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Berlin bleibt doch Berlin. In vielen Teilen der Welt geht es zu wie in einem Tollhaus.

© Paul Zinken/dpa

Wealth Report von Knight Frank: Berlin, Berlin, sie wollen nach Berlin

Beratungsunternehmen Knight Frank legt aktuellen Wealth Report vor: Investoren lieben stabile Verhältnisse.

Rechtssicherheit, politische Stabilität und wirtschaftliche Dynamik – ohne diese drei Grundvoraussetzungen läuft kein internationales Investment, schon gar nicht in langfristig anzulegende Immobilienmärkte. In dieser Hinsicht ist Europa – noch – fein raus. Dies zeigt der aktuelle Wealth Report, den die Knight Frank LLP, eine der weltweit führenden unabhängigen Immobilienberatungsgesellschaften mit Hauptsitz in London am Donnerstag gemeinsam mit der Ziegert Bank- und Immobilienconsulting GmbH im Borchardt am Gendarmenmarkt in Berlin vorstellte.

Die Untersuchung der weltweiten Immobilienmärkte von Knight Frank zeigt – unter anderem – auf, wieviel Quadratmeter Investoren in den Top-Städten rund um den Globus für eine Million US-Dollar erwerben können. Danach belegt Monaco als teuerste Stadt den ersten Platz. Für eine Million US-Dollar erwerben Käufer von Luxus-Apartments hier gerade einmal 16 Quadratmeter – die durchschnittliche Größe eines begehbaren Kleiderschrankes. Berlin taucht in der Top 10 nicht auf. Ziegert-Geschäftsführer Sven Henkes weiß, was für eine Million US-Dollar in der deutschen Hauptstadt geht: „Ein hochwertiges Innenstadt- Apartment mit einer Fläche von 77 Quadratmeter. In Hongkong und New York reicht diese Summe mit 22 beziehungsweise 25 Quadratmeter gerade für ein Mikroapartment.“ Und das ist gut so, zeigt es doch, dass Berlin noch Luft nach oben hat.

Vermögende Investoren zieht es nach Berlin

„Die Investoren, die mir begegnen, wollen immer häufiger über Berlin sprechen“, erläuterte Lord Andrew Hay, Global Head of Residential bei Knight Frank, in einem Privatissimum mit dem Tagesspiegel: „Die Stadt gilt als „sicherer Hafen“ in Europa. Außerdem gibt es hier eine junge Bevölkerung, auch das ist wichtig. Junge Menschen wollen wohnen, wo sie arbeiten – das muss man bei Investitionen wissen. Um diese Talente zu gewinnen, muss es für sie qualitativ hochwertige und gleichzeitig erschwingliche Wohnungen geben.“ Hongkong und Monaco zum Beispiel seien nicht mehr so interessant für Akquisitionen – das liege auch an den geänderten steuerlichen Rahmenbedingungen. Da sind Europas Großstädte schon eher im Fokus der Investoren: „Allein sechs sind unter den Top 20“, sagt der Lord und verweist auf Städte wie Amsterdam, Frankfurt am Main, Paris und Madrid. München und Berlin erreichen die Plätze elf und zwölf des „Prime International Residential Index“ – sie werden international stark wahrgenommen. Zumal heute Investoren mehr für Grundeigentum ausgeben als in den vergangenen zehn Jahren. „Berlin hat sich in den vergangenen Jahren fest auf der Weltkarte der vermögenden Immobilieninvestoren etabliert“, sekundiert Sven Henkes. Mit einer Wertsteigerung von zehn Prozent hätten Berliner Prime-Apartments ihren Eigentümern einen deutlichen Vermögenszuwachs beschert, analysiert der Ziegert-Mann.

Lord Andrew Hay ist Global Head of Residential bei Knight Frank.
Lord Andrew Hay ist Global Head of Residential bei Knight Frank.

