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Mit einem Offenen Brief protestieren Architekten gegen die Ernennung des SPD-Politikers Florian Pronold zum Gründungsdirektor der Berliner Bauakademie.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Protest gegen Pronold: Architekten wollen Ernennung des Direktors der Bauakademie verhindern

Der SPD-Politiker Florian Pronold wird Gründungsdirektor der Berliner Bauakademie. Diese Personalie löst Ärger aus.

Rund 180 Architekten, Kuratoren und Museumsdirektoren haben mit einem Offenen Brief gegen die Ernennung des SPD-Politikers Florian Pronold zum Gründungsdirektor der Berliner Bauakademie protestiert. Der SPD-Bundestagsabgeordnete und Staatssekretär im Bundesumweltministerium besitze nicht die Qualifikationen für das Amt, zudem habe es dem Auswahlverfahren an Transparenz gefehlt, heißt es in einem Schreiben an den zuständigen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), den Stiftungsrat der Bundesstiftung Bauakademie, Berlins Senatsbaudirektor Regula Lüscher und Mitglieder des Deutschen Bundestages.

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„Herr Pronold kann keine einzige der geforderten fachlichen Kompetenzen für den Posten aufweisen“, schreiben die Architekten in einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme. Entgegen den Anforderungen sei der Jurist in der Welt des Bauens nahezu unbekannt. Er könne weder Fachpublikationen noch Museumserfahrung vorweisen. Damit werde eine Chance vergeben, die Bauakademie als Architekturzentrum mit internationaler Ausstrahlung zu etablieren. Allerdings ist es bisher keineswegs beschlossene Sache, dass die neu zu errichtende Bauakademie allein und vordringlich ein Architekturzentrum werden soll. Angelegt ist das Projekt bisher als intellektuelle Plattform für die Themen Planen und Bauen.

Zu den Unterzeichnern gehören die Architekten HG Merz, Christoph Ingenhoven, Matthias Sauerbruch, Louisa Hutton, Eike Becker, Jan Kleihues, Volkwin Marg und Gesine Weinmiller, der Präsident der Technischen Universität Berlin, Christian Thomsen, die Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy und der frühere Hamburger Oberbaudirektor Jörn Walter.

Suche nach einem Versorgungsposten?

Das federführende Innenministerium erklärte auf Anfrage, der Stiftungsrat sei bei der Personalie der Empfehlung der Findungskommission gefolgt. „Dem ging ein formelles und geordnetes Bewerbungsverfahren voraus“, heißt es weiter. Der Findungskommission gehörten demnach Fachjuroren und politische Vertreter an. Sie habe sich nach „intensiver und sorgfältiger Befassung“ mit den Bewerbungen und den Gesprächen mit den Kandidatinnen und Kandidaten der engeren Wahl einstimmig dafür entschieden, dem Stiftungsrat Pronold zu empfehlen. Wie über das Bewerbungsgespräch zu erfahren war, lieferte Pronold eine äußerst überzeugende „Performance“ ab: Er „brenne“ für die Aufgabe, so war zu erfahren, er sei überzeugend gewesen.

Pronold war Mitte November zum Gründungsdirektor der Bundesstiftung Bauakademie ernannt worden. Der 46-jährige Politiker aus Bayern soll die von Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) gegründete Akademie wiederbeleben. Die Akademie soll ein Forum für Themen rund um Architektur, Bauwesen und Stadtentwicklung sein.

Zur Begründung der Personalie hieß es damals, Pronold bringe große politische und fachliche Erfahrung aus seiner früheren Tätigkeit als für Bau zuständiger Staatssekretär mit, insbesondere auch im bisherigen Entstehungsprozess der Bundesstiftung Bauakademie. Von seinen Gegnern wird ihm entgegengehalten, dass er im Niedergang der SPD möglicherweise auf der Suche nach einem Versorgungsposten sei.

Kritik an der Stellenausschreibung

Andererseits ist die Stelle des Staatssekretärs deutlich besser dotiert als die neue Aufgabe. Zudem ist die Stelle des Gründungsdirektors auf fünf Jahre befristet, mithin kein „sicherer Hafen“.

