichtlich, dass von einer deutlichen Steigerung bei der Anzahl der neu geschaffenen Wohnungen sowie der gewährten Verbilligungen ausgegangen werden kann“, heißt es vergleichsweise undeutlich. Noch nennt die Bundesanstalt bzw. der Bund 17 078 Liegenschaften mit knapp 37 000 Wohnungen ihr Eigen.

Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mehrfach wegen der Liegenschaftspolitik der Bima kritisiert: „Wir möchten als Bund Bauland billiger abgeben. Die aktuellen Vorgaben aus dem Bundesfinanzministerium hindern uns aber daran“, sagte sie.

Zum Umgang mit Berliner Liegenschaften kündigte Lompscher eine restriktivere Gangart an: „Wir verkaufen keine großen Flächen mehr – in dieser Art mit Liegenschaften umzugehen, ist selbstverständlich. Meine Aufgabe ist es, dafür den rechtlichen Rahmen herzustellen.“ Mehr noch: „Berlin wird auch Flächen ankaufen müssen – aber solche Immobiliengeschäfte sind auch abenteuerlich, da müssen Verwaltungen auch einmal von jetzt auf gleich evaluieren – und entscheiden.“

"Warum sollten wir ein Neu-Berlin zulassen?"

Kathrin Schneider, Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung in Brandenburg, erteilte Vorstellungen eine klare Absage, Berlin könne in Brandenburg Flächen erwerben, um Platz für Neubauten zu schaffen: „Warum sollten wir ein Neu-Berlin zulassen?“, sagt sie am Rande des Sommerfestes des Bundes Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure e. V. am Mittwochabend: „Berliner Exklaven wie in den zwanziger Jahren wird es bei uns nicht noch einmal geben“, sagte die SPD-Politikerin. Bei der Bildung Groß-Berlins am 1. Oktober 1920 waren in der Mark Brandenburg insgesamt zehn Berliner Exklaven entstanden.

Die Frage, wo und von wem Berlin Flächen zu erwerben gedenkt, wollte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf Anfrage nicht en detail beantworten, um Spekulationen nicht weiter anzuheizen. Allerdings soll die Bebauung von Flächen einmal mehr Gegenstand öffentlicher Betrachtungen werden: „Wir werden sicherstellen, dass bei großen Bauflächen auch Wettbewerbe gemacht werden“, kündigte Lompscher an.

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