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Sport und Wohnen auf dem ehemaligen SEZ-Gelände an der Landsberger Allee. Diese Variante der Neubebauung reichte der Investor Rainer Löhnitz in einer Bauvoranfrage am 12. August 2015 ein.

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Noch immer tut sich nichts am DDR-Prestigebau: SEZ-Investor hält Berliner Modell für rechtswidrig

Rainer Löhnitz möchte bei der "kooperativen Baulandentwicklung" nicht mitmachen. Den Streit darüber will er zur Not bis vors Bundesverwaltungsgericht treiben.

Rund 600 Wohnungen könnten an der Ecke Landsberger Allee/Danziger Straße gebaut werden, doch Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Eigentümer des dort befindlichen Sport- und Erholungszentrums SEZ Rainer Löhnitz und dem Berliner Senat sorgen für Stillstand auf dem 4,7 Hektar großen Areal. Beide Seiten wollen Wohnungsbau. Aber über das Wie gehen die Meinungen weit auseinander.

Löhnitz würde gern ein Campus-Projekt, wie er es nennt, mit Wohnungen für Studenten, einem Hostel, Markthalle, Läden, sportlichen Nutzungen, generationsübergreifenden Angeboten und Wellness auf dem Gebiet am Volkspark Friedrichshain von privaten Bauträgern errichten lassen. Auch ein Kindergarten ist geplant. Das Gesamtbauvolumen wird vom Investor auf 200 bis 300 Millionen Euro taxiert.

Der Senat möchte dagegen „25 Prozent mietpreis- und belegungsgebundenen“, sprich preisgünstigen Wohnraum mithilfe eines neuen Bebauungsplanes sicherstellen. Dadurch sieht sich der Eigentümer in seinen Rechten verletzt und klagt gegen das Land Berlin vor dem Oberverwaltungsgericht. Löhnitz ist, wie er dem Tagesspiegel sagte, im Falle einer Niederlage fest entschlossen, die Angelegenheit bis vor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu bringen.

Um die Zukunft des einstigen sozialistischen Vorzeigeobjekts in Ost-Berlin wird seit Jahren erbittert gestritten. Vor 13 Jahren hat Rainer Löhnitz das SEZ für einen Euro erworben. In einem langwierigen Planungsprozess trieb er sein Campus-Projekt auch in Abstimmung mit Bezirks- und Landesbehörden voran.

Doch nun stößt sein Konzept bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf Widerstand. Dort möchte man nach dem „Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung“ preisgünstigen Wohnraum schaffen und auch gleich noch eine Schule bauen. „Nachdem wir das Bebauungsplanverfahren Ende November 2015 an uns gezogen haben, werden nun die ersten Verfahrensschritte vorbereitet. Es ist beabsichtigt, erste frühzeitige Beteiligungen noch in diesem Jahr durchzuführen“, ließ die Behörde auf Anfrage mitteilen.

Eine Veränderungssperre bindet dem Investor die Hände

Für Rainer Löhnitz ist dieses Vorgehen nicht akzeptabel. Er hält das „Berliner Modell“ für rechtswidrig. Für einen Schulstandort schlägt er ein nicht weit entfernt gelegenes Gelände am Volkspark Friedrichshain vor, das sich in öffentlichem Besitz befindet.

In dem Rechtsstreit beruft er sich auf Paragraf 34 des Bundesbaugesetzes. Darin heißt es: „Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.“ Das von ihm vorgelegte Bauvorhaben sei demnach auch ohne neuen Bebauungsplan zu genehmigen, meint Löhnitz.

Das Sport- und Erholungszentrum wurde die Einrichtung als multifunktionaler Gebäudekomplex für Sport und Unterhaltung genutzt. Nach der Schließung 2003 hatte ein Leipziger Investor das SEZ gekauft, das Schwimmbad wurde nicht wiedereröffnet.
Das Sport- und Erholungszentrum wurde die Einrichtung als multifunktionaler Gebäudekomplex für Sport und Unterhaltung genutzt. Nach der Schließung 2003 hatte ein Leipziger Investor das SEZ gekauft, das Schwimmbad wurde nicht wiedereröffnet.