Neben dem personellen Aufbau der Stiftung sollen nun die Programmatik und das Nutzungs- und Raumkonzept festgelegt werden. Darauf aufbauend soll es einen Planungswettbewerb für das Akademiegebäude geben, so ein Sprecher des Innenministeriums.

Susanne Wartzeck, Präsidentin des Bundes Deutscher Architekten BDA, gehört nicht zu den Mitunterzeichnern. Doch auch sie kritisierte die Personalie auf Anfrage des Tagesspiegels: „Den Makel, den die Fachwelt sieht, ist die Stellenbeschreibung: Da wird jemand aus dem kulturellen Leben gesucht, der aus dem Architekturbereich kommt, vielleicht promoviert oder gar habilitiert wurde und vielleicht auch international Erfahrung mitbringt und dann finde ich jemanden, der ganz anders ist, als der, den ich gesucht habe.“ Ein studierter Jurist eben, der sich mit Bauthemen befasst habe. Über die Personalie zu reden, sei aber nicht entscheidend. Wichtiger sei die Frage, ob Pronold einer kritischen Rekonstruktion der Bauakademie gegenüber aufgeschlossen sei: „Die Umsetzung wird ja auch schwierig“, sagte Warzeck. Der BDA hoffe, dass für das zu errichtende Gebäude ein Wettbewerb veranstaltet werde. Verboten sei es natürlich nicht, einen Juristen zum Gründungsdirektor der Bauakademie zu berufen.

Florian Pronold wollte sich auf Anfrage nicht zum Trubel um seine Person äußern. Er verwies auf eine am 10. Dezember anstehende Sitzung des Stiftungsrates. Hier soll auch die „Nummer zwei“ an der Spitze bekannt gegeben werden.

Förderverein für Pronold

Wolfgang Schoele, Vorsitzender des Fördervereins Bauakademie, sagte dem Tagesspiegel, „die Wahl eines Juristen statt einer Architektin oder eines Architekten bzw. einer Museumsfachfrau bzw. eines Museumsfachmanns“ sei „eine durchaus richtige sachbezogene Entscheidung“. Der Förderverein will es mit Pronold versuchen. „Dass für die Leitung der Bundesstiftung Bauakademie dann jemand verantwortlich sein muss, der sich langjährig mit dem Bauwesen beschäftigt hat, ist – auch unter Berücksichtigung des Finanziers und Grundstückseigentümers – zwingend. Und dafür ist ein architektonischer Hintergrund ebenso nicht zwangsläufig wie zum Beispiel eine Schauspielhausintendanz keiner künstlerischen Ausbildung oder Erfahrung bedarf; ja, diese könnte sogar schädlich sein, wie Beispiele zeigen.“

Es sei zwar zutreffend, so Schoele weiter, „dass die Stellenausschreibung recht hoch gestochen war und diese auf den Ernannten wortwörtlich genommen zum Teil nicht zutrifft. Die Kritiker der Entscheidung übersehen aber unverändert, dass die von Schinkel gebaute aber bereits 1799 gegründete Bauschule wieder belebt werden solle, und dass die Themen um Architektur, Bauwesen und Stadtentwicklung unter dem Motto „so viel Schinkel wie möglich“ im Fokus stehen sollen.“ Da könnten museale Bestandteile einbezogen sein, sie stünden aber nicht im Vordergrund.

Vielmehr komme es darauf an, künftig dem Bereich der Wertschöpfungskette Bauen, die einen der größten Beiträge zum Bruttosozialprodukt in Deutschland leistet, die dringend erforderliche Plattform hinsichtlich Wissenschaft und Forschung auf diesem Gebiet, um den Ausbau dieser Position, die an frühere Traditionen anknüpft, zu bieten. Schließlich und nicht zuletzt gelte es auch, Schinkel als bedeutenden preußischen Architekten, Maler, Denkmalschützer, Beamten zu würdigen.

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