© John Wright/Knight Frank

Erstaunlicherweise verzeichnet der Report von Knight Frank die Kurfürstenstraße – Berlins wohl sündigster Straßenstrich – als „Peak Performer“, was nicht zweideutig gemeint ist. Wie kann das sein, Lord Hay? Der Top-Manager räuspert sich leicht und schaut in die Ferne: „Auch in London und New York sind die ehemaligen Vergnügungsviertel wie Soho, King's Cross und Tribeca im Kommen. Sie sind preiswert und junge, kreative Leute finden solche Umgebungen hip.“ Aus Investorensicht dürfte allerdings auch eine Rolle spielen, dass die Rotlichtviertel oft eine gute Innenstadtlage haben und Grundstücke dort vergleichsweise preiswert sind.

Nach den Untersuchungen von Knight Frank gehen derzeit fast die Hälfte der Investments nach Nordamerika, Europa folgt mit 36 Prozent. Ob das etwas mit Donald Trump und seiner Präsidentschaft zu tun hat? Vielleicht ein wenig, deutet Lord Andrew Hay an: „US-Investment-Banker sagen uns: Wir haben vier gute Jahre vor uns. Trump senkt die Steuern, das ist gut. Die USA produzieren mehr Reichtum und ein höheres Vermögenswachstum als China.“ Aus dem Land der Mitte kommen, so Hay, viele Investoren. Doch mit Blick auf Investitionen scheint die Lage in China noch unübersichtlich zu sein. Knight Frank gibt sich mit Hay an der Spitze diplomatisch: „Ein stabiler Markt braucht Diversifikation, das heißt Investoren verschiedener Nationalitäten.“

Grenzen gegen Spekulation einzuziehen, war clever

Der ideale Markt braucht also Vielfalt auf der Anlegerseite und Perspektiven. Fehlt noch etwas, um als von dem Immobilienberatungsunternehmen Knight Frank, das sich selbst als das weltweit führende sieht, als „Hot City“ ausgerufen zu werden? „Die Herausforderung, die wir in unseren Reports immer wieder feststellen ist, dass es eine Balance geben muss, wenn es um Immobilien geht – eine Balance zwischen Erschwinglichkeit und Attraktivität der Lage und ihrer Umgebung.“ Wer will sich schon auf einem Markt engagieren, der nicht mehr in Bewegung ist? Berlin sei hier auf dem rechten Weg, findet Lord Hay mit angemessenem geopolitischen Abstand zur deutschen Hauptstadt: „Es war clever in Berlin, gesetzlich einige Grenzen gegen Spekulation einzuziehen – in London zum Beispiel ist man zu weit gegangen: Werden die Preise zu hoch, nimmt man die Kraft aus dem Markt. Niemand zieht mehr um, nur wenige können sich Wohneigentum leisten."

Was Immobilienberater und Investoren verunsichert sind politische Unsicherheiten. „In den vergangenen Jahren haben wir vor allem vom Zeitalter der Globalisierung gesprochen“, erinnert sich Hay: „Dort befinden wir uns natürlich immer noch. Aber wir erleben auch eine Ära der Disruption, des Populismus und – in vielen Staaten – eine Zeit des Nationalismus. Das verändert die Märkte."

Zum Schluss schaut der Lord ganz weit in Richtung zeitlicher Horizont, um seine Aufgabe daraus abzuleiten: „Wenn man die wachsende Weltbevölkerung in den Blick nimmt und die Plätze, wo sie sich ansiedelt, dann sieht man viele kleine Zentren, wo die Menschen bereits leben. Das sind die Großstädte in den reichen Regionen: hier ist die Versorgung mit Nahrung und Wasser gut. Und es gibt eine funktionierende Infrastruktur. Hier liegt der Fokus der Nachfrage – und unsere Aufgabe ist es die Investmentopportunitäten der Zukunft zu finden.“ Nach wie vor sicher auch in Berlin.

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