© Jens Kalaene/dpa

Dagegen will die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ihre baulichen Ziele festklopfen, nachdem sie das Verfahren dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg entzogen hatte: „Es sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung von Wohnungen unter Berücksichtigung des ‚Berliner Modells der kooperativen Baulandentwicklung‘ für integrierte Sport- und Freizeitnutzungen, einen Schulstandort sowie für Gewerbe- und Dienstleistungsnutzungen geschaffen werden“, sagte eine Sprecherin auf Anfrage.

Dem Eigentümer Löhnitz sind damit einstweilen die Hände gebunden. Denn der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans geht einher mit einer Veränderungssperre.

Das Verhalten der Senatsverwaltung wird von Rainer Löhnitz in einer Normenkontrollklage beim Oberverwaltungsgericht angefochten. „Die Behörden haben bisher nichts Konkretes vorgelegt. Es ist alles nur heiße Luft“, sagt er. Sein Anwalt Wolf-Wilhelm Richter, Bundesrichter a. D., sagt: „Der Senat hat nach der Entmachtung des Bezirks offenbar weitgehend ins Blaue geplant und im Wesentlichen nach Gründen gesucht, mit denen man eine Veränderungssperre rechtfertigen kann.“

Der Senat denkt über eine Rückabwicklung des Kaufvertrags nach

Für Löhnitz ist das vom Senat vor knapp zwei Jahren beschlossene „Berliner Modell zur kooperativen Baulandentwicklung“ untauglich, weil es aus seiner Sicht die Kosten für den frei finanzierten Teil seines Projekts erhöht.

Inzwischen beschäftigt sich auch die Senatsverwaltung für Finanzen mit dem SEZ. Dort wird über die Rückabwicklung des Verkaufs vor 13 Jahren nachgedacht. „Diese Möglichkeit wird weiter ausgelotet und juristisch geprüft“, sagte Pressesprecherin Eva Henkel auf Anfrage.

Während das SEZ außen mit unzähligen Krakeleien beschmiert ist und ringsum einen von Vandalismus geprägten Eindruck macht, geht im Innern der Betrieb mit diversen Sportangeboten weiter. An Wochenenden sind fast alle Badminton-Courts belegt. Die Sporthalle eignet sich für Indoor-Fußball und Basketball. An den 16 Bowlingbahnen wird Soljanka zur Stärkung angeboten. Schließlich stehen mehrere Swimmingpools und eine Duftsauna zur Verfügung.

Im Außenbereich gibt es sogar eine kleine Badelandschaft, die der Leipziger Investor – „das ist ein Hobby von mir“ – mit exotischen Gewächsen bepflanzt hat. Dort sind Himalaya-Zedern, Mammutbäume, Zierkiefern und Bambusstauden zu bewundern. Wie lange sich dieses Idyll noch halten kann, ist ungewiss.

Für den Bestand des ursprünglichen SEZ hatten sich neben den Nutzern aus der Nachbarschaft die Bezirksverordneten von Friedrichshain-Kreuzberg starkgemacht. Der Bezirk ist aber im Moment aus dem Rennen. Stadtrat Hans Panhoff ist darüber nicht unglücklich: „Wir sind als Bezirk mit einem solchen Projekt überfordert. Das wird ein kleines Stadtquartier. Das SEZ war einmal der Sportpalast der Republik und hat einen hohen emotionalen Wert. Da hängt viel mehr dran. Das ist ein kulturelles Projekt.“ Schließlich habe der damalige Finanzsenator Thilo Sarrazin den Verkauf 2003 bewerkstelligt. Da solle doch der Senat jetzt auch die Suppe auslöffeln.

Die bisher bekannten Konzepte von Eigentümer und Senat haben eines gemeinsam: Beide gehen von einem Abriss aus. Das sieht letztlich auch Stadtrat Panhoff so: „Das Gebäude ist energetisch nicht zu betreiben.